Rape Culture, übersetzt Vergewaltigungskultur, stellt eine gesellschaftliche Umgebung dar, in der sexuelle Übergriffe normalisiert und damit auch toleriert werden. Hier wird den Opfern auf Basis verschiedener Gründe, wie dem Auftreten oder Handeln, eine Schuld oder Mitschuld zugesprochen (vgl. Irmschler 2017). Das Resultat ist eine Verharmlosung der Taten in der Gesellschaft, was auch in den Medien und der Popkultur widergespiegelt wird.
Ungleichheit in zwischenmenschlichen Beziehungen
Die Defintion von Rape Culture kann nicht auf alle Gesellschaftssysteme angewandt oder verallgemeinert werden. Sie weist nicht immer klare Grenzen auf, basiert jedoch auf einer Ungleichheit in zwischenmenschlichen Beziehungen (vgl. Aosved/ Long 2006).
Sexuelle Übergriffe als Teil einer ganzen Gesellschaft
Mit dem Wort Kultur wird suggeriert, dass nicht nur einzelne Individuen diese Erfahrungen erleben, sondern die Gegebenheiten der gesellschaftlichen Kultur viele sexuelle Übergriffe ermöglichen. Sexuelle Übergriffe sind also Teil einer ganzen Gesellschaft, sodass gesamte Institutionen, Systeme und Einstellungen die Täterinnen und Täter schützen und zu Übergriffen anregen (vgl. Williams 2015).
Bereits in den 1970er Jahren versuchten amerikanische Feministinnen und Feministen vor allem durch eigene Erfahrungsberichte ein Bewusstsein für diese Vergewaltigungskultur zu schaffen, welche zuvor totgeschwiegen wurde (vgl. Rutherford 2011).
Amerika und die universitäre brüderliche Verbindungskultur
Der Begriff wird vor allem mit der amerikanischen Gesellschaft in Zusammenhang gebracht, wobei hier ein Fokus auf die universitäre brüderliche Verbindungskultur gelegt werden kann. Es entsteht der Anschein einer systematischen Legitimierung und sogar einer Förderung sexueller Übergriffe (vgl. Jozkowski/ Wiersma-Mosley 2017).
Beispiel
Ein prominentes Beispiel für die Normalisierung sexueller Übergriffe ist der sogenannte „Grab them by the Pussy“-Skandal um den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. Im Jahr 2016 wurde ein Video veröffentlicht, in dem sich Trump vulgär und abfällig über Frauen äußert und damit prahlt, dass er aufgrund seiner Berühmtheit sexuell übergriffig werden könne. Obwohl diese Äußerungen schockierend waren, gab es auch eine beträchtliche Anzahl von Menschen, die sie relativierten oder sogar verteidigten. Während ein Teil der Öffentlichkeit die Äußerungen als bloßes „Männergeschwätz“ oder als unbedachte Äußerungen abtat, werteten andere die Aussagen Trumps sogar als Zeichen seiner „Männlichkeit“. Diese Reaktionen trugen zur Normalisierung sexueller Übergriffe in der Gesellschaft bei, indem sie implizit die Vorstellung unterstützten, dass solche Äußerungen und Handlungen akzeptabel oder zumindest entschuldbar seien, solange sie von einer einflussreichen oder mächtigen Person stammten. Dieses Beispiel zeigt, wie die Normalisierung sexuellen Missbrauchs durch die Verharmlosung solcher Äußerungen und die Verteidigung der Täter dazu führen kann, dass sexueller Missbrauch als harmlos oder irrelevant angesehen wird.
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Literatur
Aosved, A. C./ Long, P. J. (2006): Co-occurrence of Rape Myth Acceptance, Sexism, Racism, Homophobia, Ageism, Classism, and Religious Intolerance. Sex Roles, 55 (7–8), 481–492. https://link.springer.com/article/10.1007/s11199-006-9101-4.
Irmschler, P. (2018): Gute Tipps. https://www.neues-deutschland.de/artikel/1105872.rape-culture-gute-tipps.html.
Jozkowski, K. N./ Wiersma-Mosley, J. D. (2017): The Greek System: How Gender Inequality and Class Privilege Perpetuate Rape Culture. Family Relations, 66 (1), 89–103. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/fare.12229.
Rutherford, A. (2011): Sexual Violence Against Women. Psychology of Women Quarterly, 35 (2), 342–347. https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/0361684311404307.
Williams, J. E. (2015): Rape Culture. The Blackwell Encyclopedia of Sociology, 177–201. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/9781405165518.wbeosr019.pub2.
A true intercultural incident is described in the book Intercultural stories: Human encounters from all over the world – funny, instructive, true to life:
Please. Thank you.
I have a friend who comes from Cuba and I always talk to him in Spanish. Gradually, I noticed more and more that he never uses the words „please“ and „thank you“. When he once again said: „Give me your laptop“, I shared my observation with him and pointed out that it is quite rude to want something without saying „please“. He then explained to me that using „thank you“ and „please“ is a sign of distance in Cuba. However, he had so much trust in me that he felt it was inappropriate to use „please“ and „thank you“. I was able to have this confirmed by other Cubans and Latin Americans.