Alltagsrassismus ist ein beunruhigendes Phänomen, das leider immer noch in unserer Gesellschaft existiert. Er bezieht sich auf rassistische Vorurteile, Diskriminierung oder Gewalt, die Menschen aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihrer Hautfarbe oder anderer Merkmale erfahren. Dieser Rassismus findet häufig im Alltag statt, sei es auf der Straße, am Arbeitsplatz, in Bildungseinrichtungen oder auch in persönlichen Beziehungen.
Es gibt viele Formen von Alltagsrassismus, von subtilen Vorurteilen und Stereotypen bis hin zu offenem Hass. Subtiler Rassismus äußert sich oft in versteckten Vorurteilen oder Gesten, die darauf abzielen, eine bestimmte Gruppe von Menschen herabzusetzen. So kann es beispielsweise vorkommen, dass Menschen bestimmte Personen bewusst meiden, nicht mit ihnen sprechen oder ihnen keine Chancen geben, nur weil sie eine bestimmte ethnische Herkunft haben. Dies kann dazu führen, dass sich Menschen aus diesen Gruppen isoliert und diskriminiert fühlen.
Offener Rassismus hingegen beinhaltet direkte Gewalt, Drohungen oder Beleidigungen gegenüber einer bestimmten ethnischen Gruppe. Dies kann in Form von rassistischen Kommentaren, rassistisch motivierten Übergriffen oder anderen Formen physischer oder verbaler Gewalt geschehen. Offener Rassismus ist besonders besorgniserregend, da er nicht nur die psychische und physische Gesundheit der Betroffenen beeinträchtigen kann, sondern auch ein Klima der Angst und Unsicherheit schafft.
Auch Alltagsrassismus hat weitreichende Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen. Er kann ihr Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen erheblich beeinträchtigen, zu sozialer Isolation führen und ihre Chancen auf Bildung und Beschäftigung verringern. Jeder Mensch hat das Recht auf ein Leben frei von Diskriminierung und Vorurteilen, und es ist an der Zeit, gemeinsam gegen Alltagsrassismus vorzugehen.
Es gibt verschiedene Maßnahmen, die wir ergreifen können, um Alltagsrassismus zu bekämpfen. Zunächst ist es wichtig, sich der eigenen Vorurteile bewusst zu werden und sie zu hinterfragen. Indem wir unsere eigenen Denkmuster und Stereotypen erkennen und reflektieren, können wir beginnen, sie zu überwinden und unsere Vorurteile abzubauen.
Zweitens sollten wir den Mut haben, gegen Rassismus zu intervenieren, wenn wir Zeugen davon werden. Das kann bedeuten, sich für jemanden einzusetzen, der rassistisch angegriffen wird, oder rassistische Äußerungen oder Handlungen direkt anzusprechen. Indem wir nicht wegschauen oder schweigen, senden wir ein klares Signal, dass solches Verhalten nicht toleriert wird.
Darüber hinaus ist es wichtig, Bildung und Aufklärung über Rassismus zu fördern. In Schulen, Universitäten und anderen Bildungseinrichtungen sollte die Auseinandersetzung mit diesem Thema fester Bestandteil des Lehrplans sein. Es ist wichtig, junge Menschen über die Geschichte des Rassismus zu informieren und sie für die negativen Auswirkungen von Vorurteilen und Diskriminierung zu sensibilisieren.
Beispiel für Alltagsrassismus 1
Ein afrikanischer Mann namens Samuel lebt seit einiger Zeit in einer europäischen Stadt. Er hat sich gut integriert, spricht die Sprache fließend und hat eine feste Arbeit. Eines Tages geht er in einen Supermarkt, um Lebensmittel einzukaufen.
Als Samuel den Laden betritt, bemerkt er bereits die unangenehmen Blicke einiger Kunden, die ihn skeptisch beäugen. Er fühlt sich unwohl, beschließt aber, sich davon nicht beeinflussen zu lassen und geht zielstrebig weiter zu den Obst- und Gemüseregalen. Auf der Suche nach einer Banane hört er plötzlich leise Bemerkungen von zwei Kundinnen, die in seiner Nähe stehen. Sie tuscheln miteinander und sagen Dinge wie „Ich wette, er hat das Geld für die Bananen geklaut“ oder „Diese Afrikaner kommen hierher und nehmen uns die Arbeitsplätze weg“.
Samuel versucht, die Kommentare zu ignorieren und geht in den nächsten Gang, um Milch zu kaufen. Dort wird er jedoch von einem Sicherheitsmann angesprochen, der ebenfalls Vorurteile gegenüber Menschen afrikanischer Herkunft zu haben scheint. Der Sicherheitsbeamte fragt Samuel, ob er etwas stehlen wolle oder nicht, da er „verdächtig“ aussehe. Samuel reagiert verärgert und sagt, er wolle nur einkaufen wie jeder andere auch.
Schließlich beendet Samuel seinen Einkauf und geht zur Kasse. Als er in der Schlange steht, fragt ihn eine ältere Frau vor ihm, ob er „überhaupt weiß, wie man richtig bezahlt“. Samuel antwortet höflich, dass er schon seit Jahren in diesem Land lebe und die Abläufe im Supermarkt kenne.
Als er den Laden verlässt, fühlt Samuel eine Mischung aus Wut und Verletzung. Er fragt sich, warum er immer wieder mit solchen Vorurteilen und diskriminierenden Kommentaren konfrontiert wird, obwohl er sich nichts hat zuschulden kommen lassen und sich bemüht, ein guter Teil der Gesellschaft zu sein.
Beispiel für Alltagsrassismus 2
Lena, eine junge schwarze Frau, geht an einem sonnigen Tag in eine überfüllte Bäckerei, um Kaffee und Gebäck zu kaufen. Als sie sich in die Schlange einreiht, bemerkt sie bereits die Blicke und ein gewisses Unbehagen in den Gesichtern der anderen Kunden. Lena versucht, die Situation zu ignorieren und nicht persönlich zu nehmen. Sie lächelt höflich und stellt sich geduldig in die Schlange.
Als Lena endlich an der Reihe ist, bemerkt sie, wie die Verkäuferin, die schon einige Kunden bedient hat, unruhig wird und leicht die Stirn runzelt. Lena bestellt ihren Kaffee und sucht sich ein Croissant aus. Die Verkäuferin wirkt leicht genervt und gibt Lena das Gefühl, sie solle sich beeilen. Lena ignoriert das und versucht höflich zu bleiben.
Als Lena ihre Bestellung bezahlen will, sieht sie, dass die Verkäuferin erst leicht den Kopf schüttelt und dann einen Moment zögert, bevor sie das Geld entgegennimmt. Plötzlich merkt Lena, dass die Verkäuferin sie gefragt hat, ob sie eine Freundin von ihr sei, die zufällig auch aus Afrika kommt. Lena ist überrascht und fühlt sich verletzt, dass die Verkäuferin sie aufgrund ihrer Hautfarbe mit jemand anderem verwechselt. Sie antwortet höflich, dass sie nicht mit der Verkäuferin befreundet sei und möchte eigentlich nichts weiter dazu sagen.
Als Lena mit ihrem Kaffee und dem Gebäck die Bäckerei verlässt, fühlt sie sich verärgert und gedemütigt. Sie fragt sich, warum sie immer wieder solche Situationen erlebt und warum sie aufgrund ihrer Hautfarbe anders behandelt wird. Sie erinnert sich an ähnliche Vorfälle in der Vergangenheit, bei denen sie mit rassistischen Vorurteilen konfrontiert wurde, und fragt sich, wann und ob diese alltägliche Diskriminierung jemals aufhören wird.
Einige Auszüge aus dem E-Learning-Modul in Textform
Was ist Rassismus?
Rassismus ist eine Form der Diskriminierung, bei der eine Abwertung von Menschen aufgrund ihres Äußeren, wegen des Namens, ihrer (vermeintlichen) Kultur oder Religion praktiziert wird.
Explizite Formen von Rassismus
Postkolonialer Rassismus: Das ist die Diskriminierung von dunkelhäutigen Menschen. Ihren Ursprung hat dieser in der kolonialen Rassenideologie.
Antisemitismus: Dieser umfasst Beleidigungen von jüdischen Menschen, welche sich auf Vorurteile gegenüber Juden beziehen. Auch der Holocaust wurde von dem Antisemitismus geprägt.
Gadje-Rassismus: Beim Gadje-Rassismus handelt es sich um die Diskriminierung gegenüber Sinti und Roma. „Gadje“ bedeutet Nicht-Roma und ersetzt frühere Begriffe wie Antiziganismus- und romanismus.
Antimuslimischer Rassismus: Dieser basiert auf der Diskriminierung einer vermeintlichen Religionszugehörigkeit. Die Realität zeigt, dass es sich bei Betroffenen nicht immer um Muslime handelt. Sie werden aber generalisierend aufgrund phänotypischer Merkmale dem Islam zugeordnet.
Antiasiatischer Rassismus: Dabei kommt es zu Abwertungen gegenüber asiatischer Menschen. Als symptomatisch gelten die Herabwürdigung der Augenpartie oder scheinbar positive Zuschreibungen wie etwa Fleiß und Intelligenz.
Transkript zur Audiodatei
Kathaleen fühlt sich nicht wohl in dieser Situation. Es verletzt sie, dass andere aussprechen, dass sie anders aussieht. Rassismus hat die Absicht, andere aufgrund ihres Aussehens schlecht zu machen. Das hat tiefe psychologische und historische Hintergründe. Obwohl das Mädchen Kathaleen nicht absichtlich verletzt, fühlt diese sich dadurch als Außenseiter. Sie wird als Stellvertreterin für eine Rasse angesehen, die nicht dazu gehört. Am schlimmsten ist aber nicht die Demütigung an sich, sondern dass Rassismus meist ein großes, stillschweigendes Publikum hat. Dadurch ist dieser erst möglich. Für Kathaleen ist es peinlich, dass sie in Gegenwart ihres Freundes und der Klavierlehrerin rassistisch beleidigt wird. Das „endwatch gehört nämlich zu den schlimmsten Beleidigungen. Und wenn die Mutter ihr Kind anschließend in Kathaleens Anwesenheit pädagogisch belehrt, dient Kathaleen den Weißen als Objekt für die Erziehung. Sie ist dann nicht einfach ein normaler Mensch. Deshalb ist es wichtig, sich in einen beteiligten Personen hinein zu versetzen, damit man weiß, wie man sich verhalten soll, wenn einem Rassismus im Alltag begegnet.
Transkript zum Erklärvideo
Stell dir vor, du bekommst keine Wohnung, weil den Vermietern dein Aussehen nicht passt. Stell dir vor, du gehst zum Endspiel deiner Fußballmannschaft und die Fans der gegnerischen Mannschaft beschimpfen die Spieler und machen sich über ihre Herkunft lustig. Stell dir vor, der Türsteher lässt dich nicht in die Disco, weil schon genug von deiner Sorte drin sind. Und jetzt stell dir vor, das ist die Realität. Menschen, die nicht weiß sind, werden bei der Wohnungs- und Jobsuche massiv benachteiligt. Denn für viele bedeutet nicht-weiß sein, nicht Deutsch zu sein. Mehr als zwei Drittel aller Befragten mit zugeschriebenem Migrationshintergrund geben an, bei der Wohnungssuche benachteiligt worden zu sein. Rassistische Hassgesänge und Affenlaute sind in Fußballstadien keine Seltenheit. Fußballprofis wie Antonio Rüdiger und auch Jerome und Kevin-Prinz Boateng berichten, wie sie rassistische Beleidigungen erfahren haben. Im Gegensatz dazu kommen rassistische Vorfälle in den unteren Ligen weniger zur Sprache und statistisch werden diese Vorkommnisse bisher nicht erfasst. Rassistische Diskriminierungen finden überall statt. In der Bahn, auf der Straße, auf dem Amt. In einer Umfrage der EU gab jede vierte Person an, sich aufgrund ihrer Migrationsgeschichte diskriminiert zu fühlen. Rassismus ist für viele Menschen in Deutschland eine Alltagserfahrung. Aus rassistischen Motiven werden Menschen diskriminiert, verletzt und ermordet. Menschen mit ausländisch klingenden Namen werden bei Bewerbungen benachteiligt. Fast die Hälfte der Befragten mit zugeschriebenem Migrationshintergrund berichtet in einer Studie über Benachteiligungen am Arbeitsmarkt wegen ihrer Herkunft. Flüchtlinge sind in Deutschland massiver Ablehnung und Gewalt ausgesetzt. Im Jahr 2015 war der bisherige traurige Höhepunkt der Angriffe auf Geflüchtetenunterkünfte. In diesem Jahr wurden mehr als tausend Angriffe gezählt. Die rechtsextreme Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund, kurz NSU, ermordete neun Menschen aus rassistischen Motiven. Durch Bombenanschläge und Banküberfälle des NSU wurden zudem viele Menschen verletzt. Du kannst etwas verändern. Informiere dich und engagiere dich gegen Rassismus und Diskriminierung.