Top 13 meiner persönlichen Erfahrungen und Empfehlungen (work in progress)
- Restriktiv sein: Es darf für Kinder m.E. nur einen begrenzten Gebrauch von Unterhaltungsmedien (Smartphone, Spielekonsolen, Tablets, Fernseher, Computer…) geben. Und: Eltern müssen wissen, was Kinder konsumieren und wie lange sie das täglich tun. Es macht meiner Erfahrung nach keinen Sinn, die Verantwortung dafür den Kindern zu geben, denn die sind einfach nicht reif genug dafür. Eltern (und andere Erziehungsverantwortliche) tragen die Verantwortung. Das kann die Sache ziemlich stressig machen. Restriktiver Gebrauch bedeutet auch Kontrolle, ggf. Wegnahme, Sanktionen bei Verstößen etc. Aus den Augen, aus dem Sinn. Das funktioniert. Die Geräte dürfen nicht in Sicht- und Griffweite sein. Sie müssen weggeschlossen werden.
- Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Japan ist ein Land der Frühaufsteher. Wie schaffen die Leute das nur so konsequent? Mit geschickt platzierten Belohnungen zum Beispiel: In Japan ist es Tradition, Schokolade zu frühstücken – so motivieren sich viele Menschen, früh aufzustehen. Das mitunter vermutlich lästige, frühe Aufstehen wird verknüpft mit etwas sehr Schönem! Unser Sohn muss erst Musik gemacht haben, ehe er zocken darf. Sein Instrument hat seitdem noch mal eine andere positive Bedeutung für ihn bekommen. Darüber könnte man nun natürlich traurig sein, so nach dem Motto: Nur so spielt er sein Instrument?! Ja. Manchmal geht es eben nur so, möchte ich antworten. Was ist schlimm daran, dass der Junge nun sehr regelmäßig übt?
- Alternative Angebot schaffen – vermutlich der beste Weg, überbordenden Medienkonsum der Kinder nachhaltig in den Griff zu bekommen. Nur wie genau? 🙂 Sicher nicht ganz einfach – und aufwändig. Ich fahre mit meinem Sohn 2-4x die Woche zum Taekwondo-Training. Das macht er super gerne – und denkt dabei keine Sekunde an Minecraft und Co. Ein zusätzlicher, aber ganz anderer Weg ist es, Kinder und Jugendliche systematisch ins praktische Familienleben einzubinden. In jeder Familie gibt es tägliche Aufgaben, die erledigt werden wollen. Hier können und müssen m.E. die Kinder mit eingebunden werden: Essen zubereiten helfen, aufräumen, saubermachen … – in diesem Bereich sehe ich großes Potenzial, Kinder sinnvoll zu beschäftigen. Wunderbar daran ist, dass diese Tätigkeiten wertvolle Erfahrungen ermöglichen, Verantwortung schulen, Fähigkeiten und Talente entdecken helfen usw. Es ist für Kinder auch wichtig zu sehen, dass die Eltern nicht (nur) die Dienstleister der Kinder sind, sondern sich hier und da Hilfe und Unterstützung wünschen. Kooperation ist das Zauberwort. Das müssen meiner Erfahrung nach aber auch viele Eltern noch lernen. Es herrscht oft die Vorstellung, man müsse alles für die Kinder tun, um maximal zu fördern (Helikoptereltern, hört her!), und: weil man das ohnehin besser kann (und es vll. schneller geht). Stattdessen können Kinder Selbstwirksamkeit lernen, wenn sie selbst handeln (dürfen).
- Gelassenheit: Auch eine gute Portion Gelassenheit ist wichtig für Eltern. Wir können nicht alles steuern. Wollten wir das, wäre Unglück vorprogrammiert. Ich habe manche Verzweiflung erlebt; immer dann, wenn ich gemerkt habe, dass die Dinge nicht so laufen, wie ich es für richtig halte, d.h., wenn iPhone, iPad, Switch und Co. ihre magnetische Anziehungskraft für meinen Sohn voll entfaltet haben. Gegen gutes Zureden, gegen Beteuerungen zur Reduzierung der Nutzung, trotz alternativer Angebote etc.
- Netzwerkverbindungen: Wenn alle Freunde meines Sohnes zocken, ist es für meinen Sohn schwerer nachvollziehbar, warum er das nicht darf. Noch schwerer dürfte wiegen, festzustellen, dass er nicht mitreden kann, wenn seine Freunde sich über Fortnite und Co. unterhalten. Kinder stehen u.U. am Rande, wenn sie nicht mitreden können. Das ist ein großes Problem. Medienkonsum wird auf diese Weise zu einem gesellschaftlichen Problem, das nur gesamtgesellschaftlich gelöst werden kann. Für mich bedeutet es konkret, ein Netzwerk mit anderen Eltern zu schaffen, innerhalb dessen Regeln gelten, insbesondere eine Einschränkung von Medienkonsum. Medienabstinenz ist das Zauberwort – ohne geht es nicht.
- Selbstkontrolle und schrittweise Eigenverantwortung: Kinder sollten nach und nach lernen, selbst Verantwortung zu übernehmen – für die eigene Freizeitgestaltung. Das ist allerdings ein Prozess, keine Forderung, von der man erwarten darf, dass sie sofort erfüllt wird. Man kann z.B. damit anfangen, dass Kinder selbst auf die Uhr schauen, wenn sie anfangen zu zocken. Oder sich einen Wecker stellen mit der verabredeten Zeit. Hier nehme ich meinen Sohn auch in die Pflicht, z.B. mit der Frage: Wann hast Du zu zocken begonnen? Kann er mir wiederholt keine Uhrzeit nennen, wird das Gerät weggenommen. Wenn wir als Eltern eine Weile nicht da sind und die Kinder für sich, sagen wir inzwischen auch: Achtet auf einen verantwortungsvollen Umgang mit den Medien.
- Wegschließen resp. Digital detox: Geräte aus Sicht- und Reichweite zu nehmen, ist ein sicherer Weg, Medienkonsum einzuschränken. Konsequent. Ich empfehle z.B. die Ferien(-reisen) dafür, die Geräte komplett zuhause zu lassen. Verabredete Zeiten sind auch gut, z.B.: ab 18h kein Zocken mehr o.ä. – Geräte aus den Kinderzimmern nehmen. Kontrollierter Zugriff. Klare Regeln: Keine Geräte beim Essen. Keine Geräte bei Besuch. Keine Geräte auf dem Klo 🙂
- Gespräche führen mit den Kindern und Jugendlichen. Sprechen Sie offen mit Ihrem Kind über das Thema. Ich z.B. habe schon den Satz gesagt: „Niemand auf der Welt meint es besser mit Dir als Mama und Papa.“ Thematisieren Sie kindgerecht die Gefahren von allzu hohem Medienkonsum. Ob und wie stark man das Kind rational erreicht, ist eine andere Frage. Dennoch finde ich es (intuitiv) wichtig, auch diesen Weg zu gehen.
- Gemeinsam mit dem Kind zocken 🙂 Kann wirklich Spaß machen, klar, warum auch nicht? Viele Eltern kennen ja durchaus den Spaßfaktor von Videospielen aus ihrer eigenen Kinder- und Jugendzeit noch – der Gameboy lässt grüßen! Warum das Sinn macht? Auf diese Weise wird eine Verbindung zum Kind hergestellt, gemeinsam Zeit verbracht. Verteufelung allein kann m.E. auch nicht der richtige Weg sein.
- Vorbild sein: Ja, das klingt altmodisch. Ist aber noch so wahr wie am ersten Tage… Wenn Kinder ihre Eltern permanent am Handy sehen, dann ist es wohl kein Wunder, wenn sie selbst dazu greifen, oder nicht? Zwangsläufig muss es auch darum gehen, den eigenen Medienkonsum zu reflektieren – kritisch zu reflektieren, und zu limitieren! 😉
- Paradoxe Intervention: Schon mal ausprobiert? Paul Watzlawick lässt grüßen – und Marshall Rosenberg. Letzterer berichtet davon, wie er seinem Sohn, der frühes Zubettgehen standhaft verweigerte, keinerlei Zeitvorgaben mehr gemacht hat, wann das Licht im Zimmer auszugehen hat. Lediglich die Tür zum Kinderzimmer sollte geschlossen bleiben. Das Resultat: Licht bis zur Mitternacht, bleischwere Augenlider am nächsten Morgen. Das Kind war nach einiger Zeit kuriert 🙂 Wie könnte man das im Kontext der Mediennutzung machen? Hm…
- Langer Atem: Erziehung braucht Zeit. Kinder entwickeln sich. Erwachsene übrigens auch 😉 Gut Ding will Weile haben. Mittel- und langfristige Effekte mitdenken… Die Kids werden sich gelegentlich an kritische Äußerungen erinnern. Es gilt auch das Prinzip Saat und Ernte ….
- One more thing 🙂 Kennt jemand die App OneSec? Die App verzögert den Zugriff auf bestimmte andere Apps, z.B. auf Instagram. Dafür muss sie konkret für eine bestimmte andere App (z.B. Instagram) aktiviert werden. Will man nun Instagram öffnen, erscheint zunächst für mehrere Sekunden ein vollformatiger Balken, der erst nach unten, dann wieder nach oben fährt. Kurz: Der Zugriff auf die Zielapp wird deutlich verzögert. Das kann tatsächlich dazu führen, dass man aus lauter Ungeduld die App dann doch nicht nutzt. Bei mir war es wirklich der Fall – mit Instagram 🙂 Gelegentlich wollte ich mal reinschauen, was es Neues gibt – und wäre dann vermutlich länger hängengeblieben in den unendlichen Entertainment-Welten Instagrams. Mit anderen Worten: Die App OneSec kann entwöhnend wirken. Was können wir für den Medienkonsum unserer Kinder daraus lernen? Bei meinem Sohn hat die App nichts bewirkt, er hat bei YouTube einfach gewartet: keine Anzeichen von Entwöhnung. Aber: Verzögerter Zugriff ist auch in der analogen Welt möglich. Was ich mache? Wenn die Kinder aus der Schule kommen, haben sie keinen Zugriff auf technische Geräte. Die gibt es erst nach dem Mittagessen, nach Gesprächen zur weiteren Tagesplanung, nach ein bisschen Musik auf den eigenen Instrumenten…
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