Kolonialismus ist eine historische Praxis, die sich auf die politische, wirtschaftliche und kulturelle Kontrolle eines Landes oder Gebiets durch eine fremde Macht bezieht. Im Allgemeinen bezieht sich der Begriff auf die Ausdehnung der europäischen Mächte auf andere Kontinente und Länder, insbesondere in Afrika, Asien, dem Nahen Osten und Amerika im 16. bis 20. Jahrhundert.

Die Kolonialmächte nutzten ihre militärische Überlegenheit und Technologie, um die einheimischen Bevölkerungen zu unterwerfen und zu kontrollieren. Dabei wurden oft Ressourcen wie Land, Mineralien und Rohstoffe ausgebeutet. Die Einheimischen wurden gezwungen, für die Kolonialmächte zu arbeiten oder in ein System der Abhängigkeit gezwungen.

Der Kolonialismus hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Strukturen der besetzten Länder und Völker, die bis heute spürbar sind. Der Kolonialismus führte auch zu vielen Konflikten und Spannungen, die bis heute anhalten, insbesondere in Ländern mit multiethnischen und multikulturellen Gesellschaften.

Europäischer Ursprung  

Der Kolonialismus begann im 16. Jahrhundert, als die europäischen Staaten begannen, Überseeterritorien zu erobern und zu kolonisieren. Diese Expansion wurde durch Technologie und wirtschaftliche Motive angetrieben, die zu diesem Zeitpunkt in Europa entstanden waren. Die europäischen Länder sahen in den Ländern, die sie eroberten, oft wertvolle Rohstoffe, wie z.B. Gold, Silber, Baumwolle oder Gewürze, sowie lukrative Handelsmöglichkeiten.

Während des Kolonialismus wurden die besetzten Gebiete oft von einer kleinen Anzahl von Kolonialherren regiert, die von der Kolonialmacht entsandt wurden, um die einheimischen Bevölkerungen zu kontrollieren. Diese Herren übten ihre Macht in der Regel autoritär aus und nutzten oft Gewalt, um ihre Macht zu festigen. Die Besatzungsmächte führten oft auch neue Rechts- und Verwaltungssysteme ein, die auf ihren eigenen Gesetzen und Normen basierten und nicht unbedingt auf den Bedürfnissen und Traditionen der einheimischen Bevölkerung beruhten.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Kolonialismus waren oft schwerwiegend. Die besetzten Länder wurden oft gezwungen, ihre Ressourcen an die Kolonialmächte zu verkaufen, oft zu niedrigen Preisen. Viele einheimische Menschen wurden in eine Art Zwangsarbeit gezwungen, um in Bergwerken, Plantagen oder Fabriken zu arbeiten. Dadurch wurden viele lokale Wirtschaftszweige zerstört, und die besetzten Länder wurden zu Rohstoffexporteuren, ohne dass eine eigene Industrie aufgebaut wurde.

Der Kolonialismus hatte auch tiefgreifende Auswirkungen auf die Kultur und Identität der besetzten Länder. Die Kolonialmächte drängten oft ihre eigene Sprache, Religion und Kultur auf, und versuchten oft, die Kultur und Traditionen der besetzten Länder zu unterdrücken. Dies führte oft zu einem Verlust des kulturellen Erbes und zu einem Verlust der kulturellen Identität in den besetzten Ländern.

Der Kolonialismus hat auch zu vielen Konflikten und Spannungen geführt, die bis heute andauern. In vielen Ländern, die einst unter Kolonialherrschaft standen, gibt es noch immer ethnische und religiöse Konflikte, die auf die koloniale Vergangenheit zurückzuführen sind. Darüber hinaus hat der Kolonialismus auch zur Schaffung von Staatsgrenzen geführt, die oft nicht auf den tatsächlichen ethnischen oder kulturellen Grenzen basieren, was zu weiteren Konflikten und Spannungen führen kann.

Insgesamt hat der Kolonialismus eine Vielzahl von Auswirkungen auf die besetzten Länder und Völker gehabt, die bis heute spürbar sind. Der Versuch, die kolonialen Schäden zu reparieren, ist ein komplexer Prozess, der oft politisch und wirtschaftlich schwierig ist.

Beispiele

Es gibt viele Beispiele für Kolonialismus in der Geschichte, hier sind einige der bekanntesten:

1. Die Eroberung Amerikas durch europäische Mächte wie Spanien, Portugal und Großbritannien im 15. bis 18. Jahrhundert. Die Eroberung führte zur Ausbeutung der indigenen Bevölkerung, zur Einführung neuer Religionen und Kulturen und zur Gründung von Kolonien, die von europäischen Mächten regiert wurden.

2. Der Sklavenhandel im 17. und 18. Jahrhundert, bei dem europäische Mächte Millionen von Menschen aus Afrika verschleppten und als Sklaven in den Amerikas und der Karibik verkauften. Dies führte zur Versklavung von Millionen von Menschen und zur Zerstörung vieler afrikanischer Gesellschaften.

3. Die Teilung Afrikas durch europäische Mächte im späten 19. Jahrhundert, als sie Gebiete auf dem afrikanischen Kontinent willkürlich unter sich aufteilten. Dies führte zur Einrichtung von Kolonien in Afrika und zur Unterwerfung der afrikanischen Bevölkerung.

4. Die britische Kolonialisierung Indiens im 19. Jahrhundert, die zur Ausbeutung der indischen Bevölkerung, zur Zerstörung der lokalen Wirtschaft und zur Einführung britischer Gesetze und Regierungsformen führte.

5. Die französische Kolonialisierung von Indochina (heute Vietnam, Laos und Kambodscha) im 19. und 20. Jahrhundert, die zur Ausbeutung der lokalen Bevölkerung und zur Einführung französischer Gesetze und Regierungsformen führte.

6. Die amerikanische Kolonialisierung der Philippinen im späten 19. Jahrhundert, die zur Unterwerfung der philippinischen Bevölkerung und zur Einführung amerikanischer Gesetze und Regierungsformen führte.

Diese sind nur einige Beispiele für Kolonialismus in der Geschichte, es gab jedoch viele weitere Kolonialisierungen, die Auswirkungen auf die besetzten Länder und Völker hatten.

England

Die Frage, wie England mit seiner Kolonialgeschichte umgeht, ist in den letzten Jahren zu einem wichtigen Thema geworden. Es gibt in Großbritannien eine wachsende Debatte darüber, wie man mit der kolonialen Vergangenheit umgehen soll und wie man die Verbrechen und Ausbeutungen, die während der Kolonialzeit begangen wurden, anerkennen und angehen kann.

In den letzten Jahren haben mehrere Initiativen und Kampagnen dazu beigetragen, das Bewusstsein für die Kolonialgeschichte Großbritanniens zu schärfen und die Diskussion darüber anzufeuern. Zum Beispiel hat eine Kampagne namens „Rhodes Must Fall“ gefordert, dass das Denkmal des Kolonialisten Cecil Rhodes an der Universität Oxford entfernt wird, da er während der Kolonialzeit Verbrechen begangen hat. Ähnliche Bewegungen gibt es auch in anderen Teilen des Landes, wie zum Beispiel bei der Entfernung von Denkmälern für Sklavenhändler.

Es gibt auch Bemühungen, die Geschichte des Kolonialismus besser in den Lehrplan der Schulen zu integrieren. Einige Schulen haben bereits begonnen, die Geschichte des Kolonialismus und der Sklaverei in ihre Lehrpläne aufzunehmen, um das Verständnis der Schülerinnen und Schüler für die komplexe Vergangenheit des Landes zu verbessern.

Allerdings gibt es auch Kritik an der Art und Weise, wie England mit seiner Kolonialgeschichte umgeht. Einige argumentieren, dass die Anerkennung der Verbrechen der Kolonialzeit nicht ausreichend ist und dass konkrete Maßnahmen zur Entschädigung und Wiedergutmachung erforderlich sind.

Insgesamt bleibt die Frage, wie England mit seiner Kolonialgeschichte umgehen soll, ein kontroverses und umstrittenes Thema, das weiterhin viel Diskussion und Debatte hervorrufen wird.

Deutschland

Deutschland hatte zwischen 1884 und 1919 eine kurze, aber intensive Kolonialgeschichte. Während dieser Zeit besaß das Deutsche Reich Kolonien in Afrika, Asien und Ozeanien.

Die deutschen Kolonien in Afrika umfassten das heutige Tansania, Ruanda, Burundi, Kamerun, Togo und Namibia. In Asien besaß das Deutsche Reich Kolonien in China und der heutigen Türkei, während Deutsch-Neuguinea Teil von Ozeanien war.

Während der Kolonialzeit waren die Deutschen in den besetzten Gebieten auf verschiedene Arten aktiv. Sie nutzten die Gebiete für den Anbau von Cash Crops wie Kaffee und Kakao, um ihre Wirtschaft zu unterstützen, und nutzten die Ressourcen der Länder, um ihre Industrie zu versorgen. Sie führten auch Zwangsarbeit ein und zwangen die Einheimischen zur Arbeit in den Minen und Plantagen.

Es gab auch Fälle von Gewalt gegen die Einheimischen, insbesondere in Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia), wo es zu einem Völkermord an den Herero und Nama kam. Die deutsche Kolonialregierung führte auch eine Politik der Assimilation und Unterdrückung der einheimischen Kulturen und Sprachen ein.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches verlor Deutschland seine Kolonien im Rahmen des Versailler Vertrags. Die Folgen der deutschen Kolonialzeit sind bis heute spürbar, und es gibt Bestrebungen, die Verbrechen der Kolonialzeit aufzuarbeiten und für Wiedergutmachung und Versöhnung zu sorgen.

Aufarbeitung

Die Geschichte des Kolonialismus ist ein komplexes und umfangreiches Thema, und es gibt viele Debatten darüber, ob sie vollständig aufgearbeitet wurde. In den letzten Jahrzehnten haben jedoch Regierungen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Aktivisten und Aktivistinnen eine umfangreiche Arbeit geleistet, um die Geschichte des Kolonialismus aufzuarbeiten und seine Auswirkungen auf die betroffenen Länder und Menschen zu verstehen.

In einigen Ländern haben Regierungen offizielle Entschuldigungen und Wiedergutmachungen für die Verbrechen der Kolonialzeit angeboten. Ein Beispiel dafür ist die Entschuldigung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron im Jahr 2018 für Frankreichs Rolle bei der Unterdrückung und Gewalt während der Kolonialzeit in Algerien.

In der akademischen Welt haben Historikerinnen und Historiker die koloniale Geschichte neu bewertet und die Rolle von Kolonialismus, Sklaverei und Rassismus bei der Bildung der modernen Welt betont. Die Postkoloniale Theorie hat dazu beigetragen, das Denken über Kolonialismus zu verändern und die Bedeutung von Diskurs, Macht und Identität in der kolonialen Beziehung zu betonen.

Aktivisten und Aktivistinnen haben ebenfalls zur Aufarbeitung der Kolonialgeschichte beigetragen. Zum Beispiel haben Bewegungen für die Rückgabe von gestohlenem Kulturgut und Artefakten, die während der Kolonialzeit aus den besetzten Gebieten entführt wurden, internationale Aufmerksamkeit erregt und dazu beigetragen, die Erinnerung an die koloniale Vergangenheit wachzuhalten.

Trotz dieser Fortschritte gibt es immer noch viel Arbeit zu tun, um die Geschichte des Kolonialismus vollständig aufzuarbeiten und seine Auswirkungen auf die betroffenen Länder und Menschen anzuerkennen. Dies erfordert nicht nur eine ehrliche Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, sondern auch konkrete Maßnahmen zur Überwindung der langfristigen Auswirkungen von Kolonialismus, die bis heute spürbar sind.

 

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Literatur

1. Said, Edward. „Orientalism.“ Vintage Books, 1979.

2. Fanon, Frantz. „The Wretched of the Earth.“ Grove Press, 1963.

3. Memmi, Albert. „The Colonizer and the Colonized.“ Beacon Press, 1991.

4. Anievas, Alex, and Nivi Manchanda. „Race, Empire, and the Crisis of the Subprime.“ Historical Materialism 23, no. 3 (2015): 36-72.

5. Loomba, Ania. „Colonialism/Postcolonialism.“ Routledge, 2005.

6. Achebe, Chinua. „Things Fall Apart.“ Heinemann, 1958.

7. Said, Edward. „Culture and Imperialism.“ Vintage Books, 1993.

8. Spivak, Gayatri Chakravorty. „Can the Subaltern Speak?“ In „Marxism and the Interpretation of Culture,“ edited by Cary Nelson and Lawrence Grossberg, 271-313. University of Illinois Press, 1988.

9. Stoler, Ann Laura. „Race and the Education of Desire: Foucault’s History of Sexuality and the Colonial Order of Things.“ Duke University Press, 1995.

10. Bhabha, Homi K. „The Location of Culture.“ Routledge, 1994.

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19. März 2023

Kolonialismus

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