Digitalisierung verändert die Welt. Doch in Verbindung mit dem Thema Flucht kursieren viele Gerüchte, Mythen und Halbwahrheiten: „Wieso verfügen so viele Flüchtlinge über ein Smartphone? Hat tatsächlich das Selfie eines Flüchtlings mit Bundeskanzlerin Angela Merkel Tausende zur Flucht motiviert? Und glauben Flüchtlinge, dass ihnen in Deutschland ein Haus gestellt wird?“
Oft gestellte Fragen zum Mediennutzungs- und Informationsverhalten Geflüchteter, die die öffentliche Debatte stark prägen. Heutige Flucht- und Migrationsgeschichten sind ohne Smartphone und Messenger-Dienste, wie WhatsApp und Co., undenkbar geworden.
Die Studie Flucht 2.0 aus dem Jahr 2016 beschäftigte sich mit der „Mediennutzung durch Flüchtlinge vor, während und nach der Flucht“. Dafür wurden über 400 Schutzsuchende aus Syrien, dem Irak und zentralasiatischen Ländern (Pakistan, Afghanistan, Iran und Indien) befragt. Die Forscherinnen der FU Berlin fanden heraus, dass das Vertrauen in Informationen aus den Medien unter Geflüchteten gering ist. Als vertrauensvollste Informationsquelle wurden daher die vorausgegangenen bzw. daheimgebliebenen Familienmitglieder eingeschätzt.
Über das Internet gelangt Erlebtes in Sekundenschnelle um den Globus – untermalt mit eindrucksvollen Bildern. Wünsche werden geweckt und Erträumtes scheint plötzlich zum Greifen nah zu sein.
„Bilder produzieren Sehnsüchte“ so der Salzburger Zeithistoriker und Architekturtheoretiker Michael Zinganel. Dieser stellte in der vergangenen Woche seine Thesen zu Migration und Mobilität im Rahmen der Europäischen Toleranzgespräche 2018 vor.
Zinganel ist der Meinung, dass moderne Kommunikationstechnologien neben einem Meer an Bildern aus der Ferne, auch Fehlinformationen liefern und so enorme Erwartungshaltungen wecken. Dies bestätigt auch die Berliner Studie: Mehr als 40% der Befragten gaben an, dass sie sich vor dem Hintergrund ihres heutigen Wissens, gegen eine Flucht entschieden hätten.
Zur Studie Flucht 2.0: http://www.polsoz.fu-berlin.de/kommwiss/arbeitstellen/internationale_kommunikation/Media/Flucht-2_0.pdf
Zum Programm der Europäischen Toleranzgespräche 2018: http://www.fresach.org/programm-2018/