Globalisierung ist kein Zustand, sondern ein Prozess und kann als „Form der ‚Denationalisierung‘ aufgefasst werden, die verschiedene Bereiche wie etwa Kommunikation, Kultur, Umwelt, Politik und Wirtschaft betrifft.“ (Starke/ Tosun 2019, 183)

„Globalisierung bezeichnet weltweite Verflechtungs-, Austausch- und Abhängigkeitsprozesse. Kommunikations- und Transportmittel sind dabei besonders bedeutsam für die weltumspannenden Ströme von Finanzkapital, Waren, Technologien, Menschen und Ideen. Dass diese Verflechtungen und Auswirkungen weltweit in der Wissenschaft und im Alltag spürbar und bewusst sind, ist – im Unterschied zu früheren überlokalen Interaktionen – ein wesentliches Merkmal der gegenwärtigen Phase der Globalisierung.“ ( Kreff u. a. 2011, 126) Besonders wichtig erscheinen dabei die transnationalen bzw. transkontinentalen Produktionsketten, die globalen Vernetzungen von Nationen, der relative Bedeutungsverlust von Nationalstaaten sowie die universelle Kommodifizierung und Kapitalisierung (vgl. Auernheimer 2015, 17).

Phasen der Globalisierung

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, die Globalisierung in Phasen zu unterteilen:

  • Globalisierung 1.0: neues Zeitalter der Kolonialisierung (1492 bis 1800)
  • Globalisierung 2.0: Industrialisierung (1800 bis 2000)
  • Globalisierung 3.0: Informationszeitalter (2000 bis heute)

Die erste Phase ist gekennzeichnet durch Entdeckungsreisen, das Wachstum des globalen Handels sowie den Buchdruck. Die zweite Phase umfasst die amerikanische sowie die Französische Revolution und die Erfindung der Dampfmaschine bzw. der Eisenbahn. Die Globalisierung 3.0 ist vor allem durch das World Wide Web sowie die drahtlose und drahtgebundene Datenübertragung gekennzeichnet (vgl. Mäder 2018, 6).

Eine andere Variante, Globalisierung zu untergliedern, liegt in der Unterscheidung von vorkolonialer, kolonialer sowie aktueller Phase der Globalisierung (vgl. Gingrich 2011, 126).

Globalisierung als Prozess

Globalisierung ist ein

  • Wahrnehmungsphänomen, was bedeutet, dass die Welt (Reziprozität) ‚sichtbar‘ sowie alles von jedem und jeder gesehen wird. Dieser Prozess ist vor allem durch die elektronische Verstärkung geprägt. Beispielsweise nehmen die Menschen die Landschaften anderer Länder wahr oder lernen neue kulturelle Traditionen. Diese ‚Sichtbarkeit‘ ist ein entscheidender Grund für neue Migrationsbewegungen.
  • Interaktionsphänomen: International finden immer mehr Interaktionen statt. Diese beeinflussen einander und umfassen neben Gütern und Dienstleistungen auch Mode, Filme, Kunst, Musik, Essen etc. Es werden Gewohnheiten wie z. B. Essen übernommen oder auch verändert. Kulturen von Lebensräumen sind nicht mehr auf den eigenen Staat beschränkt, sondern auch für andere Staaten zugänglich.
  • Verpflechtungsphänomen: Verfestigen sich die Strukturen der Interaktionen, entsteht ein Verpflechtungsphänomen. Dominierende Akteure (z. B. Staaten) verlieren an staatlicher Unabhängigkeit sind nicht mehr autonome „Einheiten“ ( Prisching 2019, 403). Außerdem wird ihre Souveränität durch die Prozesse in Frage gestellt (vgl. ebd., 403).

5 Dimensionen von Globalisierung

Globale ökologische Auswirkungen

  • Umweltökonomie: Ökologische Krisen stellen nicht nur für den Staat neue Herausforderungen dar, sondern ebenfalls für alle anderen Länder. So ist die Knappheit natürlicher Ressourcen, der zunehmende Verkehr oder auch der Klimawandel ein Problem aller Staaten, dessen Folgen global verbreitet sind (vgl. Preyer 2018, 309).
  • Ökologischer Ausgleich: Ein Ausgleich und eine Abstimmung zwischen „der Leistungsforderung als sozialer Norm und dem Sozialausgleich in der Nutzung der Umwelt“ ( ebd., 310) muss hergestellt werden.

Kulturelle Globalisierung

  • Konkurrenz von Deutungen: Durch den Zugang anderer Kulturen entsteht „ein globaler Markt von kulturellen Vereinigungen, die mit ihren Erlösungsversprechen um Mitglieder konkurrieren.“ (ebd., 311)
  • Globale Diffusion: Neue Formen einer bestehenden Praxis werden neu kombiniert, sodass Globalisierung zu einem neuen Synkretismus führt (vgl. ebd., 311).

Wirtschaftliche Globalisierung

  • Marktöffnung: Die Vernetzung der Herstellung, der Dienstleistungen und des Marketing der Global Player führt zu neuen Marktöffnungen (vgl. ebd.).
  • Vernetzung: Kommunikationstechnologische Vernetzungen sind global. Dabei wird davon ausgegangen, dass „ein globales Wirtschaftssystem in seiner Struktur und Funktion aus den Segmenten von Wirtschaftsbranchen, Regionen und Staaten besteht.“( ebd., 312)

Politische Globalisierung

  • Global Governance: Globale Probleme wie z. B. Krankheiten oder die Umweltbelastungen führen dazu, dass diese international geregelt werden müssen. Dabei ist Global Governance keine Weltregierung, sondern eine „indirekte Politik“ (Willke 2002 (FN 307)), die sich mit der Handhabung der Probleme beschäftigt (vgl. Preyer 2018, 314).
  • Globale Steuerung: Es gibt in der globalisierten Gesellschaft keinen Akteur, der die globalen Steuerungsaufgaben übernehmen könnte. Es ist unrealistisch, dass ein Akteur die Gesetzgebung institutionalisiert (vgl. ebd., 315).

Globalisierung der gesellschaftlichen Kommunikation durch die modernen Kommunikationstechnologien

  • Digitaler Medienverbund: Die Digitalisierung führt zu einem globalen Austausch von Informationen untereinander ohne die Kontrollierung durch staatliche Organisationen. Dieser Austausch könnte zu einem „Wandel in unserem Verständnis von Sozialem, aber auch von Geschichte und Bewusstsein“ (ebd., 316) herbeiführen.
  • Intermediated Sector: Moderne Kommunikationstechnologien werden auch Intermediated Sector genannt, „durch den neue Formen der wirtschaftlichen Kooperation der Organisation, der Kommunikationsstrukturen und gegenseitigen sozialen Beobachtung entstehen.“ (ebd., 316) Erst dadurch entsteht ein globales System der Kommunikation (vgl. ebd.).

 

Literatur

Auernheimer, Georg (2015): Dimensionen der Globalisierung. Eine Einführung. Schwalbach: Wochenschau Verlag.

Duden Wirtschaft von A bis Z (2016): Grundlagenwissen für Schule und Studium, Beruf und Alltag. 6. Aufl. Mannheim: Bibliographisches Institut.

Kreff, Ferdinand u. a. (2011): Lexikon der Globalisierung. Bielefeld: Transkript.

Mäder, Olaf B. (2018): Controlling klipp & klar. Wiesbaden: Springler Gabler.

Preyer, Gerhard (2018): Soziologische Theorie der Gegenwartsgesellschaft I. Mitgliedschaftstheoretische Untersuchungen. 2. Aufl. Wiesbaden: Springer VS.

Prisching, Mafred (2019): Globalisierung aus kultursoziologischer Perspektive. In: Moebius, Stephan/ Nungesser, Frithjof/ Scherke, Katharina (Hrsg.): Handbuch Kultursoziologie, Band 3: Theorien – Methoden – Felder. Wiesbaden: Springer VS, 401–422.

Starke, Peter/ Tosun, Jale (2019): Globalisierung und Diffusion. In: Obinger, Herbert/ Schmidt, Manfred G. (Hrsg.): Handbuch Sozialpolitik. Wiesbaden: Springer VS, 181–203.

Willke, Helmut (2002): Dystopia. Studien zur Krisis des Wissens moderner Gesellschaften. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

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