Die Folgen: Was sagt die Wissenschaft?
Der zunehmende Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen hat nach Erkenntnissen von Wissenschaft und Forschung verschiedene (negative) Folgen. So wirkt sich der Medienkonsum unter anderem auf den Schlaf aus. Der Schlaf spielt für Heranwachsende eine wichtige Rolle, da sich in dieser Zeit neuronale Verknüpfungen neu bilden und umstrukturieren. Immer mehr Kinder und Jugendliche klagen über Einschlaf- und Durchschlafstörungen. Vor allem eine vermehrte Mediennutzung kurz vor dem Einschlafen wirkt sich laut Spitzer negativ auf das Schlafverhalten aus, was sich in Tagesmüdigkeit äußert. (vgl. Spitzer, 2017, S. 265 f.). Der Grund dafür ist, dass beispielsweise das helle Display von Smartphones und Tablets die Ausschüttung des Hormons Melatonin hemmt, welches den Tag-Nacht-Rhythmus reguliert. „Schlafmangel bedeutet, dass Konzentration und Aufmerksamkeit gestört sind“ (Wiater, 2023, S. 1). Bei Kindern im Grundschulalter äußert sich dies auch in hyperaktivem Verhalten.
Aber nicht nur Schlafmangel, sondern auch exzessiver Medienkonsum an sich hat Auswirkungen auf Aufmerksamkeit und Konzentration. So hat eine US-amerikanische Studie gezeigt, dass allein die Anwesenheit eines Smartphones einen enormen Einfluss auf unsere Aufmerksamkeitsspanne und Konzentrationsfähigkeit hat. Die Studie ergab, dass sowohl die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses als auch die Fähigkeit des logischen Denkens fast doppelt so hoch war, wenn das Smartphone in einem anderen Raum als auf dem Arbeitstisch lag.
Ein weiterer Aspekt, der durch die Mediennutzung beeinflusst wird, ist die Sprachentwicklung, insbesondere im frühen (2-6 Jahre) bis mittleren Kindesalter (6-11 Jahre). Die Wissenschaft ist sich einig, dass in jeder Phase des Spracherwerbs die soziale Interaktion von entscheidender Bedeutung ist. So hängt die Sprachentwicklung stark davon ab, ob ein Kind in einer sprachreichen oder spracharmen Umgebung aufwächst. Der Medienkonsum beeinflusst den Spracherwerb insofern, als die Zeit, die Kinder und/oder Eltern vor dem Bildschirm verbringen, die Zeit ist, in der wenig oder keine Interaktion stattfindet und der Alltag somit insgesamt sprachärmer wird.
Auch in Bezug auf die Sehfähigkeit lassen sich Folgen des Medienkonsums feststellen. Studien zeigen, dass zu viel Zeit vor dem Bildschirm das Risiko für Kurzsichtigkeit erhöht. So ergab eine chinesische Längsschnittstudie, dass sich insbesondere bei Schülern zwischen 6 und 8 Jahren die Kurzsichtigkeit durch eine erhöhte Bildschirmzeit, die beispielsweise durch Homeschooling begünstigt wird, deutlich verschlechtert. Grund für die Entstehung von Kurzsichtigkeit ist häufig der Mangel an Tageslicht sowie das fehlende Sehen in der Ferne. Smartphones, Tablets, aber auch Computer und Fernseher werden jedoch meist in der Nähe und in geschlossenen Räumen genutzt, was eine solche Sehschwäche begünstigt. Habermann warnt auch davor, dass je früher eine Sehschwäche auftritt, desto größer ist ihr Ausmaß und ihre Intensität (vgl. Habermann, 2020, S. 62). Um dem vorzubeugen, wird empfohlen, dass Kinder viel Zeit im Freien verbringen, um das Sehen in der Ferne zu trainieren.
Mehr Zeit im Freien zu verbringen, kann sich nicht nur positiv auf das Sehvermögen, sondern auch auf die körperliche Gesundheit auswirken. Kindern im Alter von 5 bis 10 Jahren wird empfohlen, sich täglich mindestens eine Stunde lang mit moderater bis hoher Intensität körperlich zu betätigen. Laut einer WHO-Studie aus dem Jahr 2022 erreichen 80 % der Kinder und Jugendlichen nicht das für ihr Alter empfohlene Bewegungspensum. Die Gründe für diesen enormen Bewegungsmangel sind multifaktoriell, können aber unter anderem auch mit dem Medienkonsum in Verbindung gebracht werden. Wie bereits erwähnt, verbringen Jugendliche im Alter von 12 bis 19 Jahren durchschnittlich rund vier Stunden pro Tag vor dem Bildschirm. Diese Zeit wird überwiegend im Sitzen und Liegen verbracht. Dies führt zu einem zunehmenden Bewegungsmangel, der sich nicht nur auf die Knochengesundheit, das Herz-Kreislauf-System, die Psyche, die schulische Leistungsfähigkeit etc. auswirkt. Vor allem in der frühen Kindheit macht sich der Bewegungsmangel in Bezug auf die motorischen Fähigkeiten bemerkbar, wie beispielsweise anhand verschiedener Kinderzeichnungen festgestellt werden konnte (vgl. Spitzer, 2017, S. 211).
Auch die sozialen Medien, die vor allem von Jugendlichen (12-19 Jahre) genutzt werden, haben einen großen Einfluss auf das soziale Leben. Plattformen wie Instagram, Snapchat und Tik Tok ermöglichen es, soziale Beziehungen zu Menschen über räumliche Distanzen hinweg aufzubauen, was zunächst positiv zu bewerten ist. Ironischerweise bergen soziale Medien aber auch die Gefahr der Vereinsamung, da viele der dort geknüpften Beziehungen eher oberflächlicher Natur sind. In einer australischen Studie wurde beispielsweise festgestellt, dass junge Erwachsene (19-32 Jahre), die soziale Medien intensiv nutzen, sich signifikant stärker sozial isoliert fühlen als diejenigen, die diese Medien weniger nutzen.
Auch diese Fragen wären sicherlich spannend: Gibt es Unterschiede zwischen Nutzern in verschiedenen Lebenswelten bzw. Milieus, z.B. auf dem Land oder in Großstädten? Gibt es eine interkulturelle Komponente, oder auch eine soziale Komponente? Ist das Problem missbräuchlicher Mediennutzung in bildungsfernen Milieus größer? Und wozu führt das? Werden gesellschaftliche Kluften immer tiefer – mit welchen Konsequenzen für Freiheit, Recht und Demokratie?
Was sollen Eltern denn nun machen? Weiterklicken…