Der Begriff Xenophobie stammt aus dem Griechischen und leitet sich von xénos „der Fremde“ sowie phóbos „die Furcht“ ab. Die Angst vor dem Fremden bezeichnet ablehnende Einstellungen und Verhaltensweisen gegenüber allem, was entgegen der eigenen ‚Normalität‘ fremd erscheint und als bedrohlich empfunden wird.
Xenophobie richtet sich gegen Menschen, die sich durch ihre Herkunft (Ausländerfeindlichkeit), Religion (z. B. Antisemitismus) oder Hautfarbe (Rassismus) von der eigenen ‚Norm‘ unterscheiden.
Der Psychologe und Angstforscher Borwin Bandelow erklärt, dass „eine Phobie […] eine übertriebene, unangemessene Angst, in diesem Fall vor Fremden“ ist. Er versucht die Fremdenangst evolutionsbiologisch zu rekonstruieren und meint: „Entwicklungsgeschichtlich war es wohl ein Überlebensvorteil, sich zusammenzurotten, den eigenen Stamm zu verteidigen und Mitglieder anderer Stämme zu erschlagen“ (Höhn 2015). Das Misstrauen gegenüber anderen Gesellschaften war früher also durchaus sinnvoll, um die überlebenswichtigen und knappen Ressourcen zu sichern.
Xenophon steht in einem engen Zusammenhang zum Stammesdenken. Stammesdenken oder auch Tribalismus ist eine Denkweise, bei der Menschen starke Loyalität und Identifikation mit ihrer sozialen Gruppe oder ihrem Stamm zeigen. Diese Denkweise ist oft durch ein starkes Zugehörigkeitsgefühl gekennzeichnet, das auf gemeinsamen Merkmalen wie Kultur, Herkunft, Glauben oder Werten basiert.
Es kann dazu führen, dass Menschen eine starke Präferenz für die eigene Gruppe haben und andere Gruppen als „fremd“ oder „anders“ betrachten. Tribalismus kann eine positive Rolle spielen, indem er ein Gemeinschafts- und Einheitsgefühl fördert. Allerdings kann es auch zu Vorurteilen, Konflikten und starker Ablehnung gegenüber Personen außerhalb der eigenen Gruppe kommen.
In modernen Gesellschaften tritt Tribalismus oft im Kontext von Politik, Religion, Nationalismus und sogar der Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen auf. Es ist erwähnenswert, dass Tribalismus in verschiedenen Kulturen und Kontexten unterschiedlich ausgedrückt werden kann.
Heute haben sich die Grundbedingungen verändert, Menschenrechte und Gleichheitsgrundsätze bilden die Basis unseres Zusammenlebens. Xenophobie fördert Ausgrenzung, Ungleichbehandlung, Benachteiligung, Bedrohung und Gewalt. Sozialwissenschaftliche Studien belegen zudem erhebliche Schnittmengen zwischen Xenophobie und Rassismus (vgl. Vedder/ Reuter 2008, 202). Fremdenfeindlichkeit und Rassismus sind zwei verschiedene Arten von Vorurteilen oder Diskriminierung, obwohl sie oft miteinander verbunden sind. Fremdenfeindlichkeit ist die Angst oder der Ekel gegenüber Fremden oder Menschen, die als „anders“ oder „fremd“ gelten. Oft geht es dabei um Vorurteile gegenüber Menschen aus anderen Ländern oder Kulturen. Fremdenfeindlichkeit kann aufgrund kultureller Unterschiede, Sprache, Religion oder Nationalität auftreten.
Rassismus hingegen ist Vorurteil, Diskriminierung oder Feindseligkeit gegenüber Menschen aufgrund ihrer Rasse oder ethnischen Zugehörigkeit. Es basiert auf der Annahme, dass bestimmte Rassen oder ethnische Gruppen besser oder schlechter sind als andere Gruppen. Rassismus kann auf körperlichen Merkmalen wie Hautfarbe, Gesichtszügen oder Rassenmerkmalen beruhen.
Obwohl die beiden Konzepte unterschiedliche Ausgangspunkte haben, können sie sich überschneiden. Beispielsweise kann eine Person aufgrund ihrer Nationalität fremdenfeindlicher Behandlung ausgesetzt sein und gleichzeitig aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit einer Rassendiskriminierung ausgesetzt sein. Insgesamt handelt es sich bei Fremdenfeindlichkeit und Rassismus um Formen von Vorurteilen und Diskriminierung, die auf irrationalen und negativen Einstellungen gegenüber bestimmten Personengruppen beruhen.
In diesem Zusammenhang wird deutlich, weshalb die Wahl der Begrifflichkeit problematisch sein kann, denn die Bestimmung von Fremdheit und Fremdsein ist subjektiv, beliebig und willkürlich. Außerdem verkehrt der Ausdruck die Perspektiven: „In Wirklichkeit wird eine Tat jedoch nicht verübt, weil das Opfer eine bestimmte Eigenschaft oder Herkunft hat, sondern weil der Täter eine bestimmte Einstellung hat“ (vgl. BAMF 2013, 46).
Charles Darwin schrieb: „Jedermann wird zugestehen, dass der Mensch ein soziales Wesen ist. Wir sehen es in seiner Abneigung gegen Einsamkeit sowie seinen Wunsch nach Gesellschaft über den Rahmen seiner Familie hinaus.“ Der Mensch ist also von Natur aus sozial. Das zeigt sich schon daran, dass wir nach der Geburt ohne den Kontakt zu anderen Menschen nicht leben könnten. Die Bindung zur Mutter und anderen Bezugspersonen ist für die gesunde Entwicklung eines Kindes von größter Bedeutung.
Es löst nicht nur das für die Psyche lebenswichtige Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit aus, sondern erleichtert auch den Erwerb wesentlicher Verhaltensweisen und Fähigkeiten. Außerdem ist die soziale Integration wichtig, um herauszufinden, wer ich bin: Was ist meine Identität? Woher komme ich? Menschliche Kinder werden diesen Informationen durch die Beziehungen anderer Menschen ausgesetzt.
Das berühmte und rätselhafte Beispiel von Kaspar Hauser zeigt, was passiert, wenn das soziale Umfeld fehlt. Als der 16-Jährige 1828 am Nürnberger Unschlittplatz ankam, zeigte er nicht nur mangelnde Fürsorge. Außerdem verfügte er nur über begrenzte Sprachfähigkeiten und war mit dem Verhalten von Menschen nicht vertraut. Kurz gesagt: Er schien ein junger Mann zu sein, der auf dem Niveau eines kleinen Kindes stehengeblieben war. Später stellte sich heraus, dass der Junge wahrscheinlich jahrelang in völliger Isolation in einem dunklen unterirdischen Raum gelebt hatte. Er sei weder wahnsinnig noch dumm gewesen, sondern offenbar in hoffnungsloser Weise jeglichem menschlichen und gesellschaftlichen Unterricht entzogen, so der Eindruck des damaligen Bürgermeisters Jakob F. Binder. Spätere Experimente von Kaspar und Hauser stellten die Sicherheit der isolierten Primatenpopulation in Frage. Diese Experimente zeigten auch die schädlichen Auswirkungen der sozialen Isolation bei Primaten wie dem Rhesusaffen.
In allen Kulturen bestehen Beziehungen außerhalb der Familie bereits auf der Kindergartenebene – es entstehen erste Freundschaften. Für die Mehrheit der Jugendlichen und Erwachsenen ist diese Art des Kontakts unerlässlich. Das Knüpfen von Bindungen zu anderen scheint das Grundmerkmal der Menschheit zu sein.
Tatsächlich glauben Experten, dass soziale Zusammenarbeit, die Fähigkeit, mit anderen zu sympathisieren oder sich ihnen hinzugeben, ein Kennzeichen der menschlichen Kultur ist. Das Bewusstsein für das Zusammengehörigkeitsgefühl, sei es in der Familie, in einer Gruppe oder in der gesamten Gesellschaft, ist unweigerlich mit gesellschaftlichen Regeln verbunden.
Dies impliziert, dass es in der Gemeinschaft Vorschriften gibt, die jeder befolgen muss. Sogar kleine Kinder verstehen das. Wenn sie beispielsweise bemerken, dass jemand gegen die vereinbarten Spielregeln verstößt, protestieren sie. Unbestrittene Trittbrettfahrer gelten bereits bei den Kleinsten als unerwünscht. Denn sie nehmen sich offensichtlich bereits als Teil einer Gemeinschaft wahr, die soziales Verhalten an den Tag legt.
Fremdenfeindlichkeit, die Angst oder der Ekel vor Fremden oder unbekannten Dingen, kann eine komplexe Herausforderung sein. Hier einige Möglichkeiten, damit umzugehen:
Es ist wichtig zu betonen, dass der Umgang mit Fremdenfeindlichkeit ein fortlaufender Prozess ist, der Geduld, Verständnis und nachhaltige Anstrengungen erfordert. Veränderungen mögen Zeit brauchen, aber jede positive Interaktion und jeder Schritt in Richtung Toleranz und Akzeptanz zählt.
Hier geht es zum Überblick aller Lexikonartikel…
Literatur
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2013): Neue deutsche Medienmacher. Dokumentation des Workshops. Neue Begriffe für die Einwanderungsgesellschaft. Nürnberg. http://www.neuemedienmacher.de/wp-content/uploads/2014/04/Tagungsdokumentation-NDM-Begriffe-2013.pdf [25.04.2018].
Höhn, Franziska (2015): Xenophobie. Die Angst vor dem Fremden schlummert in jedem. https://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article147372371/Die-Angst-vor-dem-Fremden- schlummert-in-jedem.html [25.04.2018].
Vedder, Günther/ Reuter, Julia (2008): Glossar: Diversity Management und Work-Life-Balance. Trierer Beiträge zum Diversity Management. Rainer Hampp Verlag, 2. Aufl. München/ Mering.