Fach; Schulform; Klassenstufe: Religion/Ethik, Politik, Geschichte, Deutsch, Englisch, ggf. fächerübergreifender Einsatz; alle Schulformen; 10-11. Klasse
Material: 4-teilige Serie an Lernvideos mit einer Länge von 3-4 Minuten, die einzeln oder aufeinander aufbauend eingesetzt werden können (Akronym, Geschichte, Rechte, Kulturgüter), 3 Arbeitsblätter (Akronym, Geschichte, Rechte), 1 Memory (Kulturgüter)
Obwohl Genderdiversität und verschiedene sexuelle Orientierungen im Alltag durch z.B. mediale Darstellungen immer präsenter werden, gehören sie noch nicht zur Normalität. Studien zeigen, dass sich auch in Deutschland 46 Prozent der LGBTQ-Personen diskriminiert fühlen. Schaut man sich Werte zu negativen Bemerkungen oder Verhaltensweisen, die gegenüber LGBTQ-Personen in der Schule wahrgenommen wurden, an, liegen die Zahlen mit 92 Prozent nochmal deutlich höher2. Die Aufklärung und Sensibilisierung von Schüler*innen stellt somit einen wichtigen Faktor dar, um langfristig Akzeptanz und einen gesellschaftlichen Wandel zu schaffen. Dafür erhalten die Schüler*innen in dieser Lerneinheit Einblicke in das Akronym, die Geschichte, Rechte und Kulturgüter der LGBTQ+-Community. Dadurch soll ein Grundlagenwissen aufgebaut und eine Sensibilisierung für das Thema erreicht werden.
Didaktische Perspektive
In der vierteiligen Serie wird das geschichtsdidaktische Unterrichtsprinzip der Personifizierung angewendet. Dabei steht die fiktive homosexuelle Protagonistin „Lisa“ stellvertretend für die LGBTQ+-Community und führt die Schüler*innen durch die Informationen und Inhalte und berichtet dabei auch von eigenen Erfahrungen. Durch die Personifizierung mit einem jüngeren Charakter und die Darstellung aus der Ich-Perspektive sollen die Schüler einen einfacheren Zugang zum Thema erhalten. Durch die Darstellung der Informationen in Lernvideos wird sowohl der auditive als auch der visuelle Sinneskanal angesprochen und somit verschiedene Lerntypen berücksichtigt. Ferner führt die Verknüpfung der mentalen Modelle beider Sinneskanäle zu einer besseren Abspeicherung von Informationen im Langzeitgedächtnis und erhöht dadurch den Wissenserwerb. Die Aufteilung des Themas auf vier Lernvideos reduziert die Länge der Videos und somit auch die Informationsdicht. Diese Reduktion ist wichtig um eine Überforderung und das Abschweifen der Schüler*innen zu verhindern, da Rezipienten von Lernvideos nur eine begrenzte Menge an Informationen wahrnehmen und verarbeiten können. Die Kombination aus Lernvideos mit einem anschließenden Arbeitsblatt stellt sicher, dass Schüler*innen die wichtigsten Informationen aus den Videos entnommen haben und dienen zur Wiederholung und Vertiefung. Das erste Video thematisiert das Akronym LGBTQ+ und dient zur Einführung in das Thema. Trotz der Erwähnung anderer Abkürzungen als LGBTQ+ im Video, wird nur diese Abkürzung genauer erläutert. Die Reduktion soll eine Überforderung der Schülerinnen verhindern, indem die Anzahl der Informationen und die Länge des Videos begrenzt bleiben. LGBTQ+ wurde gewählt, da es zum einen das gängigste Akronym in der Szene ist und zum anderen durch das „+“ die meisten Menschen miteinbezieht. Unabhängig davon, ob die Serie als Ganzes oder nur in Ausschnitten genutzt wird, sollte das erste Video als Einstieg in das Thema gezeigt werden, um dieselbe Wissensbasis für alle Schüler*innen zu schaffen. Ergänzend zum Video dient das Arbeitsblatt eins zur Wiederholung der Inhalte des Videos, da die Schüler*innen hier nochmal alle Buchstaben des Akronyms mit ihren Bedeutungen verschriftlichen und sich tiefergehend durch eigene Recherche mit einem selbstgewählten Buchstaben des Akronyms beschäftigen müssen. Mit dem zweiten Video zum Thema Geschichte bekommen die Schüler*innen Hintergrundwissen zu der Entwicklung der LGBTQ+-Community. Dies hilft ihnen dabei zu verstehen, warum Akzeptanz und Gleichberechtigung von LGBTQ+-Personen weltweit immer noch eine Herausforderung darstellt. Dazu wurden sechs Daten ausgewählt, die die Grundsteine für die heutige gesellschaftliche und politische Lage bilden. Das Arbeitsblatt zwei kann ergänzend zum Video eingesetzt werden. Durch das Eintragen der Daten in den Zeitstrahl wiederholen die Schüler*innen die Inhalte des Videos, sodass hier überprüft werden kann, ob alle Informationen aus dem Video entnommen wurden. Eine vertiefte Auseinandersetzung findet durch das eigene Auswählen zweier Daten, die besonders wichtig erscheinen, und die anschließende Diskussion in einer Kleingruppe statt. Hier müssen die Schüler*innen ihre Auswahl begründen und erhalten durch andere Begründungen oder Gegenargumente weitere Eindrücke. Mit der Darstellung der Rechte von LGBTQ+-Personen im dritten Teil, wird ebenfalls die Problematik der Akzeptanz und Gleichberechtigung thematisiert. Dabei wird zuerst ein weltweiter Überblick gegeben, bevor der Fokus auf Europa und anschließend auf Deutschland gerichtet wird. Der weltweite Überblick ist insbesondere in Bezug auf Länder, in denen die Todesstrafe oder Gefängnis für LGBTQ+-Personen droht, relevant, da diese aufzeigen, wie wichtig die Thematisierung von LGBTQ+ und der Wandel hin zu Gleichberechtigung ist. Mit der Darstellung der Rechte in Europa kann ein Vergleich zwischen Deutschland und anderen europäischen Ländern hergestellt werden, sodass Schüler*innen die Informationen vergleichen und einordnen können. Ferner wird Schüler*innen verdeutlicht, dass auch in Europa noch viel Handlungsbedarf herrscht und das Thema somit ebenfalls in Europa und Deutschland eine große Relevanz hat. Das Arbeitsblatt drei kann ergänzend für eine vertiefende Auseinandersetzung und eine erweitere Recherche zu Rechten in europäischen Ländern genutzt werden. Der Fokus im Arbeitsblatt liegt auf den Rechten in Europa, da die Schüler*innen durch ihren Wohnort einen engeren Bezug dazu haben als zu weltweiten Ländern. Auf eine Reduktion der Rechte in Deutschland wurde verzichtet, da die Situation für eine bessere Einordnung und ein tiefergehendes Verständnis mit anderen Ländern verglichen und in Kontext gesetzt werden muss. Da im Video nur die Rechte einzelner europäischer Länder angesprochen werden, dient der erste Arbeitsauftrag als Einstieg und eigene Einschätzung der Gleichberechtigung von LGBTQ+-Personen in Europa. Durch die eigene Recherche zu den Kriterien der Organisation, die die Situation von LGBTQ+-Personen in Europa bewertet, erhalten die Schüler*innen in Aufgabe zwei Hintergrundwissen dazu, wie umfassend das Thema der Gleichberechtigung ist und auf welchen Ebenen eine Relevanz hierfür herrscht. Dadurch können sie die Lage für LGBTQ+-Personen besser einordnen und die Herausforderungen für sie verstehen. Die letzten zwei Aufträge dienen zur Reflektion der eigenen Einschätzung von Aufgabe eins und sollen die Gesamtsituation nochmal verdeutlichen. Dabei werden die Schüler*innen von den Bewertungen einzelner Länder wahrscheinlich überrascht sein. Diese Länder sollten dann ggf. im Klassenverband nochmal besprochen oder diskutiert werden. Der vierte Teil beschäftigt sich mit den unterschiedlichen Kulturgütern der LGBTQ+- Community. Dabei handelt es sich nicht um eingetragene klar definierte Güter, sondern um materielle und nicht materielle Gegenstände, die die Community auf nationaler und internationaler Ebene miteinander verbindet und als Community erkennbar machen. Mit der Flagge und dem Christopher Street Day werden die zwei wichtigsten Kulturgüter der Community vorgestellt. Insbesondere der Christopher Street Day kann dabei exemplarisch für andere Events der Community gesehen werden. Mit dem Memory können die Schüler*innen auf spielerische Art einen Teil der vorgestellten Kulturgüter wiederholen. Es beinhaltet auch die Buchstaben des Akronyms, sodass auch dieser Teil nochmal wiederholt werden kann. Weitere aufgeführte Kulturgüter sind die Regenbogenflagge und die entstehende Sichtbarkeit in verschiedenen Medien. Schüler*innen könnten hier Literatur, Filme und Serien mit Protagonist*innen aus der LGBTQ+-Community aufzählen, die sie schon kennen. Eine Vertiefung des Themas kann im Anschluss an die Arbeit mit den Lehr-Lernmaterialien durch das Lesen eines Buchs oder das Anschauen eines Films zum Thema LGBTQ+ erfolgen. Durch den Perspektivwechsel können Schüler*innen neue bzw. weitere Zugänge zu dem Thema erhalten. Hierfür steht eine Vielzahl an medialen Darstellungen zu Verfügung. Beispielhaft wurden vier Buchtitel an das Lehr-Lernmaterial angehängt.
Das Lehr-Lernmaterial bietet vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Durch die digitale Verfügbarkeit kann die Unterrichtseinheit als Präsenzlehre oder im Homeschooling zum Selbstlernen oder im Webinar genutzt werden. Dafür können die Materialien zum einen über einen Link der Homepage „Hyperkulturell“ oder über andere Plattformen z.B. Moodle, i-Surf oder Dropbox zur Verfügung gestellt werden. Insbesondere die Bereitstellung über die Homepage „Hyperkulturell“ hat den Vorteil, dass Schüler*innen die Möglichkeit haben, sich die Videos später nochmal anzuschauen, da sie langfristig verfügbar sind. Durch die Lernvideos werden für die Lerneinheit digitale Endgeräte, die Videos abspielen können, benötigt. Je nach Einsatz wird entweder nur ein Laptop-Beamer (Frontal) benötigt oder jede/r Schüler*in benötigt ein digitales Endgerät (individuelle Erarbeitung). Im Sinne eines binnendifferenzierten Unterrichts sollten Schüler*innen die Möglichkeit bekommen die Videos individuell anzuschauen. Durch die Individualisierung können Schüler* innen die Videos starten und stoppen, wie sie es benötigen und diese für ein besseres Verständnis ggf. nochmal anschauen. Bei sehr heterogenen Klassen wäre eine Bereitstellung von weiterem Hilfsmaterial wie z.B. Worthilfen für besonders komplexe Wörter im Video oder auf den Arbeitsblättern hilfreich.
Transkripte zu den Erklärvideos
Video 1
Hi, Ich bin Lisa. Ich bin lesbisch und Teil der LGBTQ plus Community. Viele in meinem Umfeld wissen gar nicht so genau, was das eigentlich heißt. Diese vierteilige Serie soll euch das Thema näherbringen. In Teil 1 geht es erstmal um das Akronym LGBTQ plus. Aber was ist ein Akronym überhaupt? Ein Akronym ist ein aus den Anfangsbuchstaben verschiedener Wörter gebildetes Kunstwort. Für unsere Community gibt es ganz viele Kurzwörter. Angefangen hat alles mit LGBT. Das Kunstwort wurde schnell auf zum Beispiel LGBTQ, LGBTQ plus oder LGBTQIA erweitert, um möglichst viele Personengruppen einzubeziehen. Sehr gängig ist das Akronym LGBTQ plus, weshalb wir uns das genauer anschauen wollen. LGBTQ plus setzt sich aus den Anfangsbuchstaben englischer Wörter zusammen. Aber welche englischen Wörter sind das eigentlich? L steht für lesbian, g für gay, b für bisexuell, t für Transgender, q für queer und am Ende haben wir noch das Plus. Was es damit auf sich hat, erfahrt ihr später. Schauen wir im ersten Schritt die Buchstaben A und B an. Das englische Wort lesbian bedeutet übersetzt lesbisch und bezeichnet die gleichgeschlechtliche Liebe zwischen Frauen. Gay bedeutet übersetzt schwul und bezeichnet die gleichgeschlechtliche Liebe zwischen Männern. Im englischen Sprachraum wird gay auch oft als Ersatz für lesbian verwendet. Bisexuell auf Deutsch bisexuell bedeutet, dass Männer und Frauen sich zu beiden Geschlechtern hingezogen fühlen können. Von den ersten drei Buchstaben LG und B habt ihr bestimmt schon mal gehört. Die nächsten beiden Buchstaben T und Q und das plus sind eventuell neu für euch. Deshalb schauen wir uns auch die jetzt nochmal genauer an. Anders als die ersten drei Buchstaben bezeichnet das T keine sexuelle Orientierung. Es beschreibt Personen, die sich mit ihrem biologischen Geschlecht nicht identifizieren. Zum Beispiel also ein Mann, der im Körper einer Frau geboren wurde. Das ist dann ein sogenannter Transmann. Kommen wir zum nächsten Buchstaben, dem Q. Queer war ursprünglich ein abschätziger Begriff für schwul, wurde aber von Nicht-Heterosexuellen of Color, Bisexuellen und Transaktivisten/-innen zu etwas Positivem umgekehrt und bezieht nun alle nicht heterosexuellen Gruppen mit ein. Anders als die fünf Buchstaben im Akronym bezieht sich das Plus nicht auf eine konkrete Gruppe, sondern zeigt die Offenheit der Community. Es steht für alle weiteren sexuellen Orientierungen, wie zum Beispiel Sexualität und Intersexualität, die nicht im Akronym genannt werden. Und auch für alle Personen, die sich keinem der Buchstaben zuordnen können oder wollen. Jetzt wisst ihr, was es mit dem Begriff LGBTQ plus auf sich hat. Zu diesem Thema gibt es noch viele weitere spannende Inhalte. Schaut doch gerne in Teil zwei vorbei und erfahrt mehr über die weitreichende Geschichte von LGBTQ plus.
Video 2
Hi, hier ist wieder Lisa. Nachdem wir uns in Teil eins mit dem Akronym beschäftigt haben, schauen wir uns in Teil 2 unserer vierteiligen Serie die Geschichte und die größten Ereignisse der LGBTQ plus Bewegung an, die zu größerer Akzeptanz und öffentlicher Aufmerksamkeit geführt haben. Wenn ihr Teil 1 noch nicht gesehen habt, schaut euch den doch zuerst an! Ansonsten starten wir jetzt mit der Geschichte. Sexuelle Orientierungen, die von der Heterosexualität abweichen, hat es schon immer gegeben. In unterschiedlichen Epochen gab es ganz unterschiedliche Akzeptanz gegenüber zum Beispiel Homosexualität. Heute befassen wir uns aber nur mit der Geschichte ab circa 1960. Da in dieser Zeit die Grundsteine für die heutige gesellschaftliche und politische Lage gelegt wurden. Dafür wollen wir uns diese sechs Daten anschauen. Heutzutage kann ich meine Sexualität in vielen Ländern offen ausleben. Das sah mal anders aus. Bis 1960 fand alles im Verborgenen statt. Homosexuelle haben sich in geheimen Bars und an geheimen Orten getroffen, da sie sonst strafrechtlich verfolgt wurden. Um das zu ändern, haben sie sich 1967 vereint und die Organisation Personal Rights und Defense and Education, kurz Pride, gegründet. Pride hat Protestmärsche veranstaltet, um auf die Probleme aufmerksam zu machen und für die Rechte von Homosexuellen zu kämpfen. Ein bedeutender Wendepunkt war die Nacht vom 27. Juni 1969 in der Christopher Street. In New York sollten Besucher einer Schwulenbar festgenommen werden. Doch diese leisteten starken Widerstand. Das erregte weltweit Aufsehen und war der erste Schritt in die Öffentlichkeit. Aber wie sah der erste Schritt in die Öffentlichkeit aus? Vielleicht habt ihr schon mal was vom Christopher Street Day gehört. Eine der größten Paraden in unserer Community. Diese hat ihren Ursprung in jener Nacht. Mittlerweile finden die Paraden weltweit statt. Aber das war nicht immer so, erst in den frühen Siebzigern schwappten diese nach Europa über. Menschen gingen nun auch dort auf die Straße, um Politik und Gesellschaft auf ihre Probleme als Homosexueller aufmerksam zu machen. Damit nicht nur auf nationaler Ebene für Gleichberechtigung gekämpft wird, wurde 1985 die internationale Organisation International Association of Lesbian and Gay Pride Coordinators gegründet. Diese veranstaltet jährlich eine weltweite Konferenz, die einen weiteren Schritt für Akzeptanz und Toleranz bedeutet. Jetzt kommen wir noch zu ganz wichtigen Schritten innerhalb der Community. Die Community war ursprünglich nur für Schwule und Lesben offen. Erst ab 1993 war sie es auch für Bisexuelle. Vielleicht erinnert ihr euch daran, dass das erste Akronym in Teil 1 LGB hieß. Das liegt daran, dass andere Gruppen damals noch ausgeschlossen wurden. Ab dem Ende der 90er Jahre fanden auch Transgender und Transsexuelle einen Platz in der Community. Und ab 2010 ist diese für jeden offen, der sich als Teil von ihr fühlt. Das spiegelt sich ja auch in dem Plus des Akronym LGBTQ plus wider. Ihr habt jetzt die wichtigsten Ereignisse für die Community kennengelernt. Obwohl diese viel Positives bewirken konnten, muss noch einiges getan werden. Wie die rechtliche Lage zu LGBTQ plus Themen aktuell aussieht, erfahrt ihr in Teil 3.
Video 3
Hi, hier ist wieder Lisa. Wir kennen uns ja schon aus den ersten beiden Teilen unserer Serie über LGBTQ+. Wenn ihr mich noch nicht kennt, schaut euch diese Teile doch zuerst an. Ansonsten starten wir jetzt mit Teil 3, den Rechten. Vielleicht fragt ihr euch, wieso verschiedene Personengruppen unterschiedliche gesellschaftliche Rechte haben. Das basiert auf der Annahme, dass nur die Liebe zwischen Mann und Frau, also Heterosexualität, richtig sein kann. Dieses Verständnis von Sexualität nennt sich Heteronormativität, da Heterosexualität hier als Norm verstanden wird. Durch politische Bewegungen wie unsere LGBTQ+-Bewegung ist der Begriff der Heteronormativität in die Kritik geraten. Dadurch hat sich rechtlich viel getan. Homosexualität ist mittlerweile in ungefähr zwei Drittel der UN-Staaten legal. 39 Länder weltweit lassen die Ehe für alle zu, was verglichen mit den 157, die es nicht tun, nur ein sehr kleiner Anteil ist. Insbesondere im afrikanischen und asiatischen Raum gibt es viele Länder, die homosexuelle Handlungen unter anderem mit Gefängnis oder dem Tod bestrafen. Einen Überblick über die rechtliche Lage und Akzeptanz in allen Ländern gibt die ILGA-Weltkarte. Ich als lesbische Frau kann dort nachsehen, in welche Länder ich bedenkenlos reisen kann und bei welchen ich vorsichtig sein muss. In 2006 wurde von Menschenrechtsexperten aus aller Welt die Yagya Kata-Prinzipien entworfen. Das sind Empfehlungen und Leitlinien für die Umsetzung der Menschenrechte in Bezug auf LGBTQ+. Unter den 29 Leitlinien finden sich zum Beispiel das Recht auf Gründung einer Familie, das Recht auf Bildung und das Recht auf Schutz vor medizinischer Misshandlung. Jetzt konnten wir uns schon einen Überblick über die Rechte weltweit machen. Schauen wir uns doch Europa nochmal konkreter an. Die Organisation Rainbow Europe erstellt einen Index für die LGBTQ+-Gleichberechtigung. Der Index basiert auf diesen sechs Kriterien, die unterschiedlich stark gewichtet werden. Ein Index von 0% steht für große Menschenrechtsverletzungen. 100% bedeuten absolute Gleichberechtigung. Von den 49 europäischen Ländern haben 13 einen Wert von über 60% erreicht und damit am besten abgeschnitten. 18 Länder sind mit zwischen 30 und 60% im Mittelfeld gelandet. Weitere 18 haben mit unter 30% am schlechtesten abgeschnitten. Schauen wir uns doch für jede Kategorie ein Land aus den 27 EU-Staaten an. Malta ist mit 89% der absolute Spitzenreiter. Deutschland liegt mit 51% in der Mitte und Polen steht mit 16% ganz unten. Die genauen Werte der einzelnen Kriterien seht ihr eingeblendet. Stoppt das Video doch kurz und schaut sie euch genauer an. Doch wie sieht es bei uns in Deutschland genau aus? Insgesamt steigt die Akzeptanz gegenüber gleichgeschlechlichen Paaren, was sich in Befragungen der Rainbow Europe Organisation zeigte. Ein großer rechtlicher Schritt war die Einführung der gleichgeschlechlichen Ehe in 2017. Seitdem können gleichgeschlechliche Paare auch innerhalb von Deutschland Kinder adoptieren. Künstliche Befruchtung ist allerdings noch nicht möglich. 2018 gab es einen weiteren Schritt in Richtung Gleichberechtigung. Menschen, die biologisch keinem Geschlecht eindeutig zugeordnet werden können, also Menschen, die Teile weiblicher und männlicher Geschlechtsorgane haben, können sich ihre Intergeschlechtlichkeit durch das Wort Divers jetzt eintragen lassen. Der Index zeigt, dass auch in Deutschland noch viel für Gleichberechtigung getan werden kann. Zum Beispiel müssen Gesetze, die Hassrede gegen LGBTQ+-Personen verbieten, noch weiter ausgebaut werden. Doch was könnte Deutschland noch verbessern? Wenn ihr mehr darüber erfahren wollt, schaut doch mal auf die Website von Rainbow Europe. Jetzt wisst ihr über die weltweite Rechtslage Bescheid. Schaut euch doch auch Teil 4 zu den LGBTQ+-Kulturgütern gerne noch an.
Video 4
Hi, hier ist wieder Lisa. Wir kennen uns ja schon aus den ersten drei Teilen unserer Serie über LGBTQ+. Wenn ihr die noch nicht gesehen habt, schaut sie euch doch zuerst an. Ansonsten starten wir jetzt mit den Kulturgütern. Eines der größten und wichtigsten Kulturgütern für unsere Community ist der jährlich stattfindende Christopher Street Day. Dessen Entstehungsgeschichte kennt ihr ja schon aus Teil zwei unserer Serie. Der Christopher Street Day, der teilweise auch Pride genannt wird, findet jedes Jahr an vielen Orten weltweit statt. LGBTQ+-Personen ziehen feierlich in großen und bunten Paraden durch die Straßen. Die Paraden erinnern an ausgelassene Karnevalsfeiern und Musikfestivals. Das liegt daran, dass die Feierenden sich oft sehr ausgefallen und auffällig kleiden. Damit sollen unter anderem bestehende Geschlechtsidentitäten kritisiert werden. Aber was sind Geschlechtsidentitäten? Ihr habt bestimmt schon mal von jemandem gehört, dass Jungen keinen Rosa tragen dürfen und Mädchen nicht mit Autos spielen wollen. Am Christopher Street Day wollen alle Teilnehmer/-innen diese Rollenbilder durch ihre eigene auffällige Inszenierung brechen. Sie wollen in einer Umgebung, in der Heterosexualität die Norm ist, ihre davon abweichende Sexualität sichtbar machen. Damit wollen sie für Akzeptanz in der Gesellschaft sorgen, aber auch ihre Selbstakzeptanz stärken. Ein Motiv, das sich durch die gesamten Paraden zieht, sind die Regenbogenfarben. Häufig kann man die Regenbogenfarben auf Flaggen sehen. Die Regenbogen-Flagge als Symbol für die LGBTQ+-Szene wurde 1978 von Gilbert Baker entworfen und im darauffolgenden Jahr zum ersten Mal bei einer Parade genutzt. Heute verbindet sie als wichtiges Kulturhut LGBTQ+ Personen auf der ganzen Welt miteinander. Ursprünglich hatte die Flagge noch diese acht Farben. Aber da Pink in der Produktion zu teuer war, flog es raus. Nach dem Mord an einem schwulen Politiker sollten bei seinem Trauerzug jeweils eine Hälfte der Flagge auf jeder Straßenseite zu sehen sein. Damit das symmetrisch aussehen konnte, musste die siebte Farbe, das türkis, auch entfernt werden. So bleiben heute noch diese sechs Farben. Die Farben sind nicht willkürlich gewählt worden. Jede hat ihre eigene Bedeutung. Rot steht für Leben und Liebe, Orange für Gesundheit und Heilen, Gelb für Sonne und Licht, Grün für Natur und Ökologie, Blau für Kunst und Kreativität und Violett für Geist und Denken. Mittlerweile ist die Flagge offiziell für die LGBTQ+-Szene anerkannt. Habt ihr den Christopher Street Day oder die Flagge schon mal im Fernsehen gesehen? Oder fallen euch spontan Filme oder Serien ein, in denen ein Charakter schwul, lesbisch, bi, trans oder queer ist? Ist schon möglich, denn in letzter Zeit sind wir immer mehr in den Medien zu sehen. Am häufigsten findet man wahrscheinlich schwule und lesbische Charaktere. Aber wenn man gezielt danach sucht, kann man heute auch Literatur, Serien und Filme mit ganz diversen Protagonisten/-innen finden. Desto mehr Menschen diese diversen Inhalte konsumieren, desto mehr werden diese produziert. Dadurch wird es für LGBTQ+ Personen leichter, Identifikationspersonen in Film, Fernsehen und Literatur zu finden. Jetzt habt ihr auch die Kulturgüter unserer Community kennengelernt. Das war der vierte und damit letzte Teil unserer Serie. Ihr habt nun ein gutes Grundlagenwissen zum Thema LGBTQ+. Natürlich gibt es darüber noch viel mehr zu erfahren. Wenn ich euch für das Thema begeistern konnte, recherchiert doch gerne weiter. Tschüss, eure Lisa.