Sally Perels Leben – eine bewegte und bewegende Geschichte
Salomon „Sally“ Perel wird am 21. April 1925 in Peine (nahe Braunschweig) geboren. Seine Eltern, polnische Juden, waren 1918 zugezogen und betrieben nun ein Schuhgeschäft. 1935 wird er in Anwendung der Nürnberger Rassengesetze der Schule verwiesen. Die Familie muss das Geschäft verkaufen und emigriert nach Lodz in Polen. 1939 marschieren deutsche Truppen in Polen ein. Sallys Bruder David befindet sich als polnischer Soldat in deutscher Kriegsgefangenschaft. Die Familie beschließt, dass Sally und sein älterer Bruder Isaak nach Russland fliehen sollen, während Vater, Mutter und Schwester in Lodz bleiben wollen. Im Dezember überqueren die beiden Brüder den Fluss Bug und damit die Grenze nach Russland. Sally kommt in ein russisches Waisenhaus in Grodno, während Isaak nach Wilna im Baltikum weiterreist. Sally wird wegen hervorragender Leistungen in der Schule in den Komsomol, den sowjetischen Jugendverband, aufgenommen.
Im Juni 1941 beginnt der deutsche Angriff und im Waisenhaus wird allen jüdischen Kindern befohlen, sich auf den Weg nach Minsk zu machen. Sally hält sich in einem Dorf vor Minsk auf, als die Wehrmacht eintrifft und „Säuberungen“ organisiert: Die Bevölkerung muss sich in langen Reihen aufstellen und jeder einzelne seine rassische Herkunft nennen. Sally behauptet geistesgegenwärtig, ein „Volksdeutscher“ namens Jupp Perjell zu sein – man glaubt ihm. Er begleitet fortan die 12. Panzerdivision auf ihrem Feldzug nach Osten, u.a. als Übersetzer bei Verhören, vor allem von russischen Offizieren. Zu Ausbildungszwecken wird er „heim ins Reich“ geschickt, um in Braunschweig eine HJ-Schule zu besuchen, die Akademie für Jugendführung. Sally Perel bleibt trotz Beschneidung unentdeckt, passt sich an und entwickelt sogar gewisse Sympathien für das 3. Reich.
Weihnachten 1943 reist er nach Lodz, um nach seinen Eltern zu suchen. Er fährt mit der Straßenbahn durchs Ghetto, sieht seine Eltern aber nie wieder. Im Frühjahr 1945 wird er in letzten Gefechten in der Nähe von Braunschweig von den Amerikanern gefangen genommen, kurz darauf aber wieder freigelassen. Ein zurückgekehrter Jude berichtet ihm vom Ausmaß des nationalsozialistischen Vernichtungsapparates.
Die Russen heuern ihn nach Kriegsende als Dolmetscher an und schlagen ihm einen Posten im Dienste der sowjetischen Besatzungsbehörde vor. Er lehnt ab und wandert 1948 nach Israel aus.
Erst über 40 Jahre nach Kriegsende arbeitet Sally Perel seine Erlebnisse autobiographisch auf. Agnieszka Holland verfilmt den tragischen Stoff 1989. 1992 wird „Hitlerjunge Salomon“ mit dem Golden Globe ausgezeichnet und für den Oscar nominiert. Seit den 90er Jahren war Sally regelmäßig und vor allem an Schulen auf Lesereise in Deutschland unterwegs. Er kündet von Versöhnung, Menschlichkeit und Frieden. 2023 stirbt der Hitlerjunge Salomon 97-jährig.