Un/doing Differences ist sowohl der Name der DFG Forschergruppe Un/doing Differences. Praktiken der Humandifferenzierung an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz als auch deren Ansatz zur Beschreibung und Analyse kultureller Kategorisierungs- und Differenzierungsprozesse. Vorläufer des Ansatzes lassen sich in den Genderstudies mit Doing Gender (vgl. West/ Zimmerman 1987) und in den Sozialwissenschaften mit Doing Differences (vgl. West/ Fenstermaker 1995) finden.

Differenzierungskategorien der sozialen Praxis

In beiden Fällen wird davon ausgegangen, dass Differenzierungskategorien, wie z. B. das Geschlecht, nicht unveränderlich in menschliche Subjekte eingeschrieben sind und diese ihre Differenzen als ‚Menschensorten‘ verkörpern, sondern Differenzierungen vielmehr das Ergebnis einer sozialen Praxis sind, dem Hervorbringen bzw. dem ‚Doing‘ von Differenzen (vgl. Hirschauer/ Boll 2017).

Der Ansatz Un/doing Differences geht davon aus, dass eine grundlegende Kontingenz von Humandifferenzierungen in ihrer prinzipiellen Negierbarkeit liegt: „Sie können gezogen oder zurückgezogen, aufrechterhalten oder unterlaufen werden. […] Der ambivalente Ausdruck un/doing differences versucht vor diesem Hintergrund, einen stets flüchtigen Schwebezustand begrifflich festzuhalten, einen fragilen Moment der Ununterschiedenheit, in dem Prozesse des doing oder undoing einsetzen.“ (Hirschauer/ Boll 2017, 11 f.)

Un/doing Differences und Mehrfachzugehörigkeiten

Der Ansatz meint, genauso wie alternative Konzepte zur Beschreibung von Humandifferenzierungen, dass menschliche Individuen niemals nur mit einer Kategorie beschrieben werden können. Es ist also nicht möglich, nur männlich, nur schwarz oder nur VertreterIn der Mittelschicht zu sein.

Während Intersektionalität beschreibt (vgl. Crenshaw 1991), dass sich Menschen auf der ‚(Straßen-)Kreuzung‘ verschiedener Differenzlinien befinden oder Theorien der Hybridität (vgl. Bhaba 1994) von einer Verschmelzung verschiedener Kulturen in (Einwanderer-)Biografien ausgehen, versteht Un/doing Differences Mehrfachzugehörigkeit als „eine dynamische Konkurrenz zwischen verschiedenen Differenzierungsprozessen, ein komplexes Spiel der wechselseitigen Überlagerung und Außerkraftsetzung von Humandifferenzierungen. Ein […] konkreter Fall von doing difference ist so immer eine sinnhafte Selektion aus einer Reihe konkurrierender Differenzierungen.“ (Hirschauer/ Boll 2017, 12)

 

 

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Literatur

Bhabha, Homi K. (1994): The Location of Culture. London: Routledge.

Crenshaw, Kimberlé Williams (1994): Mapping the Margins: Intersectionality, Identity Politics, and Violence Against Women of Color. Stanford Law Review 43, 1241–1299.

Hirschauer, Stefan/ Boll, Tobias (2017): Un/doing Differences. Zur Theorie und Empirie eines Forschungsprogramms. In: Hirschauer, Stefan (Hrsg.). Un/doing differences: Praktiken der Humandifferenzierung. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft, 7–26.

West, Candace/ Zimmerman, Don H. (1987): Doing Gender. Gender & Society. Vol. 1, No. 2. In: West, Candace/ Fenstermaker, Sarah (Hrsg.) (1995): “Doing Difference”. Gender & Society. Vol. 9, No. 1, 125–151.

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9. September 2018

Un/doing Differences

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