Populismus (lat. populus „Volk“) ist laut Duden eine „von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen (im Hinblick auf Wahlen) zu gewinnen“ (Duden 2015, 1367). Es wird an das Volk appelliert, was sich im Wort selbst wiederspiegelt (vgl. Decker, 37). Der Begriff Populismus enthält das Suffix –mus, wodurch eine Übersteigerung per se intendiert wird und sich gegen die Bestandteile eines demokratischen Rechtsstaats richtet (vgl. Wielenga/ Hartleb 2011, 11).

Merkmale des Populismus

Der Populismus leitet sich vom Volkswillen ab und legitimiert somit seine Autorität. Er beansprucht eine Wahrheit für sich, die undemokratisch sowie unwissenschaftlich ist und nicht durch Fakten belegt werden kann. Solange diese Wahrheit vom Einzelnen anerkannt wird, gilt sie als absolut (vgl. Stegemann 2017, 64).

Im Folgenden werden Merkmale des Populismus aufgelistet:

  1. Populismus ist eine Kombination von „ideologischen Elementen, Metaphern, Stilelementen sowie politischer Praxis“ (Lucardie 2011, 20). Außerdem haben Populisten einen „rohen, direkten, wenn nicht vulgären Stil und Wortgebrauch“ (ebd.).
  2. Nach den Populisten ist das Volk eine homogene, moralisch tugendhafte Gemeinschaft ohne Interessensdifferenzen (vgl. ebd.). Der Common sense, d. h. der Menschenverstand eines Volkes, sei im Vergleich zum Fachwissen der Elite ein besserer Maßstab für politische Entscheidungen (vgl. ebd.). Laut Populisten ist die Elite immer korrupt, bösartig, trügerisch und verschwörerisch (vgl. ebd.).
  3. Populisten benötigen outgroups (meist Immigranten), die als Sündenbock fungieren und gegen die sie das Volk mobilisieren können, ohne die Elite dabei direkt anzugreifen. Gleichzeitig werfen sie der Elite vor, diese Minderheiten gegenüber dem eigenen Volk zu bevorteilen (vgl. ebd., 21).
  4. Populisten wollen nach Ansicht vieler Wissenschaftler die indirekte, parlamentarische Demokratie durch eine direkte oder plebiszitäre Demokratie ersetzen oder ergänzen. Zudem werden populistische Bewegungen von charismatischen Führerfiguren geführt, die behaupten, den Volkswillen zu verkörpern (vgl. Decker 2011, 37; vgl. ebd., 21).
Kritik

Die Kritik am Populismus kommt vor allem aus verschiedenen Bereichen, darunter politische, soziale und wirtschaftliche Aspekte. Hier einige der wichtigsten Kritikpunkte:

1. Vereinfachung und Schwarz-Weiß-Denken: Populistische Politiker neigen dazu, komplexe Probleme stark zu vereinfachen und in Gegensätze wie „das Volk“ versus „das Establishment“ oder „die Guten“ versus „die Bösen“ zu unterteilen. Diese Vereinfachungen führen oft zu einem Mangel an differenziertem Denken und können dazu beitragen, dass komplexe Probleme nicht angemessen gelöst werden.

2. Ignorieren von Fakten und Wissenschaft: Populistische Politiker neigen dazu, wissenschaftliche Erkenntnisse und Fakten zu ignorieren oder in Frage zu stellen, wenn sie nicht in ihr eigenes Narrativ passen. Dies kann zu Entscheidungen führen, die nicht auf fundierten Informationen beruhen und negative Auswirkungen auf die Gesellschaft haben können.

3. Spaltung der Gesellschaft: Populistische Politiker nutzen häufig die Kritik an bestimmten gesellschaftlichen Gruppen wie Immigranten, ethnischen Minderheiten oder politischen Gegnern, um die eigene Anhängerschaft zu mobilisieren. Dies kann zu einer tiefen Spaltung der Gesellschaft führen und den Zusammenhalt schwächen.

4. Manipulation der öffentlichen Meinung: Populistische Politiker setzen häufig auf emotionale Appelle und Fehlinformationen, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Sie nutzen beispielsweise soziale Medien und populistische Rhetorik, um Menschen zu mobilisieren und ihre politische Agenda voranzutreiben. Dies kann die Demokratie schwächen, da rationale Diskussionen und Entscheidungen durch emotional aufgeladene Stimmungen ersetzt werden.

5. Demokratische Defizite: Populistische Politiker haben oft eine anti-elitäre Rhetorik und können demokratische Institutionen wie Medien, Gerichte und unabhängige Regulierungsbehörden angreifen. Dies kann zu einer Schwächung des demokratischen Systems führen, da diese Institutionen dazu beitragen, Machtmissbrauch und Korruption einzudämmen.

6. Mangel an Lösungen und Umsetzbarkeit: Populismus bietet oft einfache Lösungen für komplexe Probleme an, ohne sich mit den tatsächlichen Herausforderungen auseinanderzusetzen. Dies kann dazu führen, dass unrealistische Versprechungen gemacht werden, die letztlich nicht eingehalten werden können und zu politischer Frustration führen.

7. Mangelnde internationale Kooperation: Populistische Politiker neigen zu nationalistischen und isolationistischen Positionen, die zu einer Abkehr von internationaler Kooperation und multilateralen Institutionen führen können. Dies kann die Lösung globaler Herausforderungen erschweren und Fortschritte in Bereichen wie Klimawandel, Migration oder Handel behindern.

Es ist wichtig anzumerken, dass diese Kritik nicht auf alle populistischen Bewegungen oder Politiker gleichermaßen zutrifft. In einigen Fällen kann Populismus dazu beitragen, Themen anzusprechen, die von den etablierten Parteien vernachlässigt wurden, und politische Veränderungen voranzutreiben. Dennoch ist es wichtig, die potenziellen Risiken und Probleme des Populismus zu erkennen und kritisch zu hinterfragen.

 

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Literatur

Decker, Frank (2011): Demokratischer Populismus und oder populistische Demokratie? Bemerkungen zu einem schwierigen Verhältnis. In: Wielenga, F./ Hartleb, F. (Hrsg.): Populismus in der modernen Demokratie. Die Niederlande und Deutschland im Vergleich. Münster: Waxmann, 39–54.

Dudenredaktion (2015): Duden – Deutsches Universalwörterbuch. Das umfassende Bedeutungswörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. 8. Aufl. Berlin: Bibliographisches Institut.

Lucardie, Paul (2011): Populismus: begriffshistorische und theoretische Bemerkungen. In: Wielenga, F./ Hartleb, F. (Hrsg.): Populismus in der modernen Demokratie. Die Niederlande und Deutschland im Vergleich. Münster/ New York: Waxmann, 17–38.

Stegemann, Bernd (2017): Das Gespenst des Populismus. Ein Essay zur politischen Dramaturgie. Berlin: Theater der Zeit.

Wielenga, Friso/ Hartleb, Florian (2011): Einleitung. In: Wielenga, F./ Hartleb, F. (Hrsg.): Populismus in der modernen Demokratie. Die Niederlande und Deutschland im Vergleich. Münster/ New York: Waxmann, 7–16.

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Populismus | bpb.de

 

A true intercultural incident is described in the book Intercultural stories: Human encounters from all over the world – funny, instructive, true to life:

Pull up or snot
When I visited my aunt in São Paulo for a few months a few years ago, we went to the Japanese neighborhood of Liberdade together. We wanted to meet some of my aunt’s friends there who were from Japan and now lived in Brazil.
Due to the high levels of exhaust fumes in the air of the Brazilian megacity, I had a certain amount of nasal congestion and often had to blow my nose. I did this with the help of ordinary paper handkerchiefs.
When we met the small group of friends, everyone greeted my aunt warmly. Kisses and hugs were exchanged and hands were shaken. I, on the other hand, was greeted with extremely friendly smiles and, as far as I could tell, friendly words, but no one shook my hand, even though I extended it to everyone for a handshake. Nobody looked at my hand either. I was very surprised because my aunt’s hand had also been shaken. So I thought my gesture had simply been overlooked. We then walked through the neighborhood together for about an hour and my aunt diligently translated what her friends told me about the history of Liberdade. When we said goodbye, I tried the handshake again, but again no one responded to my gesture. I didn’t ask.
It wasn’t until my aunt and I were on our way home that I asked her what it was all about. My aunt laughed and then explained to me that it was not customary for Japanese people (or at least some Japanese people living in Liberdade) to use paper handkerchiefs and that it was considered unhygienic and disgusting. „Either pull it up or snot directly into the collar of your sweater,“ my aunt remarked dryly. My aunt was also not surprised that no one had pointed this out to me.

 

Spicy on the way out
The following incident took place in São Paulo when I went to eat at a small restaurant with my aunt and uncle. The restaurant in question was one of several on the street and all served roughly the same Brazilian food. We sat down and I ordered something with meat.
When the waiter came to us with the food, he also placed a large carafe of peppers in oil on the table. The waiter asked my aunt where I was from, as he had probably noticed that I wasn’t Brazilian. When she told him I was her nephew from Germany, he suddenly started talking to me in German, told me about his own relatives in Germany and urged us to try the oil from the carafe. My aunt and uncle politely declined. I, on the other hand, was happy to accept the waiter’s offer and would have considered it rude to refuse. I helped myself generously, dipped a piece of meat in the ’sauce‘ and ate it. The oil was really very spicy, but due to my trained tolerance for spiciness (I often ate at the home of a friend of mine whose family was of Thai origin and I had always enjoyed eating a lot of spicy food) I was able to get the food down without coughing, crying or sweating excessively. It tasted very good, which I made clear to the waiter. I had expected him to be happy and finally leave, as he had been standing right next to us and watching me the whole time. Instead, the smile disappeared from his face and he left without saying another word. I looked in disbelief at my aunt and uncle, who both had big grins on their faces and were suppressing their laughter. They explained to me that the restaurants in this part of São Paulo were in fierce competition for the spiciness of their homemade pepper and that it was considered an insult if you ate the pepper and didn’t react to it by coughing and sweating. You could either refuse the pepper or you had to pretend that this pepper was the hottest thing you had ever eaten.
Another waiter brought us the bill.

 

6. September 2019

Populismus

Populismus (lat. populus „Volk“) ist laut Duden eine „von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst […]