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AkkulturationDer Begriff Akkulturation setzt sich aus den lateinischen Begriffen ad „zu“ und cultura „Kultur“ zusammen und kann somit als Hinführung zu einer Kultur übersetzt werden (vgl. Ammon 2010, 55). Er wurde zu Zeiten der Kolonialisierung von britischen und nordamerikanischen Kulturanthropologen eingeführt, um die Folgen des Kontaktes zweier fremder Kulturen zu beschreiben. Akkulturation meint die Übernahme von Elementen einer bis dato fremden Kultur durch ein Individuum, eine Gruppe oder eine Gesellschaft. Dabei können Wissen, Werte, Normen, Intuitionen, Fertigkeiten, Techniken, Gewohnheiten, Identifikationen, Überzeugungen, Handlungsbereitschaften, tatsächliches Verhalten, aber vor allem Sprache übernommen werden. Es handelt sich um einen von Internalisierung, Imitation und Lernen am Modell geprägten Lernvorgang, der vor allem aufgrund von Eroberungen, Kolonialisationen, Migration, Tourismus, wissenschaftlichen Kontakten oder Handelsbeziehungen angestoßen wird. Für die Akkulturation ist der direkte Kontakt fremder Kulturen obligatorisch.

Arten der Akkulturation

Akkulturation kann hinsichtlich einer kognitiven, sozialen, strukturellen und identifikativen Dimension unterschieden werden. Die kognitive Dimension schließt den Erwerb von Wissen und Fähigkeiten, die soziale Dimension die Aufnahme sozialer Beziehungen zwischen den Kulturen, die strukturelle Dimension die Einnahme bestimmter Positionen in der Gesellschaft und die identifikative Dimension die Übernahme von Werten und Identifikationen mit ein (vgl. Esser 2018, 4).

Laut Esser sind multikulturelle Gesellschaften das Ergebnis einer gescheiterten Assimilation und somit gescheiterter Akkulturationsprozesse: „Die Integration ohne ethnische Schichtung und ohne ethnische Arbeitsteilung setzt stets eine gewisse strukturelle Assimilation und damit zusammenhängend auch Prozesse der Akkulturation in anderen Bereichen voraus“ (Esser 2018, 5).

Ethnische Konflikte entstünden laut Esser vor allem als Reaktion auf Kulturkontakte, wenn eine bestimmte soziale Organisation von der Existenz bestimmter Elemente ihrer Kultur abhängig ist und wenn mit der Akkulturation die kulturelle Identität der Gruppe oder Gesellschaft verloren gehen würde (vgl. Esser 2018, 6).

Es lassen sich die folgenden vier Arten von Akkulturation unterschieden:

1. Unilaterale Akkulturation

Mit der unilateralen Akkulturation wird eine Form der kulturellen Anpassung oder Veränderung beschrieben, bei der nur eine Kultur von einer anderen beeinflusst wird, während die andere Kultur keine Veränderungen erfährt.

Unilaterale Akkulturation kann in verschiedenen Kontexten auftreten, wie beispielsweise bei Kolonialisierung, Migration oder globaler kultureller Dominanz. Ein häufiges Beispiel für unilaterale Akkulturation ist die kulturelle Assimilation von Migranten in ihrem Zielland. In solchen Fällen nehmen die Migranten oft die Sprache, die Werte und die Verhaltensweisen der Mehrheitskultur an, während die Mehrheitskultur nur wenig oder gar keine Veränderungen erfährt.

Ein weiteres Beispiel für unilaterale Akkulturation sind die Auswirkungen der globalen Kulturindustrie auf lokale Kulturen. Filme, Fernsehserien, Musik und Mode aus dem Westen können sich schnell und weit verbreiten und lokale Traditionen und Identitäten verdrängen. Einige argumentieren, dass dies zu einem Verlust kultureller Vielfalt und zu einer Homogenisierung der Kulturen führt.

Die Auswirkungen der unilateralen Akkulturation sind oft komplex und können sowohl positive als auch negative Folgen haben. Auf der einen Seite können neue Ideen, Technologien und Möglichkeiten gefördert werden, die zu wirtschaftlichem Wachstum und Fortschritt beitragen. Auf der anderen Seite können jedoch traditionelle Werte, Bräuche und Sprachen verloren gehen, was zu Identitätsverlust, sozialen Spannungen und Ungleichheit führen kann.

2. Reziproke Akkulturation

Die reziproke Akkulturation ist ein Begriff, der verwendet wird, um die gegenseitige kulturelle Anpassung zwischen zwei unterschiedlichen Kulturen zu beschreiben. Es bezieht sich auf den Prozess, bei dem sowohl die aufnehmende Kultur als auch die eingewanderte Kultur eine Veränderung erfahren und Elemente der anderen Kultur übernehmen.

Ein Beispiel für reziproke Akkulturation ist die Ausbreitung von Yoga in westlichen Ländern. Ursprünglich stammt Yoga aus Indien, aber im Laufe der Zeit hat es in der westlichen Welt an Popularität gewonnen. Westliche Praktizierende von Yoga haben ihre eigene Interpretation und Praxis entwickelt und dabei auch eigene Einflüsse eingebracht. Gleichzeitig hat sich die ursprüngliche Form des Yoga in Indien ebenfalls weiterentwickelt und von den Anpassungen in der westlichen Welt profitiert.

Reziproke Akkulturation hat positive Auswirkungen auf beide Kulturen. Es fördert den interkulturellen Austausch, ermöglicht das Verständnis und die Wertschätzung anderer Kulturen und fördert den sozialen Zusammenhalt. Durch den Austausch von kulturellen Praktiken und Ideen entstehen neue Möglichkeiten für Innovation und Kreativität.

Die reziproke Akkulturation kann jedoch auch zu Konflikten führen, insbesondere wenn kulturelle Werte oder Überzeugungen als bedroht empfunden werden. Einige Menschen könnten sich gegen die Übernahme fremder kultureller Praktiken wehren und diese als negativ oder unangemessen betrachten. Es ist daher wichtig, dass die reziproke Akkulturation auf gegenseitigem Respekt und Dialog basiert, um Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden.

Insgesamt ist die reziproke Akkulturation ein dynamischer Prozess, der dazu beiträgt, kulturelle Vielfalt zu fördern und die Verbindungen zwischen verschiedenen Kulturen zu stärken. Sie ermöglicht eine gegenseitige Anpassung und Bereicherung der Kulturen, wodurch eine bessere Integration und Akzeptanz erreicht werden kann.

3. Vollständige Akkulturation

Die vollständige Akkulturation bezieht sich auf den Prozess, bei dem Menschen aus einer bestimmten Kultur in eine neue Kultur eintreten und sich vollständig an diese anpassen. Dieser Prozess umfasst sowohl kognitive als auch Verhaltensänderungen sowie die Übernahme der Werte und Normen der neuen Kultur. Die vollständige Akkulturation beginnt typischerweise mit der Ankunft in der neuen Kultur und dem Erlernen der neuen Sprache. Die Sprache spielt eine entscheidende Rolle bei der Integration in die neue Kultur, da sie den Zugang zu Informationen und Ressourcen ermöglicht. Durch den Spracherwerb können sich Menschen mit anderen verbinden, Kontakte knüpfen und ihren Alltag bewältigen.

Die Übernahme der Verhaltensweisen und sozialen Normen der neuen Kultur ist besonders relevant für den Prozess der vollständigen Akkulturation. Dazu gehört das Erlernen kultureller Konventionen, etwa wie man sich in sozialen Situationen verhält, welche Themen angemessen und unangemessen sind und wie man nonverbale Zeichen interpretiert. Eine angemessene Akkulturation erfordert auch den Erwerb kultureller Werte und Überzeugungen, die dem Verhalten zugrunde liegen.

Ein weiterer Aspekt der vollständigen Akkulturation ist die Anpassung der kognitiven Strukturen an die neue Kultur. Dies beinhaltet die Entwicklung eines neuen Denkens, das auf den Werten und Normen der neuen Kultur basiert. Dies kann bedeuten, dass man seine eigenen Überzeugungen und Annahmen hinterfragt und gegebenenfalls aktualisiert, um sich an die neue Kultur anzupassen. Die vollständige Akkulturation erfordert also ein gewisses Maß an Flexibilität und Offenheit, um sich neuen Denkweisen anzupassen.

Sozialer Kontakt und Interaktion mit Mitgliedern der neuen Kultur sind ebenfalls entscheidend für die vollständige Akkulturation. Durch den Kontakt mit Mitgliedern der neuen Kultur haben Menschen die Möglichkeit, unterschiedliche Perspektiven kennenzulernen, ihre eigenen Ansichten zu erweitern und sich in die Gemeinschaft einzufügen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die vollständige Akkulturation ein individueller Prozess ist und von verschiedenen Faktoren wie Motivation, Vorwissen, Ressourcen und Unterstützung abhängt. Einige Menschen können schneller und nahtloser akkulturiert werden als andere, während andere möglicherweise Schwierigkeiten haben, sich vollständig in die neue Kultur zu integrieren.

4. Partielle Akkulturation

Die partielle Akkulturation ist ein Begriff aus der Soziologie und beschreibt einen Prozess, bei dem Teile einer Kultur von einer anderen übernommen werden, während gleichzeitig auch die eigene Kultur beibehalten wird.

Dieser Prozess kann sowohl auf individueller als auch auf kollektiver Ebene stattfinden. Auf individueller Ebene kann eine partielle Akkulturation beispielsweise auftreten, wenn eine Person in einem anderen Land lebt und sich dort bestimmte Verhaltensweisen, Normen oder Traditionen aneignet, aber gleichzeitig auch weiterhin an ihrer eigenen Kultur festhält.

Auf kollektiver Ebene kann die partielle Akkulturation beispielsweise durch Einwanderung oder kulturellen Austausch zwischen verschiedenen Gruppen oder Gesellschaften erfolgen. Hier können bestimmte Aspekte einer Kultur von einer anderen übernommen werden, während andere Aspekte beibehalten werden.

Die partielle Akkulturation kann dabei sowohl bewusst als auch unbewusst ablaufen. Menschen können aktiv versuchen, bestimmte Elemente einer anderen Kultur zu übernehmen, um sich anzupassen oder um ihre eigenen kulturellen Erfahrungen zu erweitern. Andererseits können auch unbewusste kulturelle Einflüsse dazu führen, dass Menschen begrenzte Aspekte einer anderen Kultur übernehmen, ohne dies bewusst zu beabsichtigen.

Außerdem kann Akkulturation hinsichtlich einer kognitiven, sozialen, strukturellen und identifikativen Dimension unterschieden werden. Die kognitive Dimension schließt den Erwerb von Wissen und Fähigkeiten, die soziale Dimension die Aufnahme sozialer Beziehungen zwischen den Kulturen, die strukturelle Dimension die Einnahme bestimmter Positionen in der Gesellschaft und die identifikative Dimension die Übernahme von Werten und Identifikationen mit ein (vgl. Esser 2018, 4).

Laut Esser sind multikulturelle Gesellschaften das Ergebnis einer gescheiterten Assimilation und somit gescheiterter Akkulturationsprozesse: „Die Integration ohne ethnische Schichtung und ohne ethnische Arbeitsteilung setzt stets eine gewisse strukturelle Assimilation und damit zusammenhängend auch Prozesse der Akkulturation in anderen Bereichen voraus“ (Esser 2018, 5).

Ethnische Konflikte entstünden laut Esser vor allem als Reaktion auf Kulturkontakte, wenn eine bestimmte soziale Organisation von der Existenz bestimmter Elemente ihrer Kultur abhängig ist und wenn mit der Akkulturation die kulturelle Identität der Gruppe oder Gesellschaft verloren gehen würde (vgl. Esser 2018, 6). 

 

Hier geht es zum Überblick aller Lexikonartikel…

 

Literatur

Ammon, Ulrich (2010): Akkulturation. In: Glück, Helmut (Hrsg.): Metzler Lexikon Sprache. 4. Aufl. Stuttgart: J. B. Metzler.

Esser, Hartmut (2018): Akkulturation. In: Kopp, Johannes/ Steinbach, Anja (Hrsg.): Grundbegriffe der Soziologie. 12. Aufl. Wiesbaden: Springer.

Akkulturation: Anpassung der (kulturellen) Identität – Definition (ikud.de)

 

Transkript zum Erklärfilm

Akkulturation meint die Übernahme von Elementen einer fremden Kultur durch ein Individuum, eine Gruppe oder eine Gesellschaft. Voraussetzung ist, dass ein direkter Kontakt zwischen der eigenen und der fremden Kultur besteht. Im Zuge einer Akkulturation können Wissen, Werte, Normen, Techniken oder die Sprache übernommen werden. Akkulturation kann unilateral stattfinden; dann übernimmt nur eine der beiden miteinander in Kontakt stehenden Kulturen Elemente der anderen Kultur. Wenn beide Kulturen Elemente aus der jeweils anderen Kultur übernehmen, handelt es sich um eine reziproke Akkulturation. Wird jedes Element der fremden Kultur übernommen und dadurch die eigene Kultur ersetzt, spricht man auch von Assimilation.

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