Yin und YangYin und Yang sind zentrale Begriffe der chinesischen Philosophie, mit denen zwei entgegengesetzte und gleichsam miteinander verbundene Pole zum Ausdruck gebracht werden. Es handelt sich dabei um die Beschreibung universell gültiger Energien, Kräfte und Prinzipien.

Das Yin bezeichnet die dunkle, weibliche, oftmals negativ konnotierte Kraft, während das Yang für die helle, männliche, traditionell positiv konnotierte Kraft steht. Trotz dieses Gegensatzes oder gerade deswegen, ergänzen sie sich gegenseitig. Diese synthetische Komponente haben alle symbolischen Variationen gemeinsam, denn die Grundform bildet immer ein Kreis, indem sich eine helle und eine dunkle Seite spiralförmig ineinanderschlingen. Die heute bekannteste Form, in der jeweils ein Punkt der anderen Farbe innerhalb der Spiralen gesetzt wird, wird als Taiji-Symbol (auch Tai Chi) bezeichnet.

Multikulturelle Dimension und naturphilosophischer Hintergrund

Ursprünglich stammt das Yin-Yang-Symbol aus der chinesischen Naturphilosophie des Daoismus. Es wurde allerdings auch vom Neukonfuzianismus übernommen und lässt sich zusätzlich in keltischen, etruskischen und römischen Zeichen erkennen. Die chinesische Naturphilosophie ist ein weites Feld philosophischen Denkens, das sich in China über Jahrhunderte hinweg entwickelt hat. Es umfasst eine Vielzahl von Konzepten und Denkweisen, die die Beziehung der Menschheit zur Natur, zum Universum und zu den Grundprinzipien der Existenz erforschen. Einige Schlüsselkonzepte sind:

1. Yin und Yang: Dieses Konzept beschreibt die dualistische Natur des Universums, in der Gegensätze wie dunkel und hell, weiblich und männlich miteinander in Beziehung stehen.
2. Tao: Tao bezieht sich auf den Weg oder die Ordnung des Universums. Es ist schwierig, ihn genau zu definieren, da er tiefgreifende Konzepte der Ordnung der Natur, des Lebensflusses und des harmonischen Funktionierens der Welt umfasst.
3. Chi: Chi ist die Lebensenergie oder Vitalität, die alles im Universum durchdringt. Das Gleichgewicht und der harmonische Fluss des Qi gelten als entscheidend für Gesundheit und Wohlbefinden.
4. Fünf Elemente (Wu Xing): Diese Lehre postuliert, dass alles in der Welt aus fünf grundlegenden Elementen besteht – Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser – die miteinander interagieren und sich gegenseitig beeinflussen.
5. Konfuzianismus und Daoismus: Diese beiden philosophischen Strömungen haben stark die chinesische Naturphilosophie geprägt. Der Konfuzianismus betont die soziale Ordnung, Hierarchie und moralische Entwicklung, während der Daoismus eine Rückkehr zur Natur, Spontaneität und ein Leben im Einklang mit dem Dao anstrebt.

Die chinesische Naturphilosophie ist nicht nur ein akademisches Konzept, sondern hat auch Auswirkungen auf viele Aspekte des chinesischen Lebensstils, der Medizin, der Kunst und des täglichen Lebens. Es betont die tiefe Verbundenheit des Menschen mit der Natur und sein harmonisches Zusammenleben mit den natürlichen Prinzipien des Universums. (vgl. auch https://religion-in-japan.univie.ac.at/an/Denken/Yin_und_Yang und Aihe Wang: Yinyang wuxing. In: Encyclopedia of Religion. Band 14, S. 9887–9890)

Bedeutung

Durch die Einheit, die Yin und Yang im Kreis bilden, symbolisieren sie traditionell einen ewigen Kreislauf von wechselnden positiven und negativen Kräften. Wenn Yin steigt, sinkt Yang und umgekehrt. Anhand dieser Wandlungsmetaphorik wurden u.a. veränderte Naturphänomene erklärt. Ethisch versinnbildlicht dieses Verhältnis das Prinzip des mittleren Maßes. Dabei handelt es sich um eine Lebensweise, die Genügsamkeit und ein rücksichtsvolles Miteinander anstrebt, wodurch ihr sowohl das hedonistische als auch das asketische Verhalten gänzlich fern liegen. (vgl. Forke, S. 113)

Hier geht es zum Überblick aller Lexikonartikel…

 

Literatur

Forke, Alfred (1927): Die Gedankenwelt des chinesischen Kulturkreises. München.

Metzler Lexikon Philosophie: Yin und Yang. In: Spektrum https://www.spektrum.de/lexikon/philosophie/y-n-yang/2255

 


Wahre interkulturelle Begebenheiten werden in dem Buch Intercultural stories: Menschliche Begegnungen aus aller Welt – lustig, lehrreich, lebensecht  geschildert; hier Auszüge: 

Falsches Signal

Ein guter Bekannter von mir arbeitet für eine Firma, die Transportsysteme wie beispielsweise Rollbehälter entwickelt und herstellt. Dabei ist er unter anderem auch für den chinesischen Markt verantwortlich. Vor ein paar Jahren unternahm mein Bekannter daher eine Geschäftsreise nach China, um Kunden des Unternehmens zu treffen. Während dieser Reise war auch ein Mittagessen mit den Geschäftspartnern vorgesehen. Die gesamte Gruppe suchte daher mittags ein Restaurant auf.

Im Gegensatz zu allen anderen aß mein Bekannter seinen Teller komplett auf. Alle anderen ließen einen kleinen Rest auf ihrem Teller zurück, was ihn zunächst wunderte, doch er machte sich keine weiteren Gedanken darüber. Obwohl mein Bekannter sehr gesättigt war, wurde ihm ohne Nachfrage ein neuer Teller gebracht. Er aß weiter, da er nicht unhöflich wirken wollte, schaute aber etwas unglücklich in die Runde. Einer der Geschäftspartner, der sich auch ein wenig mit der europäischen Kultur auskannte, sah ihm seine Verzweiflung an und sagte, er könne aufhören zu essen, wenn er satt sei.

Ein Zeichen der Höflichkeit

An unserem ersten Abend in China gingen wir zu viert essen. Auf einer runden Platte in der Tischmitte wurden vier verschiedene Speisen serviert. Nachdem wir eine Weile hilflos versuchten, mit Stäbchen zu essen, fragte ein Mitglied unserer Gruppe nach Besteck – mittels des Wortes Bitte auf Chinesisch und einer Zeichnung von Besteck. Die Bedienung verstand sofort, nickte und lächelte. Kurz darauf brachte sie uns normales Besteck, sodass wir erfreut weiter essen konnten.

Dann fragten wir mit den Worten Bitte und Reis auf Chinesisch freundlich nach Reis. Die Kellnerin lächelte und nickte. Nach einiger Zeit waren die ersten Platten geleert. Überraschenderweise wurde eine neu gefüllte Platte gebracht. Der Reis war aber immer noch nicht da. Abermals fragten wir nach dem Reis. Die Kellnerin nickte und lächelte wieder. Wir nahmen an, dass sie es vergessen hatte und uns den Reis gleich bringen würde. Da wir nur vier Gerichte bestellt hatten, versuchten wir zu verdeutlichen, die volle Platte nicht bestellt zu haben. Unser Versuch, diese an die Kellnerin zurückzugeben, führte dazu, dass man das Gericht gegen ein anderes austauschte. Wir beschlossen, uns nicht weiter mit diesem Missverständnis herumzuschlagen und aßen weiter.

Auch die zweite geleerte Platte wurde gegen eine neue ausgetauscht. Wir entschieden uns, auch dieses Gericht nicht mehr zu essen, da wir keine sechs Gerichte bestellt hatten und diese auch nicht bezahlen wollten. Nachdem wir völlig satt waren, brachte man uns endlich den Reis. Es standen nun noch drei gefüllte Teller auf dem Tisch, die wir nicht angerührt hatten. Auch ein Nachtisch wurde gebracht, welchen wir aber stehen ließen. Die Bedienung reagierte verwirrt, als wir den Nachtisch ignorierten. Wider Erwarten mussten wir nur die vier ursprünglich bestellten Gerichte bezahlen.

Der Reiseleiter erklärte uns, dass es in China üblich sei, als Zeichen des Sattseins etwas auf den Tellern liegen zu lassen. Ansonsten werde in guten Restaurants Nachschub gebracht. Wir aßen die Teller allerdings aus Zeichen der Höflichkeit komplett leer.

… sieben, acht, neun, Kreuz

Während meines Chinaurlaubes wollte ich eine Stange Zigaretten (10 Packungen) in einem kleinen Einkaufsmarkt erwerben. Die Verkäuferin sprach nur Chinesisch, sodass unsere Kommunikation ausschließlich auf Mimik und Gestik beruhen konnte, da ich der chinesischen Sprache nicht mächtig bin. Es dauerte recht lange, bis ich mich verständlich gemacht hatte, welche Zigarettenmarke ich haben wollte. Allerdings legte sie mir nur eine Schachtel heraus und verstand nicht, dass ich mehrere haben wollte. Ich zeigte ihr meine beiden Hände mit zehn ausgestreckten Fingern. Dies schien sie jedoch auch nicht zu verstehen.

Während des Aufenthaltes hatte ich einige Wörter aufschnappen können, unter anderem auch yāo, liǎng, sān(eins, zwei, drei). So versuchte ich, auf Chinesisch bis drei zu zählen, in dem klaren Wissen, dass ich es höchst wahrscheinlich nicht richtig aussprechen konnte, aber in der Hoffnung, dass sie mich trotzdem verstehen würde. Dabei zeigte ich auf meine einzelnen Finger. Die Frau sah mich nur verwirrt an und ich wusste mir auch nicht mehr zu helfen. So schaute ich sie fragend an, ob ich mir die Zigaretten hinter der Theke selber holen dürfe, was sie bejahte. Dementsprechend konnte ich kurz hinter die Verkaufstheke gehen und mir zehn Packungen holen. Die Frau lachte danach und zeigte mir mit ihren beiden Zeigefingern ein Kreuz. Später erfuhr ich, dass Chinesen die Zahlen eins bis neun nur mit einer Hand formen und die zehn ein Kreuz darstellt.

Der Ton macht die Musik

Mein Onkel ist mit einer Chinesin verheiratet. Er erzählt oft die Geschichte, wie die beiden frisch verheiratet eine Reise nach China unternahmen und er in Peking das erste Mal seine Schwiegereltern kennen lernte. Er war sehr aufgeregt und lernte im Vorfeld eine Begrüßungsfloskel auf Chinesisch auswendig. In dem Satz, den er sich zurechtgelegt hatte, kam das chinesische Wort für Mutter („ma“) vor. Die aus einfacheren Verhältnissen stammende ältere Dame wirkte nach dieser ersten Begrüßung jedoch seltsam steif und distanziert.

Als mein Onkel sich kurz darauf einen Moment mit seiner Frau unter vier Augen austauschen konnte, sagte sie ihm amüsiert, dass er das Wort „ma“ völlig falsch betont hatte. Das Wort habe je nach Aussprache neben der Bedeutung „Mutter“ auch noch die Bedeutung „Pferd“.

Messer, Gabel? Stäbchen!

Eine Freundin berichtete mir von ihrer ersten Klassenfahrt in der Grundschule. Eine ihrer Klassenkameradinnen aß am ersten Tag beim Mittagessen gar nichts, mit der Begründung, sie habe keinen Hunger. Als sie jedoch am Folgetag Anzeichen machte, wieder nichts zu sich zu nehmen, schaltete sich die Lehrerin ein und fragte, ob es ihr nicht gut gehe. Daraufhin traten dem Mädchen Tränen in die Augen. Die Lehrerin machte sich große Sorgen und befürchtete großes Heimweh oder gar eine Krankheit. Schließlich stellte sich jedoch heraus, dass die Schülerin, deren Familie aus China stammte, schlicht und ergreifend noch nie im Leben mit Messer und Gabel gegessen hatte. Zu Hause aß die Familie ausschließlich mit Stäbchen. Aus Angst, sich vor den Klassenkameraden zu blamieren und als ungeschickt dazustehen, hatte dasMädchen sich nicht getraut, etwas zu essen.

17. August 2020

Yin und Yang

Yin und Yang sind zentrale Begriffe der chinesischen Philosophie, mit denen zwei entgegengesetzte und gleichsam miteinander verbundene Pole zum Ausdruck gebracht werden. Es handelt sich dabei […]