Das Teufelskreismodell nach Schulz von Thun beschreibt einen negativen Kreislauf in der Kommunikation, der zu Missverständnissen und Konflikten führen kann. Es zeigt, wie sich ungünstige Kommunikationsmuster zwischen zwei oder mehreren Personen entwickeln können.
Ausgangspunkt des Modells ist ein Kommunikationsanlass, also eine Situation, in der zwei Personen miteinander kommunizieren. Dabei hat jede Person ihre eigenen Denk- und Verhaltensmuster, die ihre Kommunikation beeinflussen. Diese Muster können sich jedoch gegenseitig verstärken und zu einer negativen Spirale führen.
Der Teufelskreis beginnt mit der Konkretisierung. Eine Person macht eine konkrete Aussage, eine Bitte oder eine Kritik. Diese Aussage kann beim Gegenüber jedoch unterschiedlich ankommen und interpretiert werden. Dabei spielen persönliche Denkmuster, Vorurteile und Erfahrungen eine Rolle.
Die zweite Stufe des Modells ist das Missverständnis. Die Antwort der anderen Person wird durch die eigenen Denk- und Verhaltensmuster beeinflusst. Es kann zu Missverständnissen oder Fehlinterpretationen kommen, da die eigentliche Intention des Senders nicht richtig verstanden wird.
Die dritte Stufe des Teufelskreismodells ist der Verstärkungseffekt. Das Missverständnis führt bei der ersten Person zu einer Verstärkung ihrer ursprünglichen Einstellung oder Reaktion. Diese verstärkte Einstellung wird dann erneut an die andere Person kommuniziert.
Auf der vierten Stufe kommt es zur Retourkutsche. Die reagierende Person fühlt sich durch die verstärkte Haltung der ersten Person angegriffen oder verletzt und reagiert entsprechend negativ. Sie antwortet mit Wut, Abwehr oder Ablehnung. Dadurch verschärft sich der Konflikt und der Teufelskreis verstärkt sich.
Der Kreislauf wiederholt sich so lange, bis einer der Beteiligten bereit ist, ihn zu durchbrechen und aktiv nach Lösungen zu suchen. Eine offene und wertschätzende Kommunikation ist entscheidend, um den Teufelskreis zu durchbrechen und Konflikte zu lösen.
Ein Beispiel für den Teufelskreis nach Schulz von Thun könnte die Kommunikation zwischen zwei Mitarbeitern in einem Unternehmen sein:
Person A: Person A kritisiert Person B wegen einer nicht ordnungsgemäß erledigten Aufgabe. Dabei verwendet Person A jedoch einen vorwurfsvollen Ton und drückt sich negativ über Person B aus.
Person B: Aufgrund der negativen und wenig konstruktiven Kritik fühlt sich Person B angegriffen und reagiert mit Abwehr. Person B fühlt sich ungerecht behandelt und rechtfertigt sich gegenüber Person A für ihr Versagen.
Person A: Person A interpretiert die Rechtfertigung von Person B als Abwehr und nimmt sie persönlich. Daraufhin verstärkt Person A ihre Vorwürfe und die laute und aggressive Kommunikation geht weiter.
Person B: Durch die weiterhin negative Kommunikation fühlt sich Person B immer mehr in die Ecke gedrängt und wird zunehmend frustriert. Auch Person B beginnt, sich vorwurfsvoll zu verhalten und kritisiert nun ebenfalls Person A.
Person A und Person B befinden sich nun in einem Teufelskreis. Die Kommunikation ist geprägt von Vorwürfen, Rechtfertigungen und negativen Emotionen. Beide fühlen sich ungerecht behandelt und provoziert, was die Atmosphäre und die Arbeitsbeziehung weiter belastet. Ohne den Teufelskreis zu durchbrechen und konstruktive Kommunikationstechniken anzuwenden, wird es schwierig sein, diese Situation aufzulösen und zu einer konstruktiven Zusammenarbeit zurückzukehren.
Friedmann Schulz von Thun
Friedemann Schulz von Thun wurde am 6. Februar 1944 im niedersächsischen Soltau geboren. Er wuchs in einer bildungsbeflissenen Familie auf, seine Mutter war Lehrerin, sein Vater ein angesehener Professor für Pädagogik. Schon früh interessierte sich Schulz von Thun für die menschliche Kommunikation und ihren Einfluss auf zwischenmenschliche Beziehungen.
Nach dem Abitur studierte er Psychologie, Pädagogik und Philosophie an der Universität Hamburg. Während seines Studiums hatte er das Glück, bei namhaften Psychologen wie Klaus Holzkamp und Alexander Mitscherlich zu studieren. In dieser Zeit entwickelte Schulz von Thun seine eigenen kommunikationstheoretischen Ansätze.
Nach dem Studium arbeitete Schulz von Thun zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Hamburg. Dort beschäftigte er sich intensiv mit dem Thema „Nonverbale Kommunikation“ und veröffentlichte 1977 sein erstes Buch „Praxis der Nonverbalen Kommunikation“, das ein großer Erfolg wurde und ihm internationale Anerkennung einbrachte.
In den folgenden Jahren entwickelte Schulz von Thun seine Kommunikationstheorie weiter und veröffentlichte sein zweites Buch „Miteinander reden. Psychologie der zwischenmenschlichen Kommunikation“, das 1981 zum Bestseller wurde und Schulz von Thun endgültig als führenden Kommunikationspsychologen im deutschsprachigen Raum etablierte.
Seine Kommunikationstheorie basiert auf dem Vier-Ohren-Modell, das die verschiedenen Ebenen der Kommunikation berücksichtigt: Sachebene, Selbstoffenbarung, Beziehungsebene und Appell. Schulz von Thun argumentiert, dass jede Kommunikation auf diesen vier Ebenen stattfindet und dass Missverständnisse entstehen können, wenn diese Ebenen nicht klar voneinander getrennt werden.
Schulz von Thun hielt viele Vorträge und Seminare, in denen er seine Theorie vorstellte und mit praktischen Beispielen veranschaulichte. Er war ein charismatischer Redner, der es verstand, komplexe Inhalte verständlich und unterhaltsam zu vermitteln. Seine Seminare waren oft überfüllt und wurden von Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen und Berufen besucht.
Im Laufe seiner Karriere veröffentlichte Schulz von Thun weitere Bücher wie „Miteinander reden: Fragen und Antworten“ (1989) und „Miteinander reden: Reden, Stören, Klären“ (1998), in denen er seine Kommunikationstheorie weiterentwickelt und vertieft. Schulz von Thun weitete seine Arbeit auch auf den Bereich der Unternehmenskommunikation aus und führte zahlreiche Beratungsprojekte durch.
Für seine Beiträge zur Kommunikationspsychologie erhielt Schulz von Thun zahlreiche Auszeichnungen. Er erhielt Ehrendoktorwürden verschiedener Universitäten und den „Best Practice Award“ der Deutschen Gesellschaft für Coaching. Darüber hinaus war er Mitglied in verschiedenen wissenschaftlichen Gesellschaften und Verbänden.
Friedemann Schulz von Thun lebt heute in Hamburg und ist weiterhin aktiv in der Kommunikationsforschung tätig. Seine Theorien und Modelle werden weltweit gelehrt und angewendet und er gilt als einer der einflussreichsten Psychologen auf diesem Gebiet. Seine Bücher sind Standardwerke, die auch von Laien gerne gelesen werden, weil sie alltagstaugliche Erkenntnisse vermitteln.
Was ist ein Teufelskreis?
Ein Teufelskreis ist ein Prozess, bei dem ein Problem oder eine Situation durch wiederholte negative Verstärkung immer schlimmer wird. Es handelt sich um einen sich selbst verstärkenden Kreislauf, in dem die negativen Auswirkungen eines Problems dazu führen, dass das Problem selbst verstärkt wird, was wiederum zu weiteren negativen Auswirkungen führt.
Ein Beispiel für einen Teufelskreis ist der Verlust des Arbeitsplatzes. Wenn eine Person ihren Arbeitsplatz verliert, kann dies zu finanziellen Schwierigkeiten führen, da sie möglicherweise ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen kann. Dieser finanzielle Druck kann zu Stress und Angst führen, was wiederum die Wahrscheinlichkeit verringern kann, schnell einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Eine längere Arbeitslosigkeit kann dann zu einem Verlust des Selbstwertgefühls und der Motivation führen. Dies wiederum kann das Selbstvertrauen beeinträchtigen und die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz weiter erschweren.
Der Prozess setzt sich fort, wobei jede Stufe des Teufelskreises die negativen Folgen verstärkt und es schwieriger macht, den Kreis zu durchbrechen. In diesem Beispiel könnte sich der Teufelskreis endlos fortsetzen, es sei denn, die Person findet einen Weg, die Negativität zu durchbrechen, z. B. indem sie Zugang zu Unterstützungsdiensten erhält, neue Fähigkeiten erwirbt oder professionelle Hilfe bei der Arbeitssuche und der Stressbewältigung in Anspruch nimmt.
Einige Auszüge aus dem E-Learning-Modul in Textform
Der sogenannte „Teufelskreis“ ist ein bekanntes Kommunikationsmodell des Psychologen Friedemann Schulz von Thun. Es ist hilfreich, um mehr über die Funktionsweisen von Kommunikation zu lernen.
Wenn sich zwei Menschen begegnen kommt es zu einer Beziehungsdynamik. Sie agieren und reagieren auf
das Verhalten des Gegenübers. In einigen Situationen kann diese Dynamik in einen negativen Kreislauf führen.
Man unterscheidet hierbei 4 Stationen:
Die Äußerung (äußerlich sichtbare Verhaltensweisen) einer Person (1) führt zu einer Innerung (inneren Reaktion)
der anderen Person (2) (bspw. wie sie sich dadurch fühlt). Wodurch wiederum die reaktionäre Äußerung dieser Person (2) beeinflusst wird, welche wiederum eine Innerung der ersten Person (1) hervorruft. → (Teufels-)kreislauf
vgl. Schulz von Thun Institut für Kommunikation „das Teufelskreis-Modell“
Am vorherigen Beispiel erklärt:
Die Lehrerin vergibt eine schlechte mündliche Note, wodurch sich die Schülerin schlecht behandelt fühlt und sich daher weniger am Unterricht beteiligt. Dadurch fühlt sich die Lehrerin in ihrer Notengebung bestätigt und vergibt weiterhin schlechte mündliche Noten.
Der entstehende Teufelskreis ist ein System mit Eigendynamik ohne Anfang und Ende.
Die Personen besitzen keine Gesamtübersicht über die Situation, sondern lediglich eine subjektive Betrachtungsweise. Beide fühlen sich im Recht.
Sie „[…] erleben sich selbst jeweils „nur” als Reagierende auf das Verhalten des Anderen.“
(Schulz von Thun Institut für Kommunikation, Das Teufelskreis-Modell)
Raus aus dem Teufelskreis
Um einen solchen Teufelskreis aus eigener Kraft zu durchbrechen, gibt es folgende Tipps:
1. Präventive Tipps um einen Teufelskreislauf zu vermeiden
Tipp 1: Erkenne die Dynamik des Teufelskreises!
Tipp 2: Überlege: Handelt es sich um ein Missverständnis?
Tipp 3: Kann ich anders reagieren? oder Gibt es ein wiederkehrendes Thema, auf das ich regelmäßig empfindlich reagiere?
2. Akute Tipps um einen Teufelskreislauf zu lösen
Tipp 1: Erkenne Konfliktsituation rechtzeitig!
Tipp 2: „Mache das Unsichtbare ein Stück weit sichtbar“, indem du deinem Gegenüber erklärst, was innerlich in dir vorgeht.
Tipp 3: Höre aktiv zu und interessiere dich für die Beweggründe deines Gegenübers!
Tipp 4: Ein neutraler Coach oder Moderator kann zur Deeskalation beitragen.