Der Begriff Kontrakorrektur beschreibt gegenläufige Anpassungen im Kontext interkultureller Kommunikation.
Im deutsch-chinesischen Kontakt kann es vorkommen, dass Chinesen betont direkt kommunizieren, um sich der (vermeintlich) deutschen Gesprächskultur (nach stereotyper Vorstellung) anzupassen. Die deutsche Seite verhält sich vielleicht besonders zurückhaltend und höflich, um sich der chinesischen Kultur anzugleichen (vergleiche das Beispiel hier).
Ein anderes Beispiel: Ein Japaner ist zu Gast in Deutschland. Der Deutsche verbeugt sich zur Begrüßung. Gleichzeitig reicht der Japaner dem Deutschen die Hand. Auch hier wird sichtbar, was mit gegenläufigen Anpassungen gemeint ist.
In einer globalisierten Welt ist immer stärker davon auszugehen, dass kulturelles Wissen global zunimmt. Das scheint vermehrt zu Kontrakorrekturen zu führen. Konfliktsituationen können entstehen, obwohl genau das Gegenteil intendiert ist: Entgegenkommen und Annäherung.
Kontrakorrektur und Hyperkorrektur sind Phänomene, die aus einem lückenhaften oder falschen Verständnis von Kultur erwachsen. Die Gründe liegen in der Regel in mangelnder Erfahrung. Längere Kontakte zu einer anderen Kultur können zu einem tieferen Verständnis führen.
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Literatur
Günthner, Susanne (1993): Diskursstrategien in der Interkulturellen Kommunikation. Analysen deutsch-chinesischer Gespräche.
Polfuß, Jonas (2012): Kritischer Kulturassimilator Deutschland für chinesische Teilnehmende. In: Interculture Journal, Heft 17, 27–46.
Eine wahre interkulturelle Begebenheit wird in dem Buch Intercultural stories: Menschliche Begegnungen aus aller Welt – lustig, lehrreich, lebensecht geschildert:
Hand in Hand
Zwei Freundinnen sahen in Indien häufig auf Männer, die sich auf der Straße an den Händen hielten. In einem Restaurant saßen sie zufälligerweise in der Nähe anderer deutschsprachiger Touristen, als wieder ein solches Pärchen draußen vorbeiging. Sie hörten die Touristen sagen: „Beeindruckend, dass die Männer ihre Homosexualität hier so offen zeigen, obwohl es in Indien nicht erlaubt ist.“ Die Freundinnen wussten jedoch, dass Händchenhalten in Indien als Zeichen von Freundschaft und Zuneigung und nicht als Zeichen von Homosexualität zu verstehen ist.