Die Begriffe emisch vs. etisch stammen ursprünglich aus der Ethnolinguistik. Sie beschreiben zwei gegensätzliche, wissenschaftlich-methodische Forschungsperspektiven. Auch in den Sozialwissenschaften und der kulturvergleichenden sowie interkulturellen Forschung können die WissenschaftlerInnen emisch oder etisch vorgehen.
Die emische Perspektive basiert auf einer kulturangepassten Innensicht – es wird versucht, die Phänomene mit den Augen der Betroffenen zu betrachten und damit das geisteswissenschaftliche Ideal der ‚Perspektivität‘ zu schaffen. Der emische Ansatz beabsichtigt, die funktional relevanten Aspekte innerhalb einer Kultur aufzudecken.
Beim etischen Ansatz hingegen nehmen die ForscherInnen einen Standpunkt außerhalb der untersuchten Kultur ein und versuchen, dem naturwissenschaftlichen Ideal der ‚Objektivität‘ zu entsprechen. Auf diese Weise sollen universal gültige Vergleichsmaßstäbe gefunden werden (vgl. Helfrich-Hölter 2013, 27).
Die beiden Begriffe wurden zum ersten Mal vom amerikanischen Linguisten und Anthropologen Kenneth Pike in seinem Buch Language in Relation to a Unified Theory of the Structure of Human Behavior (1967) verwendet. Die deutschen Wörter emisch und etisch wurden von den englischen Begriffen emic und etic abgeleitet. Diese stammen aus der Linguistik – die Phonetik beschreibt Lautmerkmale, mit denen sich der Lautbestand aller Sprachen beschreiben lässt, die Phonemik identifiziert diejenigen Lautmerkmale, die innerhalb der untersuchten Sprache zur Bedeutungsdifferenzierung beitragen. Später wurde das Begriffspaar von Harris aufgegriffen und modifiziert.
Das Ziel des etischen Ansatz besteht darin, zu untersuchen, welchen Einfluss die Kultur auf individuelles Handeln und Denken hat. Sie wird als ‚unabhängige‘ Variable z. B. in Form von Schulbedingungen oder Erziehungsstilen betrachtet, welche die ‚abhängigen‘ Variablen (Lernen, Handeln) beeinflusst.
Nach dem emischen Ansatz aber ist Kultur ein innerhalb vom Individuum liegender Faktor, d. h. ein fester Bestandteil des menschlichen Denkens und Handelns.
Die beiden Vorgehensweisen lassen sich auch auf Gründe und Ursachen für bestimmte Handlungen beziehen. Die Ursachen des Handelns müssen dem Betroffenen nicht unbedingt bewusst sein und können so aus der etischen Perspektive untersucht werden. Werden hingegen die Gründe für das eigene Handeln und Denken vom Betroffenen selbst erklärt, forscht er aus der emischen Perspektive.
Lohmeier führt folgendes Beispiel für den emischen Ansatz an: ein katholischer Nordire, der Troubles in seinem Heimatland untersucht und zum erforschten Feld gehört. Im Gegensatz dazu wäre eine protestantische Norddeutsche, die ein ähnliches Projekt in einer katholisch geprägten Stadt in Nordirland durchführt, ein Beispiel für die etische Vorgehensweise (vgl. Lohmeier 2017, 31).
Etische und emische Perspektive schließen sich nicht aus, vielmehr ergänzen sie sich wechselseitig. Jacobs und Helfrich-Hölter verweisen hierbei auf Berry: Für eine vergleichende etische Untersuchung zweier Kulturen müssen diese jeweils emisch analysiert werden. Laut seiner Auffassung folgen ForscherInnen am Anfang einer kulturvergleichenden Studie einem Konzept, das den Ursprung in der eigenen Kultur hat, also emisch ist (vgl. Jacobs 2000; Helfrich-Hölter 2013).
Aufgrund des imposed-etic-Ansatzes wird es auch zum etischen Konzept innerhalb der fremden Kultur, indem die Beobachtungen aus der einen auf die andere Kultur übertragen werden. Durch eine Modifizierung kann auch ein emisches Konzept für die fremde Kultur geschaffen werden, sodass in beiden Kulturen parallel emische Studien durchgeführt werden. Weisen die untersuchten Konzepte Überschneidungen auf, ist ein interkultureller Vergleich möglich (vgl. Jacobs 2000, 132).
Ethnolinguistik als Forschungshintergrund
Welche Beziehung besteht zwischen Sprache und Kultur? Sprache ist tief in der Kultur und Gesellschaft einer Gemeinschaft verwurzelt und für die Entwicklung und Weitergabe von Kultur von entscheidender Bedeutung. Sprache dient der Bewahrung und Vermittlung von Kultur und spiegelt kulturelle, soziale und ideologische Konzepte wider. Sie ist eng mit der Kultur verbunden, und die Kultur beeinflusst und formt die Sprache. Sprache spiegelt die Werte, Traditionen und Überzeugungen einer Gemeinschaft wider und kann auch kulturelle Werte und Überzeugungen widerspiegeln. Darüber hinaus hat die Kultur einen tiefgreifenden Einfluss auf die Sprache, einschließlich der Grammatik, des Wortschatzes und der nonverbalen Kommunikation. Darüber hinaus ist Mehrsprachigkeit wertvoll, kann aber auch die kulturelle Identität einschränken, da Sprache Teil der kulturellen Identität ist und kulturelle Identität durch Sprache geformt wird. Die Hauptmerkmale der Beziehung zwischen Sprache und Kultur sind, dass Sprache für die Entwicklung und Vermittlung von Kultur wesentlich ist, dass eine Sprache von einer bestimmten Kultur geprägt ist und mit dieser gleichgesetzt werden kann und dass Sprache dazu dient, Kultur zu bewahren und zu vermitteln. Beispielsweise repräsentiert die deutsche Sprache die deutsche Kultur, und der Schreibstil und der Wortschatz eines Menschen spiegeln seine kulturelle Identität wider. Durch Sprache konstruieren Sprecher ihre Identität in der sozialen Interaktion und kommunizieren diese ihren Gesprächspartnern und der Außenwelt. Darüber hinaus können kulturelle Unterschiede die Art und Weise beeinflussen, wie Wörter und Ausdrücke verstanden werden, und das Verständnis der kulturellen Unterschiede zwischen der Zielsprache und der Muttersprache ist entscheidend für eine effektive Kommunikation beim Erlernen einer Fremdsprache. Darüber hinaus ist Mehrsprachigkeit in der internationalen Wirtschaft wichtig für Handel, Politik, Wirtschaft, Tourismus, Werbung und andere Aspekte der sozioökonomischen Interaktion. Sprache und Kultur sind also eng miteinander verbunden, und die Beziehung zwischen Sprache und Kultur ist wichtig. Darüber hinaus ermöglichen Sprachen die Erforschung unseres historischen Gedächtnisses, und Sprache prägt unsere Identität und Kultur.
Sprache und Kultur sind eng miteinander verbunden und beeinflussen sich gegenseitig. Die Sprache, die ein Mensch spricht, spiegelt seine Mentalität und sein ideologisches Denken wider, und die Zugehörigkeit zu einer Sprachgemeinschaft kann seine Identität einschränken. Bei der Untersuchung des Einflusses von Sprache und Kultur ist es wichtig, ihre jeweilige Geschichte zu berücksichtigen, da sie Einblicke in die Wahrnehmung der Lebenswirklichkeit durch die Sprachgemeinschaft geben kann. Auch der Spracherwerb wird von kulturellen Einflüssen beeinflusst, wie z.B. im Tschechischen, das aufgrund der langen Zeit des engen Zusammenlebens viele deutsche Einflüsse aufweist. Darüber hinaus können Ähnlichkeiten zwischen Sprachfamilien den Spracherwerb erleichtern. Mehrsprachigkeit ist ein wichtiger Bestandteil einer vernetzten und globalisierten Welt und erleichtert Anpassung und Veränderung. Kulturelle Kompetenz ist notwendig, um in der globalen Arbeitswelt erfolgreich zu sein, und mehrsprachiges Aufwachsen ermöglicht den Zugang zu verschiedenen Kulturen, was zu einer Hybridisierung führt. Diese Verschmelzung von Kulturen stellt eine Bereicherung für den Einzelnen und die Gesellschaft dar, und Sprache und Kultur haben einen großen Einfluss auf die kulturelle Kompetenz. Mehrsprachigkeit ist daher eine Bereicherung für den Einzelnen und für die Gesellschaft als Ganzes.
Die Beziehung zwischen Kultur und Sprache ist eines der komplexesten und vielschichtigsten Konzepte in der Linguistik. Diese Beziehung ist so vielschichtig, dass es manchmal schwierig ist, eine klare Unterscheidung zu treffen. Zu diesem Zweck ist es möglich, Sprache und Kultur in einem Beziehungsgeflecht zu untersuchen, das uns helfen kann, ihre gegenseitige Abhängigkeit besser zu verstehen. Sprache ist ein Kommunikationsmittel zwischen Menschen und Kulturträgern. Sie dient der Bewahrung und Weitergabe von Kultur und ist gleichzeitig ein Mittel der Kommunikation, der Beschreibung und der Interpretation. Diese Beziehung zwischen Kultur und Sprache führt zur Frage der kulturellen Identität. Kulturelle Kompetenz ist eine wichtige Fähigkeit in der globalen Arbeitswelt, und das Verständnis kultureller Unterschiede ist von entscheidender Bedeutung. Dieses Verständnis kultureller Unterschiede führt zur Frage nach der Beziehung zwischen Sprache und Identität sowie zwischen Kultur und Identität. Es ist wichtig, diese Beziehungen zu verstehen, um die Beziehung zwischen Sprache und Kultur besser zu verstehen.
Wie schwer es ist, Kultur sprachlich zu fassen, wissen Übersetzer*innen. Das Übersetzen von Büchern ist eine enorm anspruchsvolle Aufgabe. Die konkreten Gründe sind:
Hier geht es zum Überblick aller Lexikonartikel…
Literatur
Harris, Marvin (1976): History and Significance of the Emic/ Etic Distinction. In: Annual Review of Anthropology. 5. Aufl. New York: Columbia University, 329–350.
Helfrich-Hölter, Hede (2013): Kulturvergleichende Psychologie. Wiesbaden: Springer.
Jacobs, Gabriele (2000): Kulturelle Unterschiede der Gerechtigkeitswahrnehmung europäischer Manager: eine vergleichende Studie von Personalentscheidungen im Banksektor. Münster: LIT.
Lohmeier, Christine (2017): Zwischen „gone native“ und „eine von uns“: Reflexionen zu etischer und emischer Positionierung zum Forschungsfeld. In: Scheu, Andreas M. (Hrsg.): Auswertung qualitativer Daten: Strategien, Verfahren und Methoden der Interpretation nicht-standardisierter Daten in der Kommunikationswissenschaft. Münster: Springer, 29–39.
Pike, Kenneth (1967): Language in Relation to a Unified Theory of the Structure of Human Behavior. The Hague [u. a.]: Mouton.
Weiterführendes Lernmaterial: Interkulturell kompetent kommunizieren und handeln
Emisch vs. etisch – Emischer vs. etischer Ansatz | IKUD Glossar
Transkript zum Erklärfilm
Die Begriffe emisch und etisch beschreiben zwei gegensätzliche Forschungsperspektiven in den Sozialwissenschaften und der interkulturellen Forschung. Der emische Ansatz versucht, kulturelle Phänomene mit den Augen der Betroffenen zu betrachten. Beim etischen Ansatz nehmen die Forscherinnen und Forscher einen Standpunkt außerhalb der untersuchten Kultur ein. Werden beispielsweise Handlungen untersucht, indem die Gründe für das Handeln von den Betroffenen selbst erklärt werden, wird aus der emischen Perspektive geforscht. Sind die Gründe für die Handlungen den Betroffenen nicht bewusst, können sie aus der etischen Perspektive von außen untersucht werden. Emische und etische Forschungsperspektiven ergänzen sich also wechselseitig.