Die Entstehung und Entwicklung des ‚Black History Month‘ ist auf den US-amerikanischen Intellektuellen Carter G. Woodson* zurückzuführen, der sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts dafür einsetzte, das Vakuum schwarzer amerikanischer Geschichte im kollektiven Gedächtnis der USA zu füllen (vgl. Woodson 1926, 238f.).
Historische Entwicklung
Gemeinsam mit weiteren schwarzen Intellektuellen gründete er 1915 die Association for the Study of Negro Life and History(ASNLH) und etablierte ein Jahr später das Journal of Negro History, in dem Aufsätze über die Geschichte der Schwarzen in den USA publiziert wurden (Vgl. Scott 2011). In einem Beitrag zur ‚Negro History Week‘ im selbigen Journal prangerte Woodson an, dass im Sinne der systemischen Unterdrückung Schwarzer Amerikaner*innen die Möglichkeit der eigenen Geschichtserfahrung praktisch gänzlich verhindert würde (Vgl. 1926, 239) und plädierte gleichermaßen für eine Negro History Week (Vgl. ebd., 241). Mithilfe Woodsons Organisation fand daraufhin im Februar 1926 selbige erstmalig mit dem Ziel statt, Wissen über die Schwarze Geschichte zu rekonstruieren und zu popularisieren (Vgl. Scott 2011). Dabei war der Monat Februar mit Bedacht und unter Berücksichtigung bestehender Traditionen gewählt, da zeitgleich die Geburtstage zweier für die Schwarze Geschichte bedeutsamer Männer zelebriert wurden: Abraham Lincoln und Frederick Douglass (Vgl. ebd.). Jedoch nutzte Woodson diese Gleichzeitigkeit der Feierlichkeiten nicht, um den genuin männlichen Widerstand zu ehren, sondern um das antirassistische Engagement aller Schwarzen Frauen und Männer zu würdigen (Vgl. ebd.). Der zentrale Gedanke der ersten Durchführungen der Negro History Week war, der Schwarzen amerikanischen Population das Gefühl der Minderwertigkeit zu nehmen und gleichzeitig weißen Amerikaner*innen aufzuzeigen, dass ihre Wahrnehmung der Welt von Rassenvorurteilen beherrscht war (Woodson 2002, 27). Hierfür wurde durch Woodsons Organisation Lernmaterial in Form von Bildern, Unterrichtsplänen, Theaterstücken und Informationspostern erstellt (Vgl. Scott 2011). Woodson selbst hatte sich schon früh dafür ausgesprochen, die Feierlichkeiten auszudehnen, da er davon überzeugt war, dass Schwarze Geschichte viel wichtiger und umfangreicher sei, als es in einer einwöchigen Feierlichkeit darzustellen ist. Bereits in den 1940er Jahren begannen Schwarze im Bundesstaat Virginia die Gedächtniswoche auf einen Monat auszudehnen. Die Geschehnisse der 1960er Jahre in den USA hatten einen großen Effekt auf das Interesse an Schwarzer Geschichte und so wandelte sich die Negro History Week im Laufe des Jahrzehnts zum ‚Black History Month‘ (BLM) (Vgl. ebd.). 1976, zum 50. Jubiläum der ersten Feierlichkeiten, benannte Woodsons Organisation die Negro History Week ganz offiziell in den Black History Month um und institutionalisierte die Feierlichkeiten in der ganzen Nation, die seitdem von jedem Präsidenten im Amt öffentlich unterstützt wurden (Vgl. ebd.).
Black History Month in Deutschland
In Deutschlang gab es erstmalig Feierlichkeiten anlässlich des Black History Month in den 1980er Jahren in Berlin, die sich aufgrund der Teilnahme vieler in Deutschland stationierten Angestellten sowie Angehörigen der US-Armee stark an ihren US-amerikanischen Ursprung anlehnten (Vgl. Asher 2015, 45). Mit der Wiedervereinigung Deutschlands diversifizierte und wuchs die Schwarze deutsche Gemeinschaft, sodass der „anfängliche[] Fokus auf afroamerikanische Geschichte“ (ebd.) einem neuem Curriculum wich, das sich umfassend mit der afrikanischen Diaspora in Deutschland beschäftigt (Vgl. ebd., 45; 49). Mittlerweile wird der Black History Month in vielen deutschen Großstädten zelebriert, in dessen Rahmen geschichtliche Vorträge, Kunstausstellungen, Vorführungen, Lesungen, Filmvorstellungen, Theaterproduktionen, Podiumsdiskussionen und auch Aktivitäten für Kinder stattfinden, um die Geschichte der Schwarzen Diaspora an die Öffentlichkeit zu tragen (Vgl. ebd., 49). Ursprünglich wurde der deutsche Black History Month durch die Initiative ‚Schwarze Menschen in Deutschland‘ (ISD-Bund e.V.) ins Leben gerufen, woraufhin sich viele weitere Vereine und Organisationen anschlossen. Aufgrund einiger Uneinigkeiten führte diese Vielzahl an Veranstaltenden eventuell sogar dazu, dass der deutsche BLM für einen kurzen Zeitraum nicht stattfinden konnte. Zwischenzeitlich nahm die „Nicht-Schwarze Organisation […] ‚Institute of Cultural Diplomacy‘ (ICD)“ (Asher 2015, 45) die Organisation des BLM, die zwar über ausreichende finanzielle Mittel verfügte, um ein umfangreiches Programm anzubieten, allerdings scharf kritisiert wurde, da sie eben keine Schwarze Organisation war (Vgl. ebd.). Aus diesen Streitigkeiten ergab sich, dass nunmehr seit 2011 die Organisation des deutschen BLM in den Aufgabenbereich der ‚Werkstatt der Kulturen‘ fällt (Vgl. ebd.).
*Carter Godwin Woodson war ein afroamerikanischer Historiker, Autor und Bildungspionier, der als einer der wichtigsten Vertreter der afroamerikanischen Geschichtsschreibung bekannt ist. Er wurde am 19. Dezember 1875 in New Canton, Virginia, in ärmlichen Verhältnissen geboren.
Woodson wuchs in einer Familie von ehemaligen Sklaven auf und musste als Kind auf den Baumwollfeldern arbeiten, um zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Trotzdem entwickelte er ein großes Interesse an Bildung und begann mit 20 Jahren seine Schulausbildung. Er absolvierte das Frederick Douglass High School and College in Washington, D.C., und erwarb anschließend seinen Bachelor-Abschluss an der University of Chicago.
Nach seinem Abschluss unterrichtete Woodson zunächst am Frederick Douglass Institute, einer High School für afroamerikanische Schüler. Dort wurde er zunehmend frustriert von der Tatsache, dass die Geschichtsbücher kaum über die Beiträge und das Erbe von Afroamerikanern berichteten. Dies führte zu seiner lebenslangen Mission, die Geschichte und Kultur der afroamerikanischen Gemeinschaften angemessen zu erfassen und zu würdigen.
Im Jahr 1915 gründete Woodson die Association for the Study of Negro Life and History (ASNLH), die später in Association for the Study of African American Life and History (ASALH) umbenannt wurde. Die Organisation hatte das Ziel, Forschung und Verbreitung von Informationen über afroamerikanische Geschichte zu fördern. Woodson erkannte, dass die Geschichte der Afroamerikaner eine wichtige Rolle bei der Erschaffung einer starken und selbstbewussten schwarzen Gemeinschaft spielen könnte.
Woodson schrieb mehrere bahnbrechende Bücher, darunter sein bekanntestes Werk „The Mis-Education of the Negro“ (1933), in dem er die Mängel des damaligen Bildungssystems aufzeigte und die Bedeutung einer ethnozentrischen Bildung betonte. Ein weiteres einflussreiches Werk war „The Journal of Negro History“, das er 1916 gründete und als wissenschaftliche Plattform für afroamerikanische Forschung diente.
Zudem spielte Woodson eine wichtige Rolle bei der Etablierung der „Negro History Week“, die 1976 zur „Black History Month“ ausgeweitet wurde. Die Idee hinter dieser Initiative war es, eine Woche im Jahr der afroamerikanischen Geschichte zu widmen und das Bewusstsein für die Beiträge von Afroamerikanern zur Weltgeschichte zu schärfen.
Carter G. Woodson starb am 3. April 1950 in Washington, D.C. Sein Erbe besteht fort, nicht nur in Form seiner Bücher, sondern auch in der kontinuierlichen Arbeit von Organisationen wie der ASALH, die sein Vermächtnis fortsetzen und weiterhin Forschung und Verständnis für afroamerikanische Geschichte fördern. Er wird als einer der Pioniere der afroamerikanischen Geschichtsschreibung und als Vorbild für Bildungsaktivisten auf der ganzen Welt verehrt.
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Literatur
Asher, N. (2015): Die Geschichte des Black History Month in Deutschland. In: D. Bergold Caldwell, L. Digoh et al. (Hrsg.): Spiegelblicke. Perspektiven Schwarzer Bewegung in Deutschland. Berlin: Orlanda, 44–50.
Scott, D. (2011): Origins of Black History Month. https://asalh.org/about-us/origins-of-black- history-month/ [27.09.2020].
Woodson, C. G. (1926): Negro History Week. In: The Journal of Negro History 11(2), 238–242.
Woodson, C. G. (2002): Observances of Negro History Week. In: Black History Bulletin 65(1), 21– 33.
Black History Month | Gender-Mediathek
Transkript zum Erklärfilm
Die Entstehung des Black History Month geht auf den US-Amerikaner Carter Woodson zurück. Er kritisierte in den 1920er Jahren, dass die Unterdrückung Schwarzer Amerikaner*innen die Möglichkeit der eigenen Geschichtserfahrung verhindere. Aus diesem Grund plädierte er für eine Negro History Week. Diese fand erstmals 1926 statt. Das Ziel war es, Wissen über die Schwarze Geschichte zu rekonstruieren und zu popularisieren. Dadurch sollte auch weißen Amerikaner*innen gezeigt werden, dass ihre Wahrnehmung der Welt durch Rassenvorurteile beeinflusst ist. Hierfür wurde Lernmaterial in Form von Bildern, Unterrichtsplänen und Theaterstücken erstellt. In den 1940er Jahren begannen Schwarze im Bundesstaat Virginia, die Gedächtniswoche auf einen Monat auszudehnen — die Negro History Week wandelte sich zum Black History Month. In Deutschlad wurde der Black History Month erstmalig in den 1980er Jahren in Berlin gefeiert.
Eine wahre interkulturelle Begebenheit wird in dem Buch von Benjamin Haag geschildert:
Reizwäsche?
Von diesem Vorfall erzählte mir eine Freundin, die im letzten Jahr durch Indien, Australien und Neuseeland gereist war. Der Vorfall ereignete sich in Indien.
Meine Bekannte machte damals Couchsurfing in Indien. Am besagten Tag schlief sie bei einem jungen Mann (etwa 24), der alleine in einer Wohnung wohnte. Sie verstanden sich recht gut und sie machte sich keinerlei Sorgen, da er einerseits sehr nett zu ihr war und andererseits keinerlei romantische Annäherungsversuche unternahm. Als sie allerdings abends ihren Schlafanzug angezogen hatte (eine lange Hose und ein langes Oberteil), wurde der junge Mann plötzlich sehr aufdringlich, versuchte, sie anzufassen und zu küssen. Meine Bekannte machte ihm mit Nachdruck klar, dass sie keinerlei Interesse an ihm habe. Sie wunderte sich sehr über sein Verhalten, da sie ihm das nicht zugetraut hätte.
Der junge Mann schien aus allen Wolken zu fallen und nachdem er sich wieder gesammelt hatte, erklärte er ihr, dass es in Indien vollkommen unüblich sei, sich vor einem Mann im Schlafanzug zu zeigen, es sei denn, man wolle mit ihm schlafen.