Der Mord an der 85-Jährigen Mireille Knoll, die jüdischen Glaubens war und in Paris lebte, erschüttert die Menschen in Frankreich. Doch er ist kein Einzelfall. Alleine seit Beginn des Jahres wurden 33 Übergriffe mit antisemitischem Hintergrund in Frankreich registriert. 11 Menschen starben in den letzten 12 Jahren, weil sie Juden waren. Diese Taten schüren berechtigte Ängste in der Bevölkerung, sodass in den letzten fünf Jahren mehr als 30.000 Juden das Land dauerhaft verließen.
Diese Form des mörderischen Antisemitismus ist also nicht neu. Vielmehr zeigt der Fall von Mireille Knoll, die den Holocaust überlebte, dass antisemitische Gewalt und Bedrohung erschreckend kontinuierlich wirken.
Der Historiker Marc Knobel betont dennoch, dass Frankreich kein antisemitisches Land sei, aber es Antisemiten gebe. Jahrhunderte alte Vorurteile und stereotype Ressentiments sind Grundlage des Antisemitismus.
Der Soziologe Manfred Wieviorka erklärt, „dass das Neue an diesem Antisemitismus sei, dass die „alten“ Formen […], die Klischees, das Feindbild, das weiter besteht, durch einen auf dem Nahostkonflikt basierenden Hass ergänzt wurden.“ Und der Vorsitzende der Europäischen Rabbinerkonferenz Pinchas Goldschmidt konkretisiert: „Der Antisemitismus existiert auch auf verschiedenen Ebenen. Auf der extremen Rechten wie auch der extremen Linken und wie auch bei der Bevölkerung, die auch zum Teil Migranten aus dem Nahen Osten sind.“
Lesen Sie mehr zu Integration und Antisemitismus: https://www.hyperkulturell.de/integration-und-antisemitismus/
Doch nicht erst seit den Schlagzeilen über antijüdische Vorfälle an Berliner Schulen müssen wir feststellen, dass auch in Deutschland Ressentiments gegenüber Juden verbreitet sind. Pinchas Goldschmidt bekräftigt: „Das Problem Antisemitismus existiert überall.“
ForscherInnen der Universität Bielfeld untersuchten in ihrem Projekt Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit auch die Verbreitung von antisemitischen Vorurteilen in der deutschen Bevölkerung. Demnach stimmten im Jahr 2002 22 Prozent der Befragten der Aussage „Juden haben in Deutschland zu viel Einfluss“ zu. Und 17 Prozent gaben an: „Durch ihr Verhalten sind die Juden an Ihrer Verfolgung mitschuldig.“
Antisemitismus ist also ein gesamtgesellschaftliches Problem – „Nur ist er kein Problem der Juden, sondern der Demokratie.“
Die FAZ berichtet: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/frankreich-nach-dem-mord-an-mireille-knoll-alltag-antisemitismus-15520811-p2.html?printPagedArticle=true#pageIndex_1
Das Projekt Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit: https://www.uni-bielefeld.de/ikg/projekte/GMF/Gruppenbezogene_Menschenfeindlichkeit_Zusammenfassung.pdf