Es gibt zahlreiche, z. T. sehr unterschiedliche Definitionen des Kulturbegriffs, wie im Folgenden zu erkennen ist:
1. „Kultur ist die kollektive Programmierung des Geistes, die die Mitglieder einer Gruppe oder Kategorie von Menschen von einer anderen unterscheidet“ (Hofstede 1991), konstatiert der Kulturwissenschaftler Geert Hofstede
2. Der amerikanische Ethnologe Clifford Geertz formulierte folgende Definition: „Kultur ist die Weise, in welcher Menschen sich verständigen, ihre Kenntnisse über die Einstellungen zum Leben weitergeben und entwickeln. Kultur ist das Muster der Sinngebung, in dessen Rahmen Menschen ihre Erfahrungen deuten und ihr Handeln lenken.“ (Geertz 1973)
3. Auch Alexander Thomas versucht, sich dem Kulturbegriff zu nähern: „Kultur ist ein universelles Phänomen. Alle Menschen leben in einer spezifischen Kultur und entwickeln sie weiter. Kultur strukturiert ein für die Bevölkerung spezifisches Handlungsfeld, das von geschaffenen und genutzten Objekten bis hin zu Institutionen, Ideen und Werten reicht. Kultur manifestiert sich immer in einem für eine Nation, Gesellschaft, Organisation oder Gruppe typischen Orientierungssystem. Dieses Orientierungssystem wird aus spezifischen Symbolen (z. B. Sprache, Gestik, Mimik, Kleidung, Begrüßungsrituale) gebildet und in der jeweiligen Gesellschaft, Organisation oder Gruppe tradiert, das heißt an die nachfolgende Generation weitergegeben. Das Orientierungssystem definiert für alle Mitglieder ihre Zugehörigkeit zur Gesellschaft oder Gruppe und ermöglicht ihnen ihre ganz eigene Umweltbewältigung. Kultur beeinflusst das Wahrnehmen, Denken, Werten und Handeln aller Mitglieder der jeweiligen Gesellschaft. Das kulturspezifische Orientierungssystem schafft einerseits Handlungsmöglichkeiten und Handlungsanreize, andererseits aber auch Handlungsbedingungen und setzt Handlungsgrenzen fest.“ (Thomas 1996)
4. Die Definition der UNESCO-Kommission besagt: „Die Kultur kann in ihrem weitesten Sinne als die Gesamtheit der einzigartigen geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Aspekte angesehen werden, die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe kennzeichnen. Dies schliesst nicht nur Kunst und Literatur ein, sondern auch Lebensformen, die Grundrechte des Menschen, Wertsysteme, Traditionen und Glaubensrichtungen.“ (UNESCO-Kommission 1983, 121)
5. Auch Tylor, Cassirer, Trompenpaars/ Hampden-Turner, Hansen und Werlen nähern sich aus recht unterschiedlichen Perspektiven einer Begriffsbestimmung: „(Kultur ist) im weitesten ethnographischen Sinne jener Inbegriff von Wissen, Glauben, Kunst, Moral, Gesetz, Sitte und allen übrigen Fähigkeiten und Gewohnheiten, welche der Mensch als Glied der Gesellschaft sich angeeignet hat.“ (Tylor 2011)
6. „Im Ganzen genommen könnte man die Kultur als den Prozess der fortschreitenden Selbstbefreiung des Menschen beschreiben. Sprache, Kunst, Religion und Wissenschaft bilden unterschiedliche Phasen in diesem Prozess. In ihnen allen entdeckt und erweist der Mensch eine neue Kraft – die Kraft, sich eine eigene, eine ,ideale‘ Welt zu errichten.“ (Cassirer 2007, 345)
7. „A fish discovers its need for water only when it is no longer in it. Our own culture is like water to a fish. It sustains us. We live and breathe through it.“ (Trompenaars/ Hampden-Turner 2012, 27)
8. „Kultur bedeutet kollektives Gleichverhalten. (…) Das Phänomen Kultur setzt sich aus drei Faktoren zusammen, aus Standardisierung, Kommunikation und Kollektivität.“ (Hansen 2011, 29 u. 32)
9. „Kultur bezeichnet in sozialwissenschaftlichem Verständnis die Gesamtheit der bewerteten und bewertenden Handlungsweisen der Mitglieder einer Gesellschaft sowie deren Ergebnisse. ‚Kultur’ ist weder rein materiell als Summe von Artefakten noch ausschließlich in abstraktem Sinne als Wertsystem aufzufassen, denn der Begriff impliziert beide Aspekte.“ (Werlen 2008, 359)
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Literatur
Cassirer, E. (2007): Versuch über den Menschen. Einführung in eine Philosophie der Kultur. 2. Aufl. Hamburg.
Deutsche UNESCO-Kommission (Hrsg.) (1983): Weltkonferenz über Kulturpolitik. Schlussbericht der von der UNESCO vom 26. Juli bis 6. August 1982 in Mexiko-Stadt veranstalteten internationalen Konferenz. In: UNESCO-Konferenzberichte, Nr. 5. München: Saur 1983, 121.
Hansen, K. P. (2011): Kultur und Kulturwissenschaft. 4. Aufl. Tübingen/ Basel.
Trompenaars, F./ Hampden-Turner, C. (2012): Riding the Waves of Culture. Understanding Diversity in Global Business. 3. Aufl. London/ Boston.
Tylor, E. B. (2011): Primitive Culture. In: Hansen, K. P. (Hrsg.) (2011): Kultur und Kulturwissenschaft. 4. Aufl. Tübingen: Basel, 29.
Werlen, B. (2008): Sozialgeographie. 3. Aufl. Bern.
Vielfalt der Kulturbegriffe | Kulturelle Bildung | bpb.de
Eine wahre interkulturelle Begebenheit wird in dem Buch Intercultural stories: Menschliche Begegnungen aus aller Welt – lustig, lehrreich, lebensecht geschildert:
Break the bill?
Als ich in der siebten Klasse an einem Englandaustausch teilnahm, ging meine Gastfamilie am Abend meiner Ankunft mit mir in ein Restaurant. Da sich aber nur großes Geld, also Scheine von größerem Wert, in meinem Portemonnaie befand, beschloss ich, dieses vom Kellner wechseln zu lassen. So bat ich ihn: „Would you please break the bill?“ Der Kellner verstand augenscheinlich, kam mit kleineren Scheinen zurück und setzte an, diese zu zerreißen. Zunächst war ich irritiert und versuchte, ihn davon abzuhalten, woraufhin er lachte und mir erklärte, dass Geld wechseln in England changing money bedeutet, nicht breaking the bill.