intrakulturellDer Begriff intrakulturell beschreibt die Kommunikation zwischen Mitgliedern einer Kulturgemeinschaft. Intrakulturell ist dabei als interdisziplinär zu verstehen. Er findet sich in unterschiedlichen Fachrichtungen, wie der Soziologie, der Psychologie, der Ethnologie, den Kommunikationswissenschaften, den Wirtschaftswissenschaften, der Fremdsprachendidaktik oder der Linguistik (vgl. Asmuß 2002, 17).

intrakulturell versus interkulturell

Mit interkultureller Kommunikation ist gegenüber der intrakulturellen Kommunikation die Interaktion zwischen Vertretern unterschiedlicher kultureller Zugehörigkeit gemeint. Eine besondere Rolle bei der Unterscheidung zwischen Intra- und Interkulturalität fällt dem Aspekt der Fremdsprache zu. So muss sich bei interkulturellen Begegnungen typischerweise einer der Gesprächspartner einer zweiten oder fremden Sprache bedienen (vgl. Knapp/ Knapp-Potthoff 1990, 66). Die Grenzen zwischen Intra- und Interkulturalität sind fließend. „Erklärbar wird aber, dass und warum z. B. oberflächenstrukturell ein deutscher und ein chilenischer Bäcker mehr Gemeinsamkeiten aufweisen und sich eventuell besser verstehen als der gleiche deutsche Bäcker mit seinem Nachbarn, einem deutschen Mathematiker.“ (Bolten 2001, 19)

Konfliktpotential

Zumeist wird in öffentlichen Berichten über Konfliktsituationen im Kontext interkultureller Begegnungen gesprochen. Damit wird der Eindruck erweckt, der Hauptgrund für Auseinandersetzungen liege im Aufeinandertreffen von Mitgliedern verschiedener Kulturen und der damit verbundenen Unvereinbarkeit unterschiedlicher kultureller Ansichten, Bräuche und Verhaltensweisen. Doch auch in intrakulturellen Kommunikationsprozessen können Situationen der Inkommensurabilität entstehen, die die Kommunikation verkomplizieren. Verursacht werden diese inkommensurabilitätsträchtigen Situationen weniger durch fremde Kulturen als durch divergente Selbstkategorisierungen der Individuen eines Kulturraums (vgl. Lang 2005, 25).

Fremdsprachenunterricht

Inzwischen hat die ‚interkulturelle Kompetenz‘ als Erweiterung des Lernziels ‚kommunikative Kompetenz‘ an Bedeutung im Fremdsprachenunterricht vieler Schulen gewonnen. Neben den nationalkulturellen Bezügen, die mittels dieses Lernziels nahe gebracht werden sollen, „muss der Fremdsprachenunterricht zunehmend auch intrakulturelle Beziehungen berücksichtigen, um der komplexen Identität von Individuen in der heutigen Welt gerecht zu werden.“ (Brunzel 2002, 26) Denn sonst könnte die Gefahr bestehen, dass die Schülerinnen und Schüler Kultur mit Nation gleichsetzen und die Sprache, statt als Ausdruck der Kultur, als Kultur selbst betrachten. Den Lernenden soll vermittelt werden, dass sich kulturell diverse bzw. heterogene soziale Gruppen auch intrakulturell bilden können. Allgemeine kommunikative Aspekte werden damit wichtiger (z. B. die Konfliktbewältigung) (vgl. Brunzel 2002, 26).

Beispiel für einen intrakulturellen Konflikt

Ein Beispiel für einen intrakulturellen Konflikt könnte ein Streit innerhalb einer Familie sein. Angenommen, es handelt sich um eine traditionelle Familie mit festen Hierarchien und Rollenverteilungen. Der Vater ist das Familienoberhaupt und trifft die meisten Entscheidungen, während sich die Mutter um den Haushalt und die Kinder kümmert. Die Kinder wiederum folgen den Anweisungen der Eltern und halten sich an die vorgegebenen Normen. Ein Konflikt entsteht nun, als die älteste Tochter den Wunsch äußert, nach dem Schulabschluss die Universität zu besuchen und eine Karriere außerhalb des traditionellen Hausfrauenlebens anzustreben. Sie ist motiviert und hat große Ambitionen, während ihr Vater dies nicht gutheißen kann. Er ist der Meinung, dass Frauen in erster Linie für die Familie da sein sollten und eine Karriere erst an zweiter Stelle kommt. Bei diesem Konflikt geht es um unterschiedliche Vorstellungen und Werte bezüglich der Rolle der Frau in der Familie. Der Vater hält die Erfüllung traditioneller Rollen für wichtiger und sinnvoller, während die Tochter ihren persönlichen Träumen und Ambitionen nachgehen möchte. Der Konflikt eskaliert, als der Vater versucht, die Tochter davon zu überzeugen, dass ihre Ziele unvernünftig und unangemessen sind. Er betont die Wichtigkeit familiärer Pflichten und versucht, sie zu demütigen und ihre Entscheidungen herabzusetzen. Die Tochter wird wütend und frustriert über den Mangel an Unterstützung und Respekt für ihre Träume. Die Mutter versucht zu vermitteln und beide Seiten zu verstehen. Sie sympathisiert sowohl mit dem Wunsch der Tochter nach Unabhängigkeit als auch mit den traditionellen Werten des Vaters. Sie versucht eine Lösung zu finden, die sowohl den familiären Bindungen als auch den individuellen Wünschen gerecht wird. Schließlich wird der Konflikt durch eine gemeinsame Familienentscheidung gelöst, die der Tochter die Möglichkeit gibt, ihre Karriereziele zu verfolgen, aber auch Vereinbarungen mit den Eltern trifft. Zum Beispiel könnte sie versprechen, ihre Familie nicht zu vernachlässigen und weiterhin ihren familiären Verpflichtungen nachzukommen, indem sie Zeit mit ihnen verbringt und ihnen hilft, wenn sie es brauchen.

Dieser intrakulturelle Konflikt offenbart unterschiedliche Werte und Vorstellungen innerhalb einer Familie. Es geht um den Konflikt zwischen traditionellen Rollenbildern und individuellen Träumen und Ambitionen. Die Lösung des Konflikts erfordert Kompromisse und eine aktive Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen und Werten aller Beteiligten, um eine für alle zufriedenstellende Lösung zu finden.

 

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Literatur

Asmuß, Birte (2002): Strukturelle Dissensmarkierungen in interkultureller Kommunikation. Analysen deutsch-dänischer Verhandlungen. Tübingen: Niemeyer.

Bolten, Jürgen (2001): Interkulturelle Kompetenz. Erfurt: Landeszentrale für politische Bildung.

Brunzel, Peggy (2002): Kulturbezogenes Lernen und Interkulturalität. Zur Entwicklung kultureller Konnotationen im Französischunterricht der Sekundarstufe 1. Tübingen: Narr.

Knapp, K./ Knapp-Potthoff, A. (1990): Interkulturelle Kommunikation. In: Zeitschrift für Fremdsprachenforschung, 62–93.

Lang, Peter (2005): Das Fremde als Problem der intra- und interkulturellen Kommunikation im Zeitalter der Globalisierung – insbesondere der arabisch-islamischen Welt. In: Rusterholz, Peter/ Moser, Rupert (Hrsg.): Wie verstehen wir Fremdes? Bern: Europäischer Verlag der Wissenschaften, 11–108.

Interkulturell versus intrakulturell | Begriff & Definition | IKUD

 

Transkript zum Erklärfilm

Der Begriff intrakulturell beschreibt die Kommunikation zwischen Mitgliedern einer Kulturgemeinschaft. Im Gegensatz dazu meint interkulturell die Kommunikation zwischen Mitgliedern aus verschiedenen Kulturgemeinschaften. Bei interkulturellen Begegnungen muss sich einer der GesprächspartnerInnen meist einer Zweitsprache beziehungsweise einer Fremdsprache bedienen. In intrakulturellen Begegnungen ist das typischerweise nicht der Fall. Trotzdem sind die Grenzen zwischen Intra- und Interkulturalität fließend: Ein deutscher und ein argentinischer Bäcker können mehr Gemeinsamkeiten haben als der gleiche deutsche Bäcker mit einem anderen Deutschen. Denn: Individuelle Identitäten sind komplex. Auch innerhalb von Kulturen können sich Untergruppen bilden. Und solche Untergruppen können wiederum Gemeinsamkeiten untereinander haben, auch wenn sie in verschiedenen Kulturen entstanden sind. Kultur und Nation dürfen deshalb genau so wenig gleichgesetzt werden wie Kultur und Sprache.

 

Eine wahre interkulturelle Begebenheit wird in dem Buch Intercultural stories: Menschliche Begegnungen aus aller Welt – lustig, lehrreich, lebensecht  geschildert:

Eine Frage des Dirndls

Auf einem Langstreckenflug nach Deutschland hatte ich einen ca. zwölfstündigen Aufenthalt am Flughafen von Kuala Lumpur, weshalb mir die Fluggesellschaft ein Hotelzimmer im Airport Hotel stellte. Beim Check-in lächelte die Dame am Empfang und fragte nach meinem Reisepass zur Abgleichung meiner Daten. Bei dem Blick auf das dort abgebildete Passfoto erstarrte jedoch ihre Miene. Eine Schlüsselkarte bekam ich nicht, stattdessen holte sie den Manager dazu. Dieser war ebenfalls etwas zurückhaltend und fragte, ob mein Dirndl im Koffer sei. Ich war verwirrt und verneinte die Frage. Langsam verstand ich die Problematik. Auf dem Passfoto hatte ich kurze dunkelbraune Haare, nun war ich braun gebrannt und hatte lange blonde Haare. Da sich der Manager nicht sicher war, ob ich die angegebene Person war, gab er mir keine Schlüsselkarte. Ich war nach bereits zehn Stunden Flug müde, hungrig sowie genervt und versuchte zu erklären, dass nicht alle Deutschen mit Dirndl und Lederhose zur Arbeit gehen oder gar verreisen. Anscheinend hatte der Manager nach einem 20-minütigen Dialog über die deutsche Kultur Mitleid mit mir und überreichte mir mit prüfendem Blick schließlich doch meine ersehnte Schlüsselkarte.

 

Kopfsache

Ich machte ein außerschulisches Praktikum an einem Sprachinstitut im Bereich Deutsch als Fremdsprache, wo ich in verschiedenen Alphabetisierungs- sowie Integrationskursen hospitierte und unterrichtete.

Dort lernte ich Milena aus Bulgarien kennen. Sie und ihre Familie waren zwar schon einige Monate in Deutschland, allerdings besuchte sie erst seit sieben Wochen den Alphabetisierungskurs. Das Lösen der Aufgaben fiel Milena sehr leicht, sodass sie oft sehr schnell fertig war. Wenn ich aber fragte, ob sie die Bearbeitung der Aufgaben abgeschlossen habe, schüttelte sie den Kopf. Dieses Verhalten empfand ich als sehr widersprüchlich. Auch bei Fragerunden beobachtete ich dieses Phänomen. So fragte ich Milena beispielsweise, ob sie verheiratet sei – wieder schüttelte sie den Kopf, obwohl sie wenige Minuten zuvor noch von ihrem Mann erzählt hatte.

Ich beobachtete weiter und bei einer anderen Aufgabe bekam ich dann die Antwort auf meine Frage: Milena sagte Ja und schüttelte dabei den Kopf. In einem späteren Gespräch mit ihr erfuhr ich dann, dass Zustimmung in Bulgarien mit dem Schütteln des Kopfes ausgedrückt wird, ein Nicken mit dem Kopf drückt hingegen Ablehnung aus.

4. Dezember 2017

intrakulturell

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