Multikulturell, plurikulturell, interkulturell, transkulturell, – im Englischen auch häufig: crosscultural – und, wie hier auf unserer Seite: hyperkulturell.
Kultur, kulturell: dieses Wort kommt in allen eben genannten Begriffen vor. Was verbirgt sich dahinter? Was bedeutet eigentlich Kultur?
Die Wortherkunft: Indogerm. „kuel“ (sich drehen, wenden). Lateinisch colere, cultura (pflegen, anbauen). Ein Begriff, der ursprünglich also etwas mit der Landwirtschaft zu tun hat. Was bedeutet er heute?
„Kultur ist die kollektive Programmierung des Geistes, die eine Gruppe von Menschen von einer anderen unterscheidet“, schreibt Geert Hofstede, ein bekannter niederländischer Kulturwissenschaftler.
Woanders heißt es: „Kultur ist die Weise, in welcher Menschen sich verständigen, ihre Einstellungen zum Leben weitergeben und entwickeln. Kultur ist das Muster der Sinngebung, in dessen Rahmen Menschen (…) ihr Handeln lenken.“ Das liest man bei dem amerikanischen Ethnologen Clifford Geertz.
Und hier: „Kultur beeinflusst das Wahrnehmen, Denken, Werten und Handeln aller Mitglieder der jeweiligen Gesellschaft. Sie schafft einerseits Handlungsmöglichkeiten und Handlungsanreize, andererseits aber auch Handlungsbedingungen und setzt Handlungsgrenzen fest“, so Alexander Thomas, Prof. für interkulturelle Psychologie.
Zusammengefasst: Es ist also von Geist die Rede. Von Einstellungen zum Leben, von Sinngebung, von Wahrnehmen, Denken, Werten und Handeln. Alles das wird als KULTUR definiert.
Ein paar Beispiele:
All dies sind Beispiele dafür, was wir unter Kultur verstehen. Und wir stellen fest, dass es eine große Vielfalt gibt – und auch ein hohes Konfliktpotenzial.
Nun zum zweiten Begriff: Was bedeutet hyper? Aus dem Griechischen, über, ober, mehr als… synonym vll. super. Also: überkulturell, oberkulturell, superkulturell. Rousseaus berühmter Ausruf lautet: Natur, Natur! Im Sinne von hyperkulturell könnten wir daraus vll. Kultur, Kultur machen!
Was passiert jetzt, wenn wir die beiden Begriffe, also Kultur und hyper zusammenbringen? Der noch recht junge Begriff hyperkulturell ist geboren. Es stammt übrigens von dem Philosophen Byung-Chul Han. Ein Südkoreaner, der schon seit 30 Jahren in Deutschland lebt und in Berlin Philosophie lehrt.
Hyperkulturell, dieses Wort bringt eine Haltung zum Ausdruck. Und eine Perspektive, und auch ein Ziel. Die Haltung: respektvoll, neugierig, weltoffenen. Die Perspektive: Frieden. Kultureller Reichtum. Und das Ziel: eine gemeinsame Zukunft. Der Begriff meint, dass aus verschiedenen Kulturen etwas Neues entsteht – eine neue Kultur.
Es geht um Entgrenzung, Annäherung, Vernetzung. Es geht um eine Form natürlicher Heterogenität – ohne kulturelle Grenzen. Vielleicht kann man – etwas zugespitzt – sagen: Es geht um eine menschliche Superkultur, die von allen geteilt wird.
Aber: Auf welchen Werten lässt sich diese Kultur gründen?