Die Grundlage für das Fünf-Kulturen-Spiel bildet die Kulturtheorie von Thompson, Ellis und Wildavsky, in welcher Kultur als ein Lebensstil verstanden wird (vgl. Banneberg 2001, 247).

Transkulturelles Lernen

Das Spiel wurde mit der Intention, Diskrepanzen zwischen verschiedenen kulturellen Gruppen zu verdeutlichen, konzipiert. Daraus soll anschließend eine „Selbstanalyse und Reflexion“ (Köppel 2002, 138) resultieren – es wird in den Bereich des ‚culture awareness-Trainings‘ eingeordnet (vgl. Schönhuth).

Beim Fünf-Kulturen-Spiel werden Situationen simuliert, in denen verschiedene kulturelle Hintergründe bei einer Lösungsfindung berücksichtigt werden müssen. Es ist somit eine interkulturelle Trainingseinheit, bei der gelernt wird, theoretische Überlegungen, basierend auf kulturellem Hintergrund, in die Praxis umzusetzen (vgl. Reeb 2018). Diese Trainingseinheit ist besonders sinnvoll, um sich auf interkulturelle Begegnungen und Diskurse vorzubereiten, z. B. als Übung kulturellen Miteinanders für den Beruf, aber auch für den privaten Kontext. Das Fünf-Kulturen-Spiel ist überall relevant, wo transkulturelles Lernen eine Rolle spielt (vgl. Reeb 2018).

Vorgehen

Es werden fünf Teams gebildet. Jedem Team wird eine kulturelle Identität zugewiesen. Um sich in diese hineinversetzen zu können, werden einem die für das Gelingen (oder Scheitern) der angestrebten Zusammenarbeit relevanten Informationen auf einer Rollenkarte aufgeführt. Anschließend wird eine Situation fingiert, in der eine Interaktion zwischen verschiedenen kulturellen Identitäten unvermeidbar wird (vgl. Reeb 2018).

Erst sollen die Teams ein Lösungskonzept, das mit der zugeteilten Kultur konform ist, erarbeiten und vorstellen. Danach müssen die Teams an einer gemeinsamen Lösung des Problems arbeiten, die mit den verschiedenen kulturellen Hintergründen vereinbar ist (vgl. Reeb 2018).

Hier ist eine genaue Anleitung für das Fünf-Kulturen-Spiel:

1. Vorbereitung:

Stellen Sie sicher, dass Sie genügend Materialien haben, um das Spiel durchzuführen, darunter Spielkarten, Spielbrett und Spielfiguren.

Drucken oder bereiten Sie das Spielbrett vor, auf dem die fünf verschiedenen Kulturen repräsentiert sind. Jede Kultur sollte eine eigene Farbe und bestimmte Merkmale haben.

Erstellen Sie Spielkarten, auf denen kulturell situationsbezogene Fragen oder Szenarien stehen, die von den Spielern beantwortet oder bewältigt werden müssen.

Ordnen Sie die Spielkarten in Kategorien, um das Spiel interessanter und herausfordernder zu gestalten, z.B. Kommunikation, Konfliktlösung, Geschäftspraktiken, Essgewohnheiten usw.

2. Spielregeln erklären:

Erklären Sie den Spielern die grundlegenden Regeln des Spiels. Das Ziel ist es, Punkte zu sammeln, indem man verschiedene kulturell relevante Fragen oder Herausforderungen beantwortet bzw. meistert.

Legen Sie die Reihenfolge fest, in der die Spieler spielen werden, z.B. im Uhrzeigersinn.

Erklären Sie die Regeln für den Zugablauf, z.B. wie man die Spielfiguren bewegt, wie man Spielkarten zieht und wann man Punkte bekommt.

Diskutieren Sie auch die Bedeutung von interkultureller Kompetenz und wie das Spiel dazu beitragen kann, diese zu entwickeln.

3. Spielablauf:

Beginnen Sie das Spiel, indem jeder Spieler seine Spielfigur auf dem Spielbrett platziert.

Der erste Spieler zieht eine Spielkarte und liest die Frage oder das Szenario laut vor.

Die anderen Spieler antworten oder geben Lösungsvorschläge basierend auf ihren kulturellen Kenntnissen oder Erfahrungen.

Der Spieler, der die Frage gestellt hat, bewertet die Antworten und gibt Punkte basierend auf Kreativität, Genauigkeit und kultureller Sensibilität.

Die Spielfigur des Spielers wird je nach Punktzahl auf dem Spielbrett vorwärtsbewegt.

Die anderen Spieler folgen der Reihe nach und wiederholen den Prozess.

4. Gewinner:

Das Spiel endet, wenn alle Spieler das Ziel erreicht haben oder eine vorher festgelegte Rundenzahl abgeschlossen ist.

Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt das Spiel.

5. Reflexion und Diskussion:

Nach dem Spiel ist es wichtig, Zeit für Reflexion und Diskussion einzuräumen.

Sprechen Sie über die Erfahrungen während des Spiels und wie verschiedene kulturelle Perspektiven berücksichtigt wurden.

Diskutieren Sie auch darüber, wie interkulturelle Kompetenz im realen Leben relevant ist und wie das Spiel dazu beigetragen hat, diese Kompetenz zu entwickeln.

Fragen Sie die Spieler nach ihren Erkenntnissen und Eindrücken und geben Sie Raum für offene Fragen oder Unsicherheiten.

Ziel der Methode

Es soll ein stärkeres Bewusstsein der eigenen und der anderen Kulturen entwickelt werden. Durch die Rollenzuteilung von Kulturen, denen die Person selbst nicht angehörig ist, sollen Denkweisen, die anderen kulturellen Identitäten entspringen, bemerkt, akzeptiert und besser mit ihnen umgegangen werden. Weiterhin soll das Verständnis dafür erweitert werden, wie differenziert sich die unterschiedlichen Kulturen auf das Finden von Problemlösungen auswirken. Dadurch wird eine bessere Zusammenarbeit bei der Lösung kulturspezifischer und interkultureller Problemen ermöglicht (vgl. Reeb 2018).

Insgesamt entsteht eine „Sensibilisierung für ‚transkulturelle Anschlusspotentiale‘, d. h. Möglichkeiten, wie man in eigenen kulturellen Orientierungen Ansätze zum Umgang mit kulturellen Orientierungen anderer findet“ (Reeb 2018).

Vorteile der Methode
  1. Förderung des interkulturellen Verständnisses: Das Spiel ermöglicht es den Teilnehmern, verschiedene Kulturen aus erster Hand zu erleben und dadurch ein tieferes Verständnis für die kulturellen Unterschiede zu entwickeln. Es hilft Barrieren abzubauen und Vorurteile abzulegen.
  2. Verbesserung der interkulturellen Kommunikation: Durch das Spiel werden die Teilnehmer ermutigt, in einer Weise zu kommunizieren, die für andere Kulturen akzeptabel ist. Sie lernen, sich in andere hineinzuversetzen und ihre Kommunikationsmethoden anzupassen.
  3. Förderung des Zusammengehörigkeitsgefühls: Durch die Bildung von Gruppen, die verschiedene Kulturen repräsentieren, werden die Teilnehmer ermutigt, gemeinsam zu arbeiten und aufeinander zuzugehen. Dies fördert das Gefühl der Zusammenarbeit und hilft dabei, Unternehmenskulturen zu integrieren.
  4. Entwicklung von interkulturellen Kompetenzen: Das Spiel bietet den Teilnehmern die Möglichkeit, ihre interkulturellen Kompetenzen zu üben und zu entwickeln. Sie lernen, sich an neue Situationen anzupassen, interkulturelle Missverständnisse zu vermeiden und interkulturell sensibel zu handeln.
Nachteile der Methode
  1. Vereinfachung von Kulturen: Das Spiel reduziert komplexe und vielfältige Kulturen auf stereotype Merkmale und kann dazu führen, dass Teilnehmer ein oberflächliches Verständnis von Kulturen entwickeln. Es ist wichtig zu beachten, dass tatsächliche Kulturen viel komplexer und facettenreicher sind als im Spiel dargestellt.
  2. Kulturelle Vereinnahmung: Da die Teilnehmer eine Kultur repräsentieren müssen, die nicht ihre eigene ist, besteht die Gefahr der kulturellen Vereinnahmung oder Stereotypisierung. Es ist wichtig sicherzustellen, dass keine Kultur karikiert oder abwertend dargestellt wird.
  3. Begrenztes Verständnis: Das Spiel bietet nur einen begrenzten Einblick in die Kulturen, die dargestellt werden. Es kann nicht alle Aspekte einer Kultur erfassen und kann somit zu einem oberflächlichen Verständnis führen.
  4. Eingeschränkte Teilnehmeranzahl: Das Fünf-Kulturen-Spiel erfordert eine ausreichend große Teilnehmergruppe, um die verschiedenen Kulturen darzustellen. Das kann eine Herausforderung sein, insbesondere in kleinen Gruppen oder Organisationen.
Praxisbeispiel

Ein Praxisbeispiel des Fünf-Kulturen-Spiels könnte folgendermaßen aussehen:

In einem Unternehmen arbeiten Mitarbeiter aus verschiedenen Ländern zusammen, darunter Deutschland, China, Brasilien, USA und Saudi-Arabien. Die verschiedenen kulturellen Hintergründe und Denkweisen können zu Missverständnissen und Konflikten führen, was die Zusammenarbeit erschwert.

Um diese Probleme anzugehen und das interkulturelle Verständnis zu fördern, wird das Fünf-Kulturen-Spiel als Workshop-Format eingesetzt. Die Teilnehmer werden in fünf Gruppen eingeteilt, jede Gruppe repräsentiert dabei eine der genannten Kulturen.

Im Spiel werden den Teilnehmern verschiedene Szenarien vorgelegt, in denen interkulturelle Situationen und Herausforderungen dargestellt werden. Die Teilnehmer müssen sich gemeinsam überlegen, wie sie in den gegebenen Situationen handeln würden. Dabei werden sie mit den unterschiedlichen Denkweisen und Wertvorstellungen der unterschiedlichen Kulturen konfrontiert.

 

Hier geht es zum Überblick aller Lexikonartikel…

 

Literatur

Bannenberg, Ann-Kristin (2011): Die Bedeutung interkultureller Kommunikation in der Wirtschaft. Theoretische und empirische Erforschung von Bedarf und Praxis der interkulturellen Personalentwicklung anhand einiger deutscher Großunternehmen der Automobil- und Zulieferindustrie. Kassel: kassel university press.

Köppel, Petra (2003): Kulturerfassungsansätze und ihre Integration in interkulturelle Trainings. Reihe Fokus Kultur Bd. 2. Norderstedt: Books on Demand.

Reeb, Alexander: Das Fünf-Kulturen-Spiel –Transkulturelles Lernen. Transkulturelles Lernen mit ‚Fünf Kulturen‘ aus der Kategorie: Interkulturelles Training Spiele. https://www.ikud-seminare.de/seminare/das-fuenf-kulturen-spiel.html [03.05.2018].

Schönhuth, Michael: Das Kulturglossar. Fünf-Kulturen-Spiel. http://www.kulturglossar.de/html/f-begriffe.html [28.06.2018].

Interkulturelles Planspiel: Das Fünf-Kulturen-Spiel | IKUD

 

Eine wahre interkulturelle Begebenheit wird in dem Buch Intercultural stories: Menschliche Begegnungen aus aller Welt – lustig, lehrreich, lebensecht  geschildert:

Kein Kuss

In Neuseeland wird die Kultur der Urbevölkerung, Maori, auch im 21. Jahrhundert noch aktiv praktiziert. Tradition ist es, vor allem unbekannte Mitglieder, durch ein Aneinanderdrücken der Nasen zu begrüßen. Es ist ein uraltes Begrüßungsritual.

Auch der 16-jährige Austauschschüler sollte an seinem ersten BBQ-Abend von dem marorischen Teil seiner Gastfamilie so begrüßt werden. Allerdings verstand der Schüler den Begrüßungsversuch seines Gastcousins als Versuch, ihn zu küssen, und wich erschrocken zurück. Zunächst schwiegen die Anwesenden, nach einer Weile konnten sie aber darüber lachen und klärten den Austauschschüler auf.

27. November 2017

Fünf-Kulturen-Spiel

Die Grundlage für das Fünf-Kulturen-Spiel bildet die Kulturtheorie von Thompson, Ellis und Wildavsky, in welcher Kultur als ein Lebensstil verstanden wird (vgl. Banneberg 2001, 247). Transkulturelles […]