Körpersprache ist ein allgegenwärtiges Phänomen. Einerseits versuchen wir, die Körpersprache anderer zu ‚lesen‘ und zu deuten, andererseits tun die anderen dies auch mit uns. In der interkulturellen Kommunikation ist Körpersprache von besonderer Bedeutung.
Was genau ist Körpersprache?
All das ist Körpersprache. Sie ergänzt, was wir sagen und ist dabei stets kontextabhängig. Zudem ist Körpersprache allgegenwärtig. Im persönlichen Gespräch achten wir v. a. auf die Mimik. Am Telefon hören wir, wie die Stimme des anderen klingt. Unzählige Emoticons imitieren unsere Körpersprache auf Smartphones. Körpersprache ist also von großer Bedeutung für die zwischenmenschliche Kommunikation.
Die Sprechwissenschaftlerin Christa Heilmann definiert insgesamt vier Funktionen der Körpersprache (vgl. Heilmann 2009):
In der interkultureller Kommunikation gibt es weitere Besonderheiten. Kann Körpersprache richtig oder falsch sein? Nein, sie kann allenfalls von einer bestimmten Erwartung abweichen. Diese Erwartungen sind kulturell geprägt. Sie entsprechen oft dem, was wir gewohnt sind. Körpersprache unterscheidet sich also je nach Kultur sehr stark voneinander (aber auch innerhalb einer Kultur, vgl. Generationslücke und Subkulturen). Außerdem verändern sich Kulturen und neue Formen entstehen (z. B. jugendliche Begrüßungen). In der interkulturellen Kommunikation kommt es oft zu Missverständnissen, weil wir die Körpersprache anderer Kulturen nicht kennen.
Die Körpersprache kann je nach Kultur sehr unterschiedlich sein. Hier einige Beispiele:
1. Kopfnicken: In vielen westlichen Kulturen wird Kopfnicken als Zustimmung oder Bejahung interpretiert. In anderen Kulturen, wie zum Beispiel in Bulgarien oder Griechenland, kann ein Kopfnicken das Gegenteil bedeuten, nämlich Ablehnung oder Verneinung.
2. Händeschütteln: In westlichen Ländern ist ein fester Händedruck beim Händeschütteln ein Zeichen von Respekt und Vertrauen. In einigen Kulturen wie Japan oder China ist ein fester Händedruck jedoch nicht üblich und kann als aggressiv oder unhöflich empfunden werden. Stattdessen wird dort oft eine sanftere Berührung oder ein leichter Druck bevorzugt.
3. Blickkontakt: In vielen westlichen Kulturen gilt Blickkontakt als Zeichen von Offenheit und ehrlichem Interesse. In einigen asiatischen Kulturen hingegen wird direkter Blickkontakt als respektlos oder unhöflich empfunden. Dort ist es üblich, den Blick eher gesenkt zu halten, um Respekt zu zeigen.
4. Körperliche Distanz: Die körperliche Distanz, die als angemessen angesehen wird, kann von Kultur zu Kultur variieren. In einigen Kulturen, wie zum Beispiel in den nordischen Ländern, wird mehr Platz zwischen den Menschen bevorzugt, während in anderen Kulturen, wie zum Beispiel in Südamerika oder im Nahen Osten, eine engere körperliche Nähe als normal empfunden wird.
5. Gesten: Bestimmte Gesten können in verschiedenen Kulturen unterschiedliche Bedeutungen haben. So wird zum Beispiel das Zeichen „Daumen hoch“ oft als positiv und gut gemeint aufgefasst, kann aber in manchen Ländern, zum Beispiel im Nahen Osten, als beleidigend empfunden werden.
Des Weiteren spielt die Bewertung uns fremder Körpersprache eine wichtige Rolle. Fühlen wir uns durch die Andersartigkeit gestört? Vielleicht. Das fremde Verhalten kann auch als falsch empfunden werden. „Muss man denn so laut sprechen?“ „Verheiratete Frauen darf man doch nicht umarmen!“ „Wieso isst der mit offenem Mund, und schmatzt auch noch dabei?“
Was wir dabei oft vergessen: Genau so irritiert könnten auch andere von unserem Verhalten sein. Welche Schlüsse können wir aus diesen Überlegungen ziehen? Eine stetige Reflexion diverser kultureller Körpersprachen ist notwendig, um nicht zur passiv-gelenkten Marionette der eigenen Kultur zu werden.
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Literatur
Argyle, Michael (1996): Körpersprache & Kommunikation. Das Handbuch zur nonverbalen Kommunikation. Paderborn: Junfermann.
Galli, Johannes (2008): Körpersprache und Kommunikation. Freiburg: Galli.
Heilmann, Christa M. (2009): Körpersprache richtig verstehen und einsetzen. München: Reinhardt.
Körpersprache – Lexikon der Neurowissenschaft (spektrum.de)
Eine wahre interkulturelle Begebenheit wird in dem Buch Intercultural stories: Menschliche Begegnungen aus aller Welt – lustig, lehrreich, lebensecht geschildert:
Bon Appétit
Im Rahmen eines Trainingslagers in Frankreich wohnte ich bei einer Familie, deren Tochter ebenfalls turnte. Beim Training erzählte sie mir schon, dass sich alle ganz besonders auf mich freuen würden, da dies ihr erster Austausch sei und es deswegen ganz besonders leckere Sachen zum Abendbrot gebe. Ich solle tagsüber lieber nicht so viel essen, damit wir abends richtig zuschlagen könnten. So vertraute ich ihr und aß tagsüber wenig. Als wir nach dem Abendtraining zu ihr fuhren, hatte ich riesigen Hunger.
Diese besonders leckeren Spezialitäten in Frankreich waren allerdings ausgesprochen gewöhnungsbedürftig: Die große Käseplatte roch man wirklich im ganzen Haus, es gab Froschschenkel, Pferdeleberwurst, diverse extrem starke Olivendips, steinharte Baguettes und eine ganz besondere Suppe mit Muscheln. Ich hatte extremen Hunger und mochte leider keine einzige der Spezialitäten, die dort auf dem Tisch standen. Ich probierte alles, aber der ganz extreme Käsegeruch ekelte mich an. Es war mir sehr unangenehm, den ganzen Abend nur trockenen Reis zu essen (den es zum Hauptgericht mit Froschschenkeln gab), da ich alles andere leider nicht herunterbekam. Die Familie meiner Trainingspartnerin war sehr enttäuscht, dass ich keine einzige der teuren Spezialitäten aß.
Unsittlich
Charlotte (19) war zur Freiwilligenarbeit auf einer Farm im indischen Himalayavorland. Zusammen mit einer Gruppe anderer ausländischer Freiwilliger, dem indischen Besitzer der Farm und einem indischen Hirten arbeitete und lebte sie eineinhalb Monate dort. Die Freiwilligen und der Besitzer Sharif redeten Englisch, sodass sie sich über ihre unterschiedlichen Kulturen austauschen konnten. Sie alle schliefen in einem Haus, Sharif war allerdings nur manchmal auf der Farm, er lebte in einem Haus einige Autostunden entfernt.
Der Hirte Chandon konnte kein Englisch, nur ein paar Worte Hindi und er sprach meist in der dort gesprochenen Regionalsprache. Die Kommunikation zwischen ihm und den Freiwilligen beschränkte sich also auf Zeichensprache und Gesten. Nach einiger Zeit hatten sich alle einige Fantasiewörter, gemischt aus Hindi, Chandons Sprache und Englisch, angeeignet, die es sogar erlaubten, gemeinsam Witze zu machen.
Charlotte erlebte eine wunderschöne Zeit auf der Farm. Als es an der Zeit für sie war, zu gehen, verabschiedete sie sich von allen. Sie umarmte alle Freiwilligen, die sie eng ins Herz geschlossen hatte, und ging dann zu Chandon weiter, um sich auch von ihm zu verabschieden. Sie setzte an, ihn zu umarmen, doch er zuckte zurück und protestierte.
Mando, einer der Freiwilligen, kannte sich ein bisschen mehr mit der indischen Kultur aus und erklärte Charlotte daraufhin, dass Chandon keine andere Frau berühren könne außer seiner Ehefrau. Schließlich verabschiedete sich Charlotte mit einem Handschlag von Chandon.