Logo_Hyperkulturell_Zusatz_Final_01-01Logo_Hyperkulturell_Zusatz_Final_01-01Logo_Hyperkulturell_Zusatz_Final_01-01Logo_Hyperkulturell_Zusatz_Final_01-01
  • Info
  • Materialschrank
  • Lexikon
  • E-Learning
  • Seminare
✕

Volk

Der Duden fasst unter dem Begriff Volk mehrere Haupt- und Unterkategorien. Das Grimm’sche Wörterbuch zählt seit dem 20. Jahrhundert insgesamt sogar 15 Haupt- und neun Unterbedeutungen. Im soziologischen Wörterbuch ist folgender Eintrag zu finden: „Durch gemeinsames historisches und kulturelles Erbe verbundene Gemeinschaft von Menschen, die innerhalb bestimmter staatlicher Grenzen (Staatsvolk) zusammenleben“ (Reinhold 2017, 710).

Um die umfangreichen Wortbedeutungen und Konnotationen fassen zu können, bedarf es einer Betrachtung des historischen Kontextes.

Das Volk im Wandel der Zeit

Das Wort Volk stammt, zwar nicht eindeutig belegt, doch von den meisten Wörterbüchern angegeben, vom Germanischen fulka „Volk, Kriegsvolk“ ab (vgl. Kluge 1963, 825; vgl. Pfeifer 1989). Laut des Grimm’schen Wörterbuchs ist die älteste Bedeutung die geschlossene Abteilung von Kriegern (altslav. plŭkŭ „kriegsschar, kämpfende schar“) (vgl. Grimm 1854-1961, 455). Neben dem militärischen Volksbegriff, welcher die bewaffnete Truppe bezeichnete, gab es zudem den theologischen Ausdruck Gottesvolk. Erst im 17. Jahrhundert, nicht zuletzt aus der Französischen Revolution heraus, entstand der, auch heute noch verwendete, Begriff Staatsvolk (vgl. Retterrath 2016, 33).

Bis ins 19. Jahrhundert bildeten sich verschiedenste Arten des Wortgebrauchs. Gemein haben die Bedeutungen jedoch, dass sie sich entweder auf eine abstrakte, imaginäre oder reale Menschenmenge beziehen, die durch Religion, Tradition, Sprache oder einen besonderen Zweck miteinander verbunden sind und/ oder ähnliche Eigenschaften aufweisen.

Fluktuierende Konnotationen

„Im gegenwärtigen politischen Sprachgebrauch wird das Wort Volk selten verwendet“, so Jörn Retterath in seinem Buch Was ist ein Volk?. Auch die Geschichte zeigt unterschiedliche Ausprägungen des Wortgebrauchs. Zurückzuführen ist dies wahrscheinlich auf die fluktuierenden Konnotationen im historischen Verlauf. Während das Wort Volk im Mittelalter in Abgrenzung zum Adel als ‚untere Schicht‘ (das gemeine Volk) verstanden und somit größtenteils negativ assoziiert wurde, wurde es nach der Französischen Revolution (1789) und der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung (1776) als ‚Gesamtheit aller gleichberechtigten Staatsbürger‘ verstanden und erhielt folglich eine positive Aufladung. Statt die Grenze innerhalb der Gesellschaft zu ziehen, wurde diese um sie herum gezogen (vgl. Retterrath 2016).

In der Weimarer Republik noch omnipräsent, disqualifizierte sich das Wort Volk zuletzt durch den Aneignungsversuch der Nationalsozialisten als unbefangener Ausdruck (vgl. Retterrath 2016).

Es lässt sich herausstellen, dass die Bedeutungsgeschichte des Wortes eng an die politische und historisch-gesellschaftliche Entwicklung geknüpft ist. Kluge schreibt in seinem etymologischen Wörterbuch der deutschen Sprache dazu weiter: „sein Gefühlston ist von Haltung und Stimmung des Redenden abhängig.“ (Kluge 1963, 825)

„Wir sind das Volk„?

Christian Böttger stellt sich in seinem Buch Ethnos. Der Nebel um den Volksbegriff der Frage, ob es noch so etwas wie ein Volk gibt oder ob Völker ideologische Konstrukte der Vergangenheit sind, die in unserer globalisierten Welt keinen Platz mehr haben sollten. Dies sind aktuell zu bewältigende Fragen, mit denen er sich auf den politisch und medial verdrängten Volksbegriff bezieht.

Diskurswürdig ist auch das Vorhandensein eines ‚Wir-Gefühls‘ auf Grundlage einer Abstammungs- und Kulturgemeinschaft oder eines Volksbewusstseins in einer Zeit, in der politische Randstimmen aufgrund der Einwanderungspolitik immer lauter werden (vgl. Böttger 2014).

Häufig synonym wird der Begriff Nation verwendet.

 

Literatur

Böttger, Christian (2014): Ethnos. Der Nebel um den Volksbegriff. Schnellnach: Lindenbaum.

Duden, Online Ausgabe: https://www.duden.de/rechtschreibung/Volk [20.06.2018].

Grimm, Jacob u. Wilhelm (1854-1961): Deutsches Wörterbuch. http://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemma=volk [14.06.2018].

Kluge, Friedrich (1963): Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 19. Aufl. Berlin: de Gruyter.

Reinhold, Gerd (2017): Soziologie-Lexikon. Berlin/ Bosten: Oldenburg Wissenschaftsverlag.

Retterrath, Jörn (2016): “Was ist das Volk?“: Volks- und Gemeinschaftskonzepte der politischen Mitte in Deutschland 1917-1924. Berlin: de Gruyter.

Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag

https://www.youtube.com/@hyperkulturell

Themen

Affirmative Action Akkommodation Akkulturation Ambiguitätstoleranz Antisemitismus Asyl Asylpolitik Behinderung Bildung Deutschland Diskriminierung Diversity Diversität Dänisch Englisch Europa Flucht Flüchtlinge Flüchtlingspolitik Geflüchtete Gesellschaft Gewalt Heimat Hybridität Identität Inklusion Integration interkulturell international Islam Kommunikation Kriminalität Kultur Kulturelle Bildung Menschenrechte Migration Politik Rassismus Religion Schule Sprache Stereotype Vorurteile Werte Zivilgesellschaft
✕
© 2023 Hyperkulturell.de       Impressum      Nutzungsregeln       Datenschutz