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Stereotype sind die Bilder in unseren Köpfen zu bestimmten Sachverhalten und Personengruppen. Sie reduzieren über Kategorisierungen das komplexe Weltgeschehen. Stereotype können sich verfestigen, wenn keine Reflexion erfolgt – wenn sie nicht entlarvt werden. Dann entstehen Vorurteile, die meist negative Konnotationen mit sich bringen.
Die eigenen Vorurteile sind einem nicht unbedingt immer bewusst, sie können auch unterbewusst unser Handeln und Denken latent beeinflussen. Damit normativem Schubladen-Denken entgegengewirkt werden kann, sollte jeder wissen, welche Vorurteile er hegt. Die Harvard-University hat einen Test entwickelt, der die Vorurteile, die im eigenen Unterbewusstsein existieren, aufdecken soll. Der sogenannte „Implicit Association Test (IAT)“ soll zum Denken anregen und dabei helfen, das eigene Handeln zu hinterfragen. Auch wenn bis heute noch keine Methoden bestehen, die unbewusste Vorurteile von bewussten abgrenzen – der IAT liefert dennoch Denkanstöße, um Diskriminierungen vorzubeugen .
Für Interessierte – hier gehts zum Test: https://implicit.harvard.edu/implicit/takeatest.html
Die Deutschen? Pünktlich natürlich. Ordentlich und fleißig. Ein bisschen humorlos. Die Russen? Säufer. Grob. Ohne Manieren. Und die Polen? Klauen natürlich. Die Schotten sind geizig. Die Schweizer? Inbegriff der Genauigkeit. Italiener? Amore. Pure Leidenschaft. Modebewusste Hitzköpfe. Und die Chinesen? Höflich. Fleißig. Vielleicht ein bisschen hinterlistig.
Kommen Ihnen diese Charakterisierungen bekannt vor? Zumindest haben Sie wahrscheinlich schon mal davon gehört oder gelesen. Wir sprechen von Stereotypen, oder in der Alltagssprache synonym: von Vorurteilen, oder: Klischees.
Stereotyp: das Wort kommt aus dem Griechischen, von „stereos“ und „typos“, zusammengesetzt: die feste Form. Damit werden relativ starre, weit verbreitete Vorstellungen über Menschen bezeichnet. Die können wertschätzend sein (alle Deutschen sind zuverlässig), aber auch abwertend (alle Polen sind Diebe), oder auch einfach neutral (alle Engländer trinken viel Tee, alle Schweden sind blond). Walter Lippman bezeichnet Stereotype als pictures in our heads, also als Bilder in unseren Köpfen. „Meistens schauen wir nicht erst und definieren dann, wir definieren erst und schauen dann. (Walter Lippman: Die öffentliche Meinung (Public Opinion) 1922.)
Vorurteile sind – im Vergleich zu Stereotypen – emotional stärker aufgeladen und häufiger (oder eindeutiger) negativ. „Das Vorurteil ist das Kind der Unwissenheit.“ (William Hazlitt) Ein Stereotyp kann zum Vorurteil werden, wenn es zu Konsequenzen im Handeln führt. Wer aufgrund einer bestimmten Vorstellung oder ungeprüften Vorannahme so oder so handelt, der vorverurteilt.
Das Wort Klischee schließlich kommt aus dem Französischen (und hier aus dem Bereich der Drucktechnik). Es kann mit „Abklatsch“ übersetzt werden. Im Sachwörterbuch der Literatur von Gero von Wilpert wird wie folgt definiert: „[Klischees sind] vorgeprägte Wendungen, abgegriffene und durch allzu häufigen Gebrauch verschlissene Bilder, Ausdrucksweisen, Rede- und Denkschemata, die ohne individuelle Überzeugung einfach unbedacht übernommen werden.“
Es ist deutlich zu sehen, dass Stereotyp, Vorurteil und Klischee mit sehr ähnlichen Bedeutungen aufgeladen sind. Im alltäglichen Sprachgebrauch werden sie nahezu synonym verwendet.
Zurück zu den Italienern, den Polen, Russen, Deutschen und Chinesen. Sie haben gesehen: Wir wissen allerhand über uns und: DIE ANDERN zu sagen. Über Mentalität, oder: Volkscharakter. Was soll das genau sein?
Ein Blick in die Vergangenheit offenbart Erstaunliches: Eine sogenannte Völkertafel aus der Steiermark (heutiges Österreich) um 1725 charakterisiert verschiedene Ethnien Europas, darunter z.B. die Deutschen. Die waren damals alle angeblich so: offenherzig und mit witzigem Verstand (also schlau), gleichzeitig verschwenderisch, dem Wein verfallen und im Krieg unüberwindlich, vergleichbar mit Löwen. Die Russen? Lieben die Prügel, sind boshafte Esel. Franzosen: leichtsinnig, gesprächig, lieben den Krieg – mit betrügerischen Füchsen werden sie verglichen. Und Polen: wilde Bären in langen Röcken, die den Streit lieben. Dergleichen wenig Schmeichelhaftes liest sich auch über Spanier, die Türken, Engländer, Schweden, Ungarn und Italiener…
Was hat es nun genau auf sich mit diesen fest geformten, allgegenwärtigen Vorstellungen, die wir von uns und andern haben (woher kommen sie, und worin liegt die Bedeutung von Stereotyp, Vorurteil und Klischee)?
Zunächst: Stereotype, Vorurteile und Klischees sind das Resultat historisch-politischer, geografischer und sozialer Entwicklungen. Sie sind gesellschaftlich konstruiert. Es gibt eine weitere Besonderheit: Sie sind janusköpfig. Was bedeutet das?
Es handelt sich um eine Metapher. Janus war ein römischer Gott. Er ist doppelgesichtig und ein Symbol für Zwiespältigkeit. Stereotype, Vorurteile und Klischees erfüllen sinnvolle Funktionen, haben aber auch Schattenseiten – sie sind also janusköpfig.
Zunächst zu den drei sinnvollen Funktionen: Stereotype, Vorurteile und Klischees vereinfachen und reduzieren Komplexität. Sie helfen uns somit bei der Orientierung in einer nahezu unüberschaubaren Welt. Auf diese Weise erfüllen sie eine wichtige kognitive Funktion. Außerdem: Mit fest geformten Vorstellungen grenzen wir uns von anderen ab. Wir stärken das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der eigenen Gruppe. „Wir sind so, und die sind anders!“ Stereotype, Vorurteile und Klischees haben also auch eine soziale Funktion. Viele fest geformte Vorstellungen geben uns das Gefühl, anderen überlegen zu sein. Dies scheint auf den ersten Blick nicht gerade sympathisch, ist psychologisch betrachtet aber von Vorteil: Wir fühlen uns in unserm Selbstbewusstsein gestärkt. Damit erfüllen starre Vorstellungen eine wichtige affektive Funktion.
Jede der soeben genannten sinnvollen Funktionen hat aber auch eine Schattenseite. Der große Nachteil von Vereinfachungen: Wichtige Details und Besonderheiten bleiben unberücksichtigt. Die bunte Vielfalt auch innerhalb einer Kultur kommt zu kurz. Wir scheren alle über einen Kamm. Ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb einer Gruppe ist wichtig. Kann aber auch dazu führen, dass andere ausgeschlossen werden. Weil unsere Vorstellungen sagen, dass ein Mensch nicht zu uns ‚passt‘. Selbstbewusstsein ist wichtig. Und natürlich wollen wir uns alle gut fühlen. Aber müssen wir uns deshalb gegenseitig abwerten? Und wohin führt das? Die Grenzen zwischen Überlegenheit und Überheblichkeit sind fließend.
Stereotype, Vorurteile und Klischees sind janusköpfig. Mit diesem Wissen können wir unsere starren Vorstellungen und Vorurteile kritisch prüfen, wenn wir anderen Menschen begegnen.
Weiterführendes Lernmaterial: Interkulturell kompetent kommunizieren und handeln
Mehr Infos unter: https://ze.tt/dieser-test-zeigt-dir-welche-vorurteile-du-wirklich-hast/ und Was kann man gegen Vorurteile tun?
Podcast zum Thema: https://soundcloud.com/user-777633128/podcast-2-vorurteile-stereotype-klischees