Buchtipp

Der Begriff Transkulturalität ist ein Gesellschaftskonzept der Culture Studies, das – ursprünglich im latein- und angloamerikanischen Raum genutzt – zunehmend in den europäischen Diskurs Einzug hält (vgl. Lüsebrink 2012, 19). Vom lateinischen trans „über, hinaus“ und cultus „gepflegt, bearbeitet“ kommend, beschreibt Transkulturalismus Phänomene und Prozesse der kulturellen Grenzüberschreitung, die zur Aufweichung oder Auflösung kultureller Grenzen führen können (vgl. Richter 2011, 27).

Transkulturalität nach Welsch

„Das Konzept der Transkulturalität bezeichnet diese veränderte Verfassung der Kulturen und versucht daraus die notwendigen konzeptuellen und normativen Konsequenzen zu ziehen“ (Welsch 1995, 42). Der Philosoph Wolfgang Welsch definierte und prägte den Begriff Transkultur für den deutschsprachigen Raum erstmals in den 1990er Jahren: „Unsere Kulturen haben de facto längst nicht mehr die Form der Homogenität und Separiertheit, sondern sind bis in ihren Kern hinein durch Mischung und Durchdringung gekennzeichnet. Diese neue Form der Kulturen bezeichne ich, da sie über den traditionellen Kulturbegriff hinaus- und durch die traditionellen Kulturgrenzen wie selbstverständlich hindurchgeht, als transkulturell. Das Konzept der Transkulturalität sucht diese veränderte kulturelle Verfassung ins Licht zu rücken“ (Welsch 1997, 4). Erstmals begründete er somit ein Kulturkonzept mit Netzwerkcharakter im Gegensatz zu früheren, monolithischen Ansätzen.

Interne Pluralisierung und externe Grenzüberschreitung

In Abgrenzung zu Multikulturalismus und Interkulturalismus beschreibt der Begriff Transkulturalität weder das ‚Nebeneinanderleben‘ noch das ‚Miteinanderleben‘. Vielmehr generieren transkulturelle Prozesse durch wechselseitige Beeinflussung neue Qualitäten von Kultur, die sich im Individuum in Form pluraler kultureller Identitäten manifestieren (vgl. Otiz 1947, 97 f.). Häufig, aber nicht zwangsläufig, entwickeln transkulturelle Prozesse eine interkulturelle bis integrative Dynamik (vgl. Lüsebrink 2012, 20).

Transkulturalität versteht Kulturen mehr als diffuse, einander beeinflussende und verändernde Regelsysteme, denn als statische, geopolitisch abgegrenzte Ordnungen.

 

Literatur

Otiz, Fernando (1947): The social phenomenon of „Transculturation“ and its Importance. In: ders. (Hrsg.): Cuban Counterpoint. Tobacco and Sugar. Durham/ London: Duke University Press, 97–103.

Lüsebrink, Hans-Jürgen (2012): Interkulturelle Kommunikation. Interaktion, Fremdwahrnehmung, Kulturtransfer. Stuttgart: J. B. Metzler.

Richter, Nina (2011): Third Culture Kids. Transkulturelle Kindheits- und Jugenderfahrungen. Marburg: Tetum.

Welsch, Wolfgang (1995): Transkulturalität. Zur veränderten Verfaßtheit heutiger Kulturen. In: Institut für Auslandsbeziehungen (Hrsg.): Migration und kultureller Wandel. Schwerpunktthema der Zeitschrift für Kulturaustausch. Vol. 1/45, Stuttgart, 39–44. http:// www.forum-interkultur.net/fileadmin/user_upload/pdf (2006).

Welsch, Wolfgang (1997): Die veränderte Verfassung heutiger Kulturen.

 

4. Dezember 2017

Transkulturalität

Der Begriff Transkulturalität ist ein Gesellschaftskonzept der Culture Studies, das – ursprünglich im latein- und angloamerikanischen Raum genutzt – zunehmend in den europäischen Diskurs Einzug hält […]