Ein festlicher Weihnachtsbaum, blinkende Lichterketten in den Fenstern, ein Adventskranz mit vier Kerzen, der Kirchgang am Heiligen Abend und natürlich das Festtagsessen – die Advents- und Weihnachtzeit ist auch in Deutschland von zahlreichen Bräuchen und Traditionen geprägt. Nicht nur gläubige Christen feiern dann am 24. Dezember deutschlandweit den Weihnachtsabend mit der Bescherung im Familienkreis und einem gemeinsamen Essen. Kartoffelsalat mit Würstchen, aber auch Gans oder Karpfen landen dann häufig auf den Tellern der Deutschen.
Während religiöse Menschen Weihnachten vor allem mit der Geburt Jesu Christi verbinden, erfreuen sich viele von uns vor allem an den Winter- und Lichtbräuchen, die nun überall in den Straßen funkeln und glänzen.
„Das Besondere ist eben dieses Festivitätsgefühl, das sich über einige Wochen über einen öffentlichen Raum, sprich unsere Gesellschaft, ausbreitet“, erklärt der Theologe Stephan Wahle im Interview. Warum uns diese Rituale entlasten? Mehr dazu im Gespräch mit dem Deutschlandfunk: https://www.deutschlandfunkkultur.de/rituale-in-der-weihnachtszeit-das-hat-etwas-stabilisierendes.1008.de.html?dram:article_id=402677
Doch wie feiert man Weihnachten bei 30° Außentemperatur? Warum pflanzt man im Libanon Keimlinge im Advent? Und was ist eigentlich eine Weihnachtsgurke?
Bereits neun Tage vor dem Heiligen Abend beginnen in Mexiko die traditionellen Weihnachtsfeierlichkeiten. Die nächtlichen Posadas (span. Herberge) gehen auf die Tradition der Herbergssuche von Maria und Joseph zurück. Allabendlich laufen die Kinder nun singend von Haus zu Haus und bitten um Einlass – dieser wird ihnen nach biblischer Tradition zunächst verwehrt. Bei einem zweiten Versuch gewährt man den Gästen Zutritt und das weihnachtliche Fest beginnt.
Dabei wird traditionell ein Ton- oder Papiergefäß zerschlagen, die Piñata, welche an einer Kordel hängt und mit Süßigkeiten und Früchten gefüllt ist. Während die Form der Piñata heute vor allem an Tiere erinnert, besitzt die klassische Form sieben Zacken und soll so an böse Taten erinnern. Diese werden nun mit verbundenen Augen zerschlagen – dabei singt man:
„No quiere níquel ni quiero plata: yo lo que quiero es romper la piñata.“
(„Ich will kein Nickel, ich will kein Silber: Ich will nur die Piñata zerschlagen.“)
In Deutschland verbinden wir die Weihnachtszeit vor allem mit einem tannengrün leuchtenden Weihnachtsbaum und auch entsprechend kalten Außentemperaturen – manchmal schneit es sogar noch. Doch wie feiert man Weihnachten bei 30°, in Regionen der Welt, in denen keine Tannen wachsen können?
Während man in Ghana und Liberia häufig einfach die heimischen Palmen dekoriert, werden in Indien und Bangladesh die Blätter der Bananenpalme als Tannenzweigersatz umfunktioniert. Auch Bäume aus Metall, Plastik oder sogar Federn sind zu finden. Übrigens ein deutscher Brauch aus dem 18. Jahrhundert – der erste künstliche Weihnachtsbaum wurde damals aus grün gefärbten Gänsefedern hergestellt.
Auch im Libanon feiern viele Christen das Weihnachtsfest zwischen dem 24. und 26. Dezember. Bereits zwei Wochen vorher legen viele von ihnen kleine Gärtchen aus Erbsen-, Bohnen- oder Leinsamen auf einem Stück Watte an. Mit den grünen Keimlingen wird dann die Krippe am Heiligen Abend geschmückt.
Wer darf als erstes die Geschenke auspacken? In den USA entscheidet diese Frage alljährlich eine Gewürzgurke – die sogenannte Christmas Pickle. Eine kleine, grüne Glasgurke wird versteckt in den Tannenbaum gehängt, wer sie als erstes entdeckt, darf mit dem Auspacken beginnen. Noch nie von diesem urdeutschen Brauch gehört? Die Amerikaner jedenfalls sind der Meinung, dass die Weihnachtsgurke eine deutsche Tradition sei. Ob die Gurken-Tradition wirklich deutsche Wurzeln hat, ist auch in der Wissenschaft umstritten – doch in Bayern und Thüringen stellten Glasbläsereien bereits im 19. Jahrhundert Glas-Gurken her.
Geschenke! Diese weihnachtliche Tradition des Schenkens und Beschenktwerdens beobachtet man rund um den Globus. Doch wer überbringt die Geschenke? Weihnachtsmann oder Christkind – auch in Deutschland ist man sich uneins über diese Frage. Während in Frankreich Père Noël, in Großbritannien Father Christmas und Papai Noel in Brasilien ihre Geschenke verteilen, besucht Väterchen Frost in Russland die Kinder. In skandinavischen Ländern übernehmen Weihnachtswichtel das Ausliefern der Geschenke.
Italienische und spanische Kinder müssen sich mit dem Auspacken der Geschenke in der Weihnachtszeit noch gedulden. Denn ihre Geschenke erhalten sie erst am 6. Januar, dem Dreikönigstag. Doch nicht von Weihnachtsmann oder Christkind, sondern von der Hexe Befana. Dem Glauben nach hörte die Hexe die frohe Botschaft, doch sie brach zu spät auf, weshalb sie den Stern verpasste, welcher sie zur Krippe führen sollte. Nun fliegt sie auf ihrem Besen von Haus zu Haus und verteilt auf der Suche nach dem Jesuskind Geschenke – oder bestraft mit schwarzen Kohlen.
Die Weihnachtsgeschichte zum Nachlesen, als Comic – auf Arabisch.
God Jul, wünscht man sich in Schweden zur Weihnachtszeit. Allgegenwärtig ist dann auch der Julbock. Ein Ziegenbock aus Stroh, der seinen Ursprung in der nordischen Mythologie hat – der Wagen des Gottes Tor wurde von zwei Ziegenböcken gezogen. Dieses tierische Reisemittel nutzt auch der schwedische Weihnachtsmann, Jultomte.
Ansonsten gehört Kalle Anka schon fest zur schwedischen TV-Weihnachtstradition. Kalle Anka – noch nie gehört? Donald Duck auf Schwedisch. Bereits seit Ende der 1950er Jahre flimmert die Zeichentrickente Jahr für Jahr über die Bildschirme. Ab 15 Uhr versammelt sich die Familie dann am 24. Dezember vor dem Fernseher und schaut gemeinsam diesen Weihnachtsklassiker- eine moderne Interpretation von Weihnachtstradition.
Die jahrhundertealte Tradition des Caganer stammt aus dem Katalanischen und stellt eine ungewöhnliche Ergänzung der üblichen Weihnachtskrippen-Geschichte dar. Neben dem Jesuskind, Maria, Joseph sowie Ochs und Esel, platzieren die Katalanen den Caganer – das „Scheißerchen“ in ihrer Weihnachtskrippe. Ein kleiner Bauernjunge mit heruntergelassener Hose und nacktem Hinterteil, der sein Geschäft verrichtet. Er symbolisiert den Kreislauf der Natur, steht für Glück, Freude und Fruchtbarkeit.
Inzwischen hat sich in Spanien ein regelrechter Kult um diese Figur entwickelt. Anstelle des Bauernjungen werden nun allerdings bekannte Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Sport mit heruntergelassener Hose dargestellt – König Juan Carlos, der Papst, Ronaldinho und sogar Angela Merkel. Auch Carles Puigdemont, entmachteter Ministerpräsident Kataloniens, zierte bereits im vergangenen Jahr viele Krippen in katalanischen Städten.
Doch wie verbringen Nicht-Christen die ereignisreichen Wochen der Advents- und Weihnachtszeit? Ethnologen fanden jetzt heraus: „Gerade die Kommerzialisierung kann Brücken bauen.“ Was das heißen soll? „Dass wir einerseits an Weihnachten sehen, dass das Fest wahnsinnig inklusiv ist: Alle können irgendwo andocken. Andererseits kann das auch zu einem Druck werden, Weihnachten mitfeiern zu müssen um zu zeigen, dass man integriert sei“, erklärt die Kulturwissenschaftlerin Monique Scheer. Also bald Winterfest statt Weihnachten? Die Kulturwissenschaftlerin plädiert für einen offenen Diskurs: „Weihnachten ist ein Fest, an dem wir nicht nur aufgerufen werden, großherzig zu sein. Sondern wir sind auch aufgefordert, darüber nachzudenken, in welcher Gesellschaft wir leben […] wollen – und die Gelegenheit ergreifen, dafür auch etwas zu tun anlässlich des Festes.“
Den gesamten Artikel Weihnachten bei Nicht-Christen. Geschenke wollen die Kinder trotzdem können Sie hier nachlesen.
In diesem Sinne wünscht Ihnen hyperkulturell.de eine schöne Weihnachtszeit und einen guten Start ins neue Jahr! Oder auch:
Gledileg Jol! (isländisch)
Noflike Krystdagen en in protte Lok en Seine yn it Nije Jier! (friesisch)
Sung Tan Chuk Ha! (koreanisch)
Sretan Bozic! (kroatisch)
Malygayan Pasko! (phillipinisch)
Noeliniz Ve Yeni Yiliniz Kutlu Olsun! (türkisch)
Boas Festas e Feliz Ano Novo! (portugiesisch)