Der Begriff Hotspot leitet sich vom englischen hot „heiß“ sowie spot „Stelle“ ab und bedeutet somit heiße Stelle (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/Hotspot).
Definition
Hotspots sind sogenannte Rich Points*, die sich auf diejenigen Stellen in der Kommunikation beziehen, an denen öfter kulturspezifische Probleme auftreten. Dazu zählen z. B. Begrüßungen, Kritik anbringen, unterschiedliche Meinungen, Definitionen oder Erklärungen (z. B. duzen/ siezen) (vgl. Agar 1994, 100).
Rich Points treten oft in der interkulturellen Kommunikation auf, sind aber nicht unbedingt an diese gebunden. Dies bedeutet, dass es Rich Points sowohl innerhalb einer Kultur als auch kontrastiv im Vergleich zweier Kulturen gibt. Sobald in einem Gespräch eine Schwierigkeit vorkommt, kann es um Rich Points gehen. Dabei kann es sich entweder um individuelles Verhalten oder um kulturelle Muster handeln (vgl. Heringer 2017, 166). „Rich Points sind reich,
• weil sie Einsichten in Kulturen verschaffen,
• weil sie uns eigene Erwartungen überprüfen lehren,
• weil man sie kommunikativ berücksichtigen und bearbeiten kann“ (Heringer 2017, 166).
Typisch für Rich Points ist, dass die Schwierigkeiten nicht nur bei den Überschneidungen verschiedener Kulturen auftauchen, sondern auch in Meinungsverschiedenheiten der MuttersprachlerInnen. Daraus lässt sich schließen, dass Rich Points reich an Kultur sind, zahlreiche verschiedene Komponenten besitzen sowie unterschiedlich gesehen und erlebt werden (vgl. Heringer 2017, 166–167).
Wie kann ein Rich Point besser verstanden werden?
Laut Agar ist der österreichische Begriff Schmäh ein Rich Point an sich, da in diesem Wort Kultur und Geschichte tief verankert sind. „Rich points signal where the languacultural action is” (Agar 1994, 106). Dazu vergleicht Agar einen Rich Point mit einem Stolperstein, über den jemand fällt. Es kommt zu einem Rich Point, wenn Kommunikations- und Verstehensprobleme auftauchen sowie Kenntnisse über kulturelle Hintergründe nicht ausreichend sind. Wird ein Rich Point vermutet, sollten Unterschiede zur eigenen Kultur eruiert werden. Dementsprechend sollen Verbindungen zwischen dem Rich Point und den Weltansichten hergestellt werden. Dies könnte zu einem tieferen Verstehen der Rich Points führen (vgl. Heringer 2017, 168–169).
Wo liegt der Unterschied zwischen Rich Points und Hotspots?
Unter Hotspots versteht Heringer Rich Points, deren Bedeutung generalisiert wird. Aus didaktischen Gründen werden generelle heiße Stellen in der interkulturellen Kommunikation ermittelt und aufgeführt. Solche Hotspots werden üblicherweise aus Erfahrungen gewonnen (vgl. Heringer 2017, 169). Daher sind Hotspots kulturspezifische Situationen, in denen Missverständnisse vorkommen, wie z. B. alltägliche Situationen: begrüßen, ja/ nein sagen, Geschenke, Körpersprache, schweigen, sich entschuldigen usw. Dies wird im Folgenden genauer erläutert. Demgegenüber sind Rich Points, wie im Beispiel von Schmäh, als Lebenseinstellung sowie allgemeine Haltung, das Leben und die Dinge zu sehen, zu verstehen.
Die Wahl des Du oder Sie im Deutschen oder das amerikanische date sind Beispiele für Hotspots. Des Weiteren zählt der österreichische bzw. wienerische Schmäh auch dazu. Dabei ist anzumerken, dass es bei der Erklärung dieses Wortes Meinungsverschiedenheiten gibt. Grundsätzlich wird aber unter diesem Begriff eine Lebensweise verstanden, die auf Ironie basiert (vgl. Heringer 2017, 166–167). Darüber hinaus zählt das Begrüßen auch zu Hotspots. Dabei wird das Begrüßen sprachlich, körperlich und gestisch je nach Sprache und Kultur unterschiedlich ausgeführt. Beispielsweise erfordert das amerikanische How do you do? oder ¿Qué tal? im Spanischen keine direkte Antwort. Außerdem gibt es auch am Telefon unterschiedliche Gewohnheiten. Während in Deutschland der Angerufene seinen Namen nennt, wird sich in vielen anderen Ländern nur mit ja gemeldet. Neben dem sprachlichen variiert auch der körperliche Anteil von Land zu Land. Dementsprechend ist beispielsweise ein Händedruck in Österreich obligatorisch. In der islamischen Kultur hingegen schüttelt ein Mann einer Frau nie die Hand (vgl. Heringer 2017, 169). Des Weiteren sind auch die Anredeformen für interkulturelle Missverständnisse verantwortlich. Daneben können persönliche Fragen in verschiedenen Kulturen große Verwirrungen verursachen, z. B. in Indonesien (vgl. Heringer 2017, 170 f.). Ein weiteres Beispiel sind Einladungen. Findet beispielsweise eine Party um 8 Uhr statt, sollte dem Deutschen genau 8 Uhr, dem Spanier 7.40 Uhr usw. gesagt werden (vgl. Heringer 2017, 172).
Zudem ist das Sprachproblem ein typisches Beispiel für Hotspots. Es stellt sich die Frage, welche Sprache die Partner, die aus verschiedenen Sprachkulturen stammen, sprechen sollen usw. (vgl. Heringer 2017, 172). Darüber hinaus werden Zustimmung und Ablehnung in verschiedenen Kulturen anders realisiert. Dazu werden diese auch durch differierende Gesten ausgedrückt. In China ist beispielsweise ein vollständig ausgetrunkenes Glas ein Zeichen dafür, dass die Gläser vom Gastgeber nicht ständig nachgefüllt werden (vgl. Heringer 2017, 174). Außerdem weisen Zuhörgewohnheiten auf erhebliche Unterschiede in den Kulturen hin, z. B. gilt stilles Zuhören als höflich in Polen. Ferner gilt die Religion als heißer Hotspot. Dazu sollte mit Kritik, Komplimenten und Humor vorsichtig umgegangen werden, da diese in verschiedenen Kulturen anders wahrgenommen werden (vgl. Heringer 2017, 175–177).
*Rich Points sind Momente oder Aspekte einer interkulturellen Kommunikation, die besonders bedeutsam, interessant oder wichtig sind. Sie sind Situationen, in denen es zu Missverständnissen, Konflikten oder zur Entdeckung von kulturellen Unterschieden kommt. Diese Momente können dazu beitragen, das Verständnis zwischen Menschen unterschiedlicher kultureller Hintergründe zu fördern und die Kommunikation zu verbessern. Sie können in verschiedensten Formen auftreten. Zum Beispiel kann es sich um verbale Missverständnisse handeln, bei denen Worte oder Ausdrücke in unterschiedlichen Kulturen verschiedene Bedeutungen haben. Ein solches Missverständnis kann zu Konflikten führen, aber auch die Möglichkeit bieten, über kulturelle Unterschiede zu sprechen und voneinander zu lernen. Ein weiteres Beispiel für Rich Points sind nonverbale Kommunikationssignale, die in verschiedenen Kulturen unterschiedliche Bedeutungen haben. Zum Beispiel können Gesten, Blickkontakt oder Körperhaltung in einer Kultur als respektvoll und höflich angesehen werden, während sie in einer anderen Kultur als unhöflich oder provokativ interpretiert werden könnten. Das Verständnis dieser Unterschiede kann zu einer verbesserten interkulturellen Kommunikation führen. Darüber hinaus können auch kulturelle Werte und Normen zu Rich Points führen. Verschiedene Kulturen haben unterschiedliche Vorstellungen davon, was als angemessen, unhöflich, höflich, sympathisch oder respektlos angesehen wird. Wenn diese Werte und Normen in der interkulturellen Kommunikation nicht beachtet werden, können Missverständnisse und Konflikte entstehen. Rich Points können dazu beitragen, diese Unterschiede zu identifizieren und zu diskutieren, um das Verständnis und die Akzeptanz zwischen den Kulturen zu fördern. Die Identifizierung von Rich Points ist eine wichtige Methode in der interkulturellen Kommunikation, um das Bewusstsein für Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Kulturen zu schaffen. Sie dient dazu, Konflikte zu vermeiden, das Verständnis zu fördern und letztendlich zu einer effektiveren interkulturellen Kommunikation beizutragen. Rich Points sind also Schlüsselmomente, die dazu beitragen können, die Kommunikation zwischen Menschen unterschiedlicher kultureller Hintergründe zu verbessern und den interkulturellen Austausch zu bereichern.
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Literatur
Agar, Michael (1994): The intercultural frame. In: International Journal of Intercultural Relations 18.
Dudenverlag: https://www.duden.de/rechtschreibung/Hotspot [29.08.2019].
Heringer, Hans Jürgen (2017): Interkulturelle Kommunikation. Grundlagen und Konzepte. 5. Aufl. Tübingen: Francke.
Rössler, Andrea (2008): Erfolgreiche Wortschatzaneignung im Spanischunterricht. In: Lüning, Marita/ Rössler, Andrea/ Sommerfeldt, Kathrin/ Strickstrack-García, Roswitha/ Vences, Ursula/ Wlasak-Feik, Christine (Hrsg.): Prinzipien und Methoden des Spanischunterrichts. Der fremdsprachliche Unterricht Spanisch. Seelze: Friedrich, 20–25.
Der Hotspot-Ansatz in der EU-Migrations- und Asylpolitik | Europäische Union | bpb.de
Transkript zum Erklärfilm
Hotspots beziehen sich auf diejenigen Stellen in der interkulturellen Kommunikation, an denen öfter Missverständnisse auftreten. Dies können zum Beispiel alltägliche Situationen sein: Zusagen oder Ablehnen, Geschenke geben und annehmen, Körpersprache, Begrüßungen und so weiter. Hotspots entstehen, wenn die Gesprächsteilnehmenden die kulturellen Muster oder die Sprache ihres Gegenüber nicht verstehen. So zählt das Begrüßen zu den Hotspots, weil es je nach Kultur unterschiedlich ausgeführt wird. Zum Beispiel am Telefon: Während die Angerufenen in Deutschland ihren Namen nennen, wird sich in vielen anderen Ländern nur mit ja gemeldet.
Eine wahre interkulturelle Begebenheit wird in dem Buch Intercultural stories: Menschliche Begegnungen aus aller Welt – lustig, lehrreich, lebensecht geschildert:
Volkstrauertag?
Mein Italienischlehrer erzählte mir, dass er in seiner Kindheit und Jugend in vielen verschiedenen Ländern – unter anderem Venezuela, Chile, Spanien und die längste Zeit in Italien – lebte und somit viele Sitten und Bräuche der verschiedenen Kulturen kennt.
Bevor er als junger Erwachsener nach Deutschland zog, hatte er eine ganze Zeit in Italien gelebt. Seine erste Zeit in Deutschland war im Dezember, also kurz vor Weihnachten. Wie es in Deutschland in der Weihnachtszeit so üblich ist, standen in jedem Schaufenster und in den Fensterbänken der Wohnungen und Häuser Kerzen in verschiedenen Formen und Farben. Mein Lehrer kannte diese Tradition aus Italien in einer ganz anderen Situation: In Italien stellen die Menschen Kerzen auf die Fensterbänke, wenn jemand gestorben ist. Da in Deutschland aber so gut wie jedes Fenster beleuchtet war, dachte er, jemand Wichtiges sei gestorben oder es sei eine Art Volkstrauertag.