Low Context Culture - Hyperkulturell.de https://www.hyperkulturell.de Menschen, Kulturen, Vielfalt Tue, 19 Dec 2023 18:10:06 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.3.4 https://www.hyperkulturell.de/wp-content/uploads/2017/12/hk_h.png Low Context Culture - Hyperkulturell.de https://www.hyperkulturell.de 32 32 High Context Culture https://www.hyperkulturell.de/glossar/high-context-culture/ https://www.hyperkulturell.de/glossar/high-context-culture/#respond Mon, 27 Nov 2017 11:01:56 +0000 http://hyperkulturell.de/?post_type=glossary&p=2651 Der Begriff High Context Culture geht auf den eindimensionalen Kulturansatz des US-amerikanischen Anthropologen und Ethnologen Edward Twitchell Hall* zurück. Diesen stellte er 1976 in seinem Werk […]

The post High Context Culture first appeared on Hyperkulturell.de.

]]>
High Context CultureDer Begriff High Context Culture geht auf den eindimensionalen Kulturansatz des US-amerikanischen Anthropologen und Ethnologen Edward Twitchell Hall* zurück. Diesen stellte er 1976 in seinem Werk Beyond Culture vor. Darin bezieht sich Hall auf den starken und schwachen Kontextbezug der Kommunikation, mit besonderer Sicht auf die „Verständigung verschiedener Kulturen untereinander“ (Hall 1989, 105). Halls Konzeption der Kommunikation wurde von der kulturellen Anthropologie, Linguistik, Ethnologie und der freudianischen psychoanalytischen Theorie geprägt (vgl. Hall 1992).

Indirekte Kommunikation

High Context Culture steht für die indirekte Kommunikation (im Gegensatz zu Low Context Culture = direkte Kommunikation). In Kulturen, in denen die High Context-Kommunikation vorherrschend ist, benötigen die Sprecher vor allem Kontextinformationen über Individuen, um private oder geschäftliche Beziehungen aufnehmen zu können. Die Bekanntheit der zu kommunizierenden Themen wird vorausgesetzt und nicht direkt beim Namen genannt. Daher sind dem Sprecher nur wenig Details bekannt, da sich diese ansonsten störend auf die Kommunikation auswirken könnten. Das, was „nicht gesagt wurde, ist wichtiger oder ebenso wichtig, wie das, was gesagt wurde.“ (Hall 1989, 114) Metakommunikation ist in High Context Kulturen schwierig, weil sie als zu direkt wahrgenommen wird. Damit verlieren Kommunizierende ein wirksames Instrument, Konflikte zu klären. Das Mittel der Wahl ist dann die Metasensibilität.

Kulturen sind äußerst komplex. Sie umfassen eine Vielzahl von Elementen wie Traditionen, Sprache, Werte, Normen, Bräuche, Kunst, Musik, Religion, Kleidung, Essen und vieles mehr. Kulturen sind oft das Ergebnis einer langen Entwicklung über Generationen hinweg und variieren stark zwischen verschiedenen Regionen und Gemeinschaften. Die Vielfalt und Komplexität von Kulturen machen sie einerseits faszinierend und einzigartig – auf der anderen Seite erklärt sich daraus die Schwierigkeit, in einer High Context Culture angemessen zu kommunizieren.

Die Interpretation der zu vermittelten Nachricht ist stark kontextabhängig. Die Informationen werden nicht nur durch Worte, sondern auch durch Gesichtsausdruck, Körpersprache, besondere Umstände und Stimmlage zum Ausdruck gebracht. Ausschlaggebend für die Kommunikation ist besonders die Beziehung zwischen Sender und Empfänger (Alter, Geschlecht, Machtverhältnis), da die sprachlichen Mitteilungen nicht explizit ausgesprochen, sondern eher implizit gesagt werden (vgl. Hall 1989, 116). Für eine gelungene Kommunikation ist zu beachten, bestehende Konflikte zu lösen, da es nur wenig feste Regeln im Bereich dieser Kommunikation gibt. High Context Cultures sind z. B. Geschäftsbeziehungen, die insbesondere auf Vertrauen beruhen und sich dadurch nur langsam voran entwickeln.

Beispiele für die High Context Culture in Bezug auf die Kulturen sind:

  • asiatische Länder: Japan, Korea, China
  • lateinamerikanische Länder: Brasilien, Argentinien
  • südeuropäischen Länder: Spanien, Frankreich, Griechenland, Türkei

Beispiele für low context Kulturen hingegen sind die USA, Kanda, skandinavische Länder, Großbritannien oder auch Deutschland.

Sprache

Das Problem der Kontextualität verschärft sich v.a. dann, wenn verschiedensprachige Akteure aufeinandertreffen. Denn: Sprach ist in höchstem Maße kultur- und damit kontextaufgeladen. Ernst von Glasersfeld hat sich in einem Vortrag mit dem Titel „Zwischen den Sprachen“ dazu geäußert. Kurz gefasst geht von Glasersfeld davon aus, dass es prinzipiell unmöglich ist, einen anderen Menschen genau so zu verstehen, wie der seine sprachlichen Äußerungen gemeint hat. Wir können nur verstehen, was viabel ist, d.h., was zu uns und unseren Erfahrungen passt. Verstehen ist kein passives Aufnehmen, sondern ein aktiver Gestaltungsprozess. Das führt nicht selten zu Missverständnissen. Hierbei ist dann zuweilen die Rede von verlorenen und imaginierten Botschaften. Verloren ist, was nicht so ankommt, wie ich es gemeint habe. Imaginiert ist, was der andere versteht, obwohl es eben nicht so gemeint war.

Heinz von Foerster hat es einmmal radikal formuliert: „Der Hörer und nicht der Sprecher ist es, der die Bedeutung einer Aussage bestimmt.“ Warum ist das so – ist Sprache tatsächlich so unscharf, so missverständlich? Ludwig Wittgenstein, der österreichische Sprachphilosoph, hat Antworten auf diese Frage gefunden: „Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache.“ Diese Erkenntnis wird auch als die Gebrauchstheorie der Sprache bezeichnet. Ein Wort hat keine in ihm liegende Bedeutung, die unveränderlich wäre. Ein Wort ist kein Container, in dem ein bestimmter Wortsinn liegt, wenngleich diese Vorstellung weit verbreitet ist (vgl. Krippendorff, Der verschwundene Bote). „Sinn ist nicht, Sinn geschieht“, schreibt Helmut Geißner, ein deutscher Sprechwissenschaftler und meint damit, dass Sinn ko-konstruiert wird, also eine soziale Handlung ist. Heinz von Foerster zum Wesen von Sprache: „Sprache ist nicht, Sprache geschieht.“ Sprache ist eben nicht nur ein Instrument.

Sprache und Sprechen sind eine Handlung und selbst schon ein Inhalt, nicht nur eine Hülle. Sprache ist Sprache ist Sprache. Heinz von Foerster hat einmal von der „Autologik“ der Sprache geschrieben – wenn ich erklären möchte, was Sprache ist, muss ich Sprache verwenden, muss sprechen; wir laufen unserem Untersuchungsgegenstand also hinterher. Die Sprache ist uns immer einen Schritt voraus. Gleichwohl gibt es auch zahlreiche Situationen, in denen Sprache ziemlich klar ist, z.B. dann, wenn ich nach der Uhrzeit gefragt oder darum gebeten werde, jemandem etwas zu geben oder ein Fenster zu schließen. Unschärfe, Unsicherheit und Mehrdeutigkeiten gibt es aber auch hier, etwa durch die Art und Weise, wie etwas gesagt wird. 


*Edward Twitchell Hall Jr. war ein berühmter amerikanischer Anthropologe, der für seine Arbeiten im Bereich der interkulturellen Kommunikation und der Anthropologie des Raumes bekannt ist. Der am 16. Mai 1914 geborene Hall war bekannt für die Entwicklung von Konzepten wie der proxemischen Kommunikation, die die Untersuchung der Nutzung von Raum und Distanz in der zwischenmenschlichen Kommunikation umfasst.

Die Proxemik untersucht, wie Menschen in verschiedenen Kulturen und Kontexten ihren persönlichen Raum definieren, ihre Nähe zu anderen regulieren und welche Bedeutung sie bestimmten sozialen Interaktionen beimessen. Diese Konzepte umfassen Dinge wie intime Distanz (sehr nah, typisch für enge Beziehungen), persönlichen Raum (für Freunde und Familienmitglieder) und öffentlichen Raum (für formellere oder weniger vertraute Interaktionen). Das Studium der Proxemik hilft zu verstehen, wie Menschen nonverbale Signale interpretieren und auf sie reagieren, abhängig von der räumlichen Distanz zwischen ihnen und anderen Personen oder Objekten.

Seine Arbeiten, insbesondere sein Buch „The Hidden Dimension“ (1966), trugen dazu bei, das Bewusstsein für die Bedeutung von Raum und Kultur in der menschlichen Kommunikation zu schärfen. Er prägte auch die Begriffe „high-context“ und „low-context“ Kulturen, um die Unterschiede in den Kommunikationsweisen verschiedener Gesellschaften zu beschreiben.

Halls Arbeit war wegweisend für verschiedene Disziplinen wie Anthropologie, Soziologie und Kommunikationswissenschaft. Sein Fokus auf die Bedeutung kultureller Unterschiede bei der Interpretation von Raum und Kommunikation hat viele Forscher und Praktiker beeinflusst, insbesondere in den Bereichen interkulturelle Kommunikation und internationales Management.


Wozu es führen kann, wenn Nähe und Distanz (Proxemik, Verhalten im Raum) falsch eingeschätzt werden, wird an folgender wahrer Geschichte deutlich:

Reizwäsche?  (Indien)

Von diesem Vorfall erzählte mir eine Freundin, die im letzten Jahr durch Indien, Australien und Neuseeland gereist war. Der Vorfall ereignete sich in Indien.

Meine Bekannte machte damals Couchsurfing in Indien. Am besagten Tag schlief sie bei einem jungen Mann (etwa 24), der alleine in einer Wohnung wohnte.

Sie verstanden sich recht gut und sie machte sich keinerlei Sorgen, da er einerseits sehr nett zu ihr war und andererseits keinerlei romantische Annäherungsversuche unternahm.

Als sie allerdings abends ihren Schlafanzug angezogen hatte (eine lange Hose und ein langes Oberteil), wurde der junge Mann plötzlich sehr aufdringlich, versuchte, sie anzufassen und zu küssen. Meine Bekannte machte ihm mit Nachdruck klar, dass sie keinerlei Interesse an ihm habe. Sie wunderte sich sehr über sein Verhalten, da sie ihm das nicht zugetraut hätte.

Der junge Mann schien aus allen Wolken zu fallen und nachdem er sich wieder gesammelt hatte, erklärte er ihr, dass es in Indien vollkommen unüblich sei, sich vor einem Mann im Schlafanzug zu zeigen, es sei denn, man wolle mit ihm schlafen.

Quelle: https://www.amazon.de/Intercultural-stories-Menschliche-Begegnungen-lebensecht-ebook/dp/B084MM75KH

 

Hier geht es zum Überblick aller Lexikonartikel…

Literatur

Hall, Edward T. (1989): Beyond Culture. New York: Anchor Books.

https://en.wikipedia.org/wiki/High-context_and_low-context_cultures

 

Transkript zum Erklärfilm:

Die Einordnung einer Kultur als High Context Culture oder Low Context Culture ist abhängig davon, wie in dieser Kultur kommuniziert wird. High Context Culture steht für die indirekte Kommunikation. In High Context Cultures benötigen die Kommunikationsteilnehmenden Kontextinformationen: Die Informationen werden nicht nur durch Worte, sondern auch durch Gesichtsausdruck, Körpersprache und Stimmlage zum Ausdruck gebracht. Ausschlaggebend für die Kommunikation ist besonders die Beziehung zwischen Sprechenden und Hörenden, da die eigentlichen Botschaften nicht explizit ausgesprochen, sondern eher implizit gesagt werden. Low Context Cultures hingegen sind Kulturen, in denen tendenziell wenig Hintergrundinformationen benötigt werden, um angemessen kommunizieren zu können. Menschen, die sich weniger in dieser Sprache und Kultur auskennen, können diese leichter verstehen und zu Kommunikationszwecken zu nutzen. Allerdings sind Low Context Cultures dadurch auch weniger ökonomisch, da es länger dauert, Dinge auszudrücken.

The post High Context Culture first appeared on Hyperkulturell.de.

]]>
https://www.hyperkulturell.de/glossar/high-context-culture/feed/ 0
Low Context Culture https://www.hyperkulturell.de/glossar/low-context-culture/ https://www.hyperkulturell.de/glossar/low-context-culture/#respond Mon, 27 Nov 2017 11:02:06 +0000 http://hyperkulturell.de/?post_type=glossary&p=2653 Ein Kontext bezeichnet die „Umstände, unter denen ein Ereignis, eine Situation oder eine Idee verstanden wird.“ (vgl. Oxford Dictionary 2018) Das Wort stammt aus dem Lateinischen […]

The post Low Context Culture first appeared on Hyperkulturell.de.

]]>

Ein Kontext bezeichnet die „Umstände, unter denen ein Ereignis, eine Situation oder eine Idee verstanden wird.“ (vgl. Oxford Dictionary 2018) Das Wort stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „zusammenflicken“ oder „eine Verbindung herstellen“ (Kittler et al. 2005, 67). Hiervon leitet sich der Begriff der Low Context Culture ab. Er bezeichnet eine Kultur, zu deren Verständnis tendenziell wenig Hintergrundinformationen benötigt werden, um sich angemessen verhalten zu können. Es geht also um eine Kultur, in der sich leicht Verbindungen zwischen Informationen herstellen lassen. Low Context Culture steht in engem Zusammenhang mit dem Begriff High Context Culture.

Hintergrund: Sprache und mentale Konzepte

Geprägt wurde das Konzept der Low Context Culture von Edward Hall*. Er geht von Sprache als ‚Vermittlungsweg‘ zwischen Mensch und Außenwelt aus. Da der Mensch täglich eine Vielzahl verschiedener Informationen aufnimmt, muss er sich bestimmter mentaler Systeme bedienen, die er sich im Laufe seiner Kindheit und seines weiteren Lebens durch das Elternhaus und die Umwelt angeeignet hat. Dies ist wichtig, um in täglichen Interaktionen möglichst schnell viele Informationen aufnehmen, kategorisieren und interpretieren zu können. Das bereits vorhandene Wissen wird hierbei stets mit neu hinzukommenden Informationen verknüpft. Die Einbettung in das bereits vorhandene Wissen ist als Kontextualisierung zu verstehen. Hofstede und Hofstede sprechen in diesem Zusammenhang auch von einer „Software of the mind“ – einem mentalen Programm, das die eigenen Denk-, Gefühls- und Handlungsmuster prägt (vgl. Hofstede/ Hofstede 2005, 3).

Die Weitervermittlung gedanklicher Konzepte kann auch als Code bezeichnet werden. Besitzt eine Kultur einen sehr ausgeprägten Code, in dem vieles internalisiert sein muss, um den Kontext zu verstehen, wird von einer High Context Culture gesprochen. Hierzu zählen beispielsweise die Kultur Chinas und Japans, da allein zum Verstehen und Erkennen der Schriftsprache ein gewisses Wissen in Geschichte und Natur sowie in der Phonetik von Wörtern benötigt wird.

Bei einer Low Context Culture hingegen, wie sie z. B. in den USA, Deutschland und Skandinavien zu finden ist, findet eine weitaus explizierte Kommunikation statt (vgl. Hall 1976, 91 f.). Die dortigen Sprachen sind flexibler und wechselhafter in Phonetik, Vokabular und Syntax und daher weitaus anpassungsfähiger. Dies macht es für Menschen, die weniger elaboriert in dieser Sprache und Kultur sind, einfacher, diese zu verstehen und zu Kommunikationszwecken zu nutzen. Die Verantwortung für erfolgreiche Kommunikation ist somit mehr auf die einzelnen Individuen verteilt. Allerdings sind Low Context Cultures dadurch auch weniger ökonomisch, da es länger dauert, Dinge auszudrücken (vgl. Hall 1976, 113 f.).

Kultur als Auswahlprozess

In seinem Werk Beyond Culture sagt Hall hierzu: „One of the functions of culture is to provide a highly selective screen between man and the outside world.“ (Hall 1976, 85) Für Hall ist eine Kultur demnach die Auswahl der Dinge, auf die wir unsere Aufmerksamkeitsprozesse lenken, die wir auf der anderen Seite aber auch (bewusst oder unbewusst) ausblenden oder ignorieren. Wie unsere Aufmerksamkeitsprozesse gelenkt werden, hängt vom Subjekt oder der Aktivität, der Situation, dem eigenen Status im sozialen System, vergangenen Erfahrungen und der allgemeinen Kultur ab (vgl. Hall 1976, 87). Je wichtiger der Kontext ist, um eine Kultur zu verstehen, desto höher ist das Bewusstsein für diese selektiven Auswahlprozesse.

Der Begriff der Kultur wird heute vor allem für die gesellschaftliche Kultivierung benutzt und bezieht sich beispielsweise auf Bereiche wie Bildung, Literatur und Kunst. Wird Kultur als eine mentale Software gedacht, bezieht es jedoch auch besonders die mentalen Konzepte des Denkens, Fühlens und Verhaltens mit ein (vgl. Hofstede/ Hofstede 2005, 3). Hierzu gehören beispielsweise kleinere typische Verhaltensweisen wie Begrüßungen, Essgewohnheiten oder Hygiene-Standards, aber auch die Fähigkeit, verschiedene Emotionen wie Scham, Liebe, Freude, Trauer etc. zu fühlen und zum Ausdruck zu bringen (vgl. Hofstede/ Hofstede 2005, 4 f.).

Kultur als kollektives Phänomen

Laut Hofstede und Hofstede sind die vier Aspekte der Symbole, Helden, Rituale und Werte die entscheidendsten für eine bestimmte Kultur. Hierzu gehören Kategorien wie Nation, Religion, Gender, Generation und soziale Klasse. Sie werden schon früh manifestiert und reproduzieren sich von Generation zu Generation weiter (vgl. Hofstede/ Hofstede 2005, 9 f.): „Culture is always a collective phenomenon, because it is at least partly shared with people who live or lived within the same social environment rather than from one´s genes.“  (Deutsch: „Kultur ist immer ein kollektives Phänomen, weil es zumindest teilweise mit Menschen geteilt wird, die im gleichen sozialen Umfeld leben oder gelebt haben, anstatt in den Genen zu liegen.“) (Hofstede/ Hofstede 2005, 4) Kultur ist also abhängig vom äußeren Umfeld und nicht von Vererbung.

Halls Einteilung in High und Low Context Culture hat besonders in letzter Zeit Kritik erfahren. Kritisiert wird eine Bipolarisation, eine Übergeneralisierung und ein geringes Maß an empirischen Belegen. Außerdem wird das Konzept von einigen Seiten als überholt kritisiert, da wir uns in einem zunehmend globalisierten und schnell wandelbaren Zeitalter befinden (vgl. Kittler et al. 2005, 67).

Die Kritik an Halls Einteilung in High und Low Context Culture lässt sich in den folgenden Punkten zusammenfassen:

1. Vereinfachung: Halls Einteilung der Kulturen in High und Low Context Culture wird als zu vereinfachend angesehen. Es wird argumentiert, dass es in der Realität viele verschiedene kulturelle Kontexte gibt, die nicht einfach in zwei Kategorien eingeteilt werden können. Kultur ist ein komplexes Gebilde und kann nicht nur auf Merkmale wie explizite oder implizite Kommunikation reduziert werden.

2. Kulturalismus: Ein weiterer Kritikpunkt ist der Vorwurf des Kulturalismus. Halls Klassifikation basiert auf der Annahme, dass bestimmte Merkmale einer Kultur allen Mitgliedern dieser Kultur inhärent sind. Dies kann zu Stereotypisierungen und einer Überbetonung kultureller Unterschiede führen. Kritiker argumentieren, dass kulturelle Unterschiede nicht fest und unveränderlich sind, sondern sich im Laufe der Zeit und in verschiedenen Kontexten entwickeln.

3. Generalisierung: Hall präsentiert seine Klassifikation als allgemeingültig für alle Kulturen. Die Kritik zielt darauf ab, dass eine solche Verallgemeinerung nicht möglich ist. Kulturelle Unterschiede können zwischen verschiedenen Regionen, sozialen Gruppen und Individuen innerhalb einer Kultur bestehen. Es gibt keine homogene „High Context Culture“ oder „Low Context Culture“. Kulturelle Kontexte können sich auch gegenseitig beeinflussen und verändern.

4. Kausaler Zusammenhang: Halls Klassifikation impliziert einen kausalen Zusammenhang zwischen dem kulturellen Kontext und dem Verhalten von Menschen. Es wird argumentiert, dass kulturelle Kontexte nicht direkt das Verhalten und die Kommunikation von Individuen bestimmen, sondern dass es viele andere Faktoren gibt, die das Verhalten beeinflussen, wie z.B. individuelle Persönlichkeitsmerkmale oder spezifische soziale Situationen.

 

*Edward T. Hall war ein amerikanischer Anthropologe und Soziologe, der für seine Beiträge zur interkulturellen Kommunikation und zur Raumforschung bekannt ist. Er wurde am 16. Mai 1914 in Webster Groves, Missouri, geboren und starb am 20. Juli 2009 in Santa Fe, New Mexico. Hall erwarb seinen Bachelor in Anthropologie an der University of Denver und seinen Master an der University of Arizona. Später promovierte er an der Columbia University in Anthropologie. Im Laufe seiner Karriere beschäftigte sich Hall intensiv mit dem Einfluss des Raumes auf das menschliche Verhalten. Er entwickelte das Konzept der „Proxemik“ oder der Erforschung der menschlichen Raumnutzung und nonverbalen Kommunikation. Dieses Konzept hat zu einem besseren Verständnis der kulturellen Bedeutung räumlicher Dimensionen und Interaktionen beigetragen. Hall schrieb mehrere Bücher, darunter „The Silent Language“ (1959), „Hidden Dimension“ (1966) und „The Dance of Life“ (1983). Er betonte die Bedeutung des kulturellen Kontextes für die Kommunikation und zeigte auf, wie Missverständnisse durch unterschiedliche Raumvorstellungen und nonverbale Signale entstehen können. Edward T. Hall war einer der Pioniere auf dem Gebiet der interkulturellen Kommunikation und hat maßgeblich zur Entwicklung dieses Forschungsfeldes beigetragen. Seine Arbeit ist auch heute noch von großer Relevanz und wird in den Sozialwissenschaften und in der Organisationsentwicklung nach wie vor genutzt.

 

Teste Dein Wissen zu Low Context Culture – hier geht’s zum Lückentext.

 

Hier geht es zum Überblick aller Lexikonartikel…

 

Literatur

Hall, Edward T. (1976): Beyond Culture. New York: Anchor Books.

Hofstede, Geert/ Hofstede, Gert Jan (2005): Cultures and Organizations. Software of the Mind. Intercultural Cooperation and its Importance for Survival. New York: Mc Graw-Hill.

Kittler, Markus G./ Rygl, David/ Mackinnon, Alex (2011): Beyond Culture or Beyond Control? Reviewing the Use of Hall´s High-/Low-Context Concept. In: International Journal of Cross Cultural Management 11 (1). Stirling/ Erlangen-Nürnberg, 67. http://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1177/1470595811398797?journalCode=ccma [28.06.2018].

Oxford Dictionary. „Culture“. https://en.oxforddictionaries.com/definition/culture [25.06.2018].

Definition high context & low context Kommunikation | IKUD

 

Transkript zum Erklärfilm

Die Einordnung einer Kultur als High Context Culture oder Low Context Culture ist abhängig davon, wie in dieser Kultur kommuniziert wird. High Context Culture steht für die indirekte Kommunikation. In High Context Cultures benötigen die Kommunikationsteilnehmenden Kontextinformationen. Die Informationen werden nicht nur durch die Worte, sondern auch durch Gesichtsausdruck, Körpersprache und Stimmlage zum Ausdruck gebracht. Ausschlaggebend für die Kommunikation ist besonders die Beziehung zwischen Sprechenden und Hörenden, da die eigentlichen Botschaften nicht explizit ausgesprochen, sondern eher implizit gesagt werden. Low Context Cultures hingegen sind Kulturen, in denen tendenziell wenig Hintergrundinformationen benötigt werden, um angemessen kommunizieren zu können. Menschen, die sich weniger in dieser Sprache und Kultur auskennen, können diese leichter verstehen und zu Kommunikationszwecken benutzen. Allerdings sind Low Context Cultures dadurch auch weniger ökonomisch, da es länger dauert, Dinge auszudrücken.

The post Low Context Culture first appeared on Hyperkulturell.de.

]]>
https://www.hyperkulturell.de/glossar/low-context-culture/feed/ 0